Die vielen, bunten Umzugswagen sind die Spezialität des Umzugs. 22 davon hat das Wagenbau-Team in diesem Jahr vorbereitet.

Weil der Stadt - Echtes Hamburger Wetter ist das am Sonntag in Weil der Stadt. Es rieselt die Kamelle, im Duett mit Nieselregen. Und wer über diesen Niederschlag niedergeschlagen sein sollte, dem sei mitgeteilt: Es waren die Narren selbst, die diese Hamburger Toskana-Atmosphäre importiert haben.

 

„An St. Paulis Heisser Ecke / serviert für Euch ne Sisterschnecke“, ist das Motto der 15 Mädels der Heißen Ecke. Die heiße Daniela „Ise“ Philippin besticht mit der gar nicht so heißen, aber scharfen Pommes, ihre Kollegin Karin Mauser hält die Currywurst bereit. „Wir waren in Hamburg, auf der Reeperbahn im Urlaub“, berichten sie und beteuern: „Die Heiße Ecke gibt’s dort wirklich.“

2000 bunt bekleidete Teilnehmer

So was wollten sie auch in Weil der Stadt haben – gesagt, getan, gemacht. Beim großen Umzug ist die Hamburger Heiße Ecke eine von 22 Wagen, die zusammen mit 45 Gruppen rauf zum Marktplatz, dann die Stuttgarter Straße runter und die Paul-Reusch-Straße wieder rauf ziehen – voll bepackt mit Süßem und süß Vergorenem. 2000 bunt bekleidete Teilnehmer sind auch in diesem Jahr wieder angemeldet.

Mühsam ist das, und nur für Geübte. Kein Problem aber für die Bischöfle aus Haigerloch, die noch blutjung, weil völlig faltenlos, durch die Weiler Gassen tanzen. „Wir sind auf Gegenbesuch“, sagt der allerbunteste von ihnen, der sich als „Stadtbutz“ vorstellt. „Weil der Stadt war letztes Jahr bei uns.“ Man komme richtig gerne, ruft es säuselnd aus der gelben Maske, und habe auch zu staunen. „So viele Wagen“, sagt der Stadtbutz, „das gibt es sonst nirgends.“

Womit wir wieder beim Thema wären. Die Wagen, wovon die meisten in jedem Jahr ganz neu entstehen, sind das eigentliche Juwel des Weiler Umzugs. „Das Interesse der Gruppen war groß“, sagt Thomas Buhl vom Wagenbau-Team. „Deshalb haben wir in diesem Jahr sogar zwei mehr gebaut.“ Froh und zufrieden sieht er aus, richtig g’schafft hat er auch, bis Samstagabend um 22 Uhr. „Wir werden eben pünktlich fertig – das ist immer so.“ Er macht sich derweil auf und muss noch klettern. Er selbst ist in diesem Jahr der Glöckner von Notre-Dame, winkt also von ganz oben auf die Zuschauer herab. Und ob hier jemand zuschaut. Mehrere Zehntausend Zuschauer werden es auch in diesem Jahr gewesen sein, so genau weiß das – Stand jetzt – noch niemand so genau.

700 Stunden Wagenbau

Überall quetschen sich die Feierlustigen in den Altstadtgassen, allerorten schauen bunt bemalte Gesichter von den Logenplätzen der Altstadtfenster herab. Da ist es gut, wenn es auch hohe Wagen gibt, die Umzugs-Höhepunkte quasi. 700 Stunden haben die Weiler Bären in ihren Trojanischen – na klar – Bär investiert. Gelauncht neu ist auch der Hexen-Dreher, nach 15 Jahren hat er jetzt ein Piratenschiff bekommen, was auf die Geschichte verweist. Das Narrenschiff war damals einer der ersten Wagen in der Weiler Zunftgeschichte. Beide sollen weiterexistieren, den Trojanischen Bär erwartet im kommenden Jahr sogar eine Bar im Inneren.

Eine kleine Versöhnung könnte diese sein, für all die Gesichtsfarben, das Haare liebende Stroh und die sauren Süßigkeiten. „AHA“, kreischt es durch die Gassen. „Ah ja“, rufen die Zuschauer zurück. Von weit her kommen sie zum Teil. Maja, die mit Tochter und Oma aus Leonberg angefahren ist, wartet schon auf die nächsten Hexen. „Die machen am meisten Spaß“, erklärt sie. „Nur in diesen Strohwagen, da will ich nicht rein.“ Für Hexen-Nachschub ist gesorgt, aus Heimsheim sind in diesem Jahr die Schleglerhexen dabei, auch die Heckenbeerles aus Ostelsheim und natürlich die Weiler Hexen.

Musik gibt es auch, klar. Der „Schlager-Move“ tourt in Wagenform durch Weil, zuvor schon „Rock im Städtle“. Oben stehen Lena und Franzi Wohlgemuth. „Es ist ein unglaubliches Gefühl, die Leute zum Toben zu bringen“, rufen die Schwestern und klingen glücklich dabei. Die Zuschauer sind es sowieso – wen stört da schon das Hamburger Wetter in Weil der Stadt?