Im Prozess um die Einfuhr von Edelmetallen aus Liechtenstein zu einer Firma in Weil der Stadt am Landgericht Stuttgart erläutert ein Zollbeamter die Arbeit der Ermittler.

Weil der Stadt/Stuttgart - Am dritten Prozesstag um den Goldschmuggel rund um einen Schmuckgroßhändler aus Weil der Stadt, bei dem ein Schaden von knapp 14 Millionen Euro entstand, ist ein Beamter des Zollfahndungsamtes in den Mittelpunkt gerückt, der zu einer der Hauptfiguren in diesem Verfahren am Landgericht Stuttgart mit mehr als 100 Anklagevorwürfen werden dürfte. Der 45-Jährige gab Einblicke in die Ermittlungsarbeit der Zollfahnder, die vor allem den 40-jährigen Geschäftsführer einer Firma in Liechtenstein im Visier hatten.

 

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Der Zollbeamte erklärte, dass der 40-Jährige häufig um 4 Uhr in Liechtenstein losgefahren und bereits vier Stunden später am Firmensitz des Schmuckgroßhändlers in Weil der Stadt gewesen sei. Anschließend sei er zu mehreren Banken im Umkreis gefahren, um Bargeld abzuheben. In der Folge habe er dieses nach Liechtenstein gebracht.

Die Datenauswertung eines GPS-Empfängers, den die Zollfahnder knapp zwei Wochen lang am Auto des 40-Jährigen angebracht hatten, habe ergeben, dass sich dieser nach dem Grenzübertritt von Liechtenstein nach Österreich nur 22 bis 33 Minuten in Österreich aufgehalten habe, bevor er nach Deutschland eingereist sei. „Diese Zeitspanne ist zu kurz, um in Österreich Gold bei einer Bank abzuholen“, sagte der Zeuge. Zudem sei dies so früh am Tag nicht möglich. Es liege daher nahe, dass das Gold bereits in Liechtenstein ins Auto geladen worden sei und damit der Einfuhr-Umsatzsteuer unterliege.

Darüber hinaus sei in Österreich im Juli 2020 gar kein Halt erlaubt gewesen, weil das Land damals Corona-Hochrisikogebiet gewesen sei. Die Verteidigung hatte angeführt, dass eine Einfuhr-Umsatzsteuer nicht angefallen sei, weil das Gold aus Italien über Österreich eingeführt worden und somit ein Transport innerhalb der EU sei.

Reinheitsgehalt von Anlagegold war nicht gegeben

Der Zollfahnder führte weiterhin aus, die Analyse des gelieferten Goldes habe ergeben, dass es nicht dem Reinheitsgehalt von Anlagegold entspreche. Zudem habe der 40-Jährige sehr genaue Kenntnisse der Zollvorschriften gehabt, weil er in einem Telefonat von Zolltarifnummern gesprochen habe. „Solche Begriffe verwenden keine Menschen, die sich nicht in dem Bereich auskennen“, betonte der Zollfahnder.

Auffällig sei auch gewesen, dass der Weil der Städter Schmuckgroßhändler großen Wert darauf gelegt habe, dass der 40-Jährige als Mitarbeiter dieser Firma gereist sei und nicht als Geschäftsführer seines Unternehmens. Der Reisezweck habe offensichtlich verschleiert werden sollen. Die Weil der Städter Firma habe Bescheinigungen ausgestellt, die auf Besprechungstermine hindeuteten und nicht auf den Transport von Edelmetallen.

Auch Liechtensteiner Polizei observiert die Männer

Die Telefonüberwachung habe zudem ergeben, dass ein mitangeklagter 41-Jähriger häufig als Späher bei Grenzübertritten geholfen habe. „Es gibt Telefonate, in denen eine andere Grenzstation empfohlen wird, und die GPS-Auswertung ergab, dass dann auch kurz vor der Grenze gewendet und eine andere Station angefahren wurde“, berichtete der Zollfahnder.

Eine Observation durch die Landespolizei in Liechtenstein habe ergeben, dass der 40-Jährige Besuch von einem grauhaarigen Mann gehabt habe, der mit einem nicht vollen, aber schweren Rucksack in die Räume der Liechtensteiner Firma hinein- und einem prallvollen, aber leichten Rucksack wieder hinausgegangen sei.

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Die Staatsanwaltschaft hat in diesem Prozess fünf Männer vor dem Landgericht Stuttgart angeklagt: Der 75-jährige ehemalige Geschäftsführer des Weil der Städter Schmuckgroßhändlers, der 54-jährige Mitgeschäftsführer, der 64-jährige ehemalige Vertriebsleiter und der 40-jährige Geschäftsführer einer Firma in Liechtenstein sollen bandenmäßigen Schmuggel begangen haben, ein 41-jähriger Österreicher Beihilfe dazu geleistet haben.

Der 40-Jährige soll zwischen Februar 2020 und März 2021 bei 108 Fahrten aus Liechtenstein über Österreich Edelmetalle, überwiegend Gold und Silber, ohne Zollanmeldung nach Deutschland eingeführt haben. Der 41-Jährige soll ihm dabei gelegentlich als Späher beim Grenzübertritt gedient haben. Die drei Mitarbeiter der Weil der Städter Firma hätten dafür gesorgt, dass die wahre Herkunft der Edelmetalle verschleiert wurde und hätten die Eingänge als privat verbucht. Im Gegenzug soll der 40-Jährige das erhaltene Bargeld nach Liechtenstein eingeführt haben.