Die Anwälte der Angeklagten erklärten vor dem Landgericht Stuttgart, dass die Edelmetalle legal nach Deutschland eingeführt worden seien.

Stuttgart/Weil der Stadt - Am zweiten Verhandlungstag im Prozess um bandenmäßigen Schmuggel von Gold und Silber aus Liechtenstein haben die Verteidiger der fünf Angeklagten schwere Vorwürfe gegen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft erhoben. So erklärten zwei Anwälte, dass die Edelmetalle nicht aus Liechtenstein, sondern aus Italien über Österreich nach Deutschland eingeführt worden seien. Die Geschäfte seien innerhalb der Europäischen Union getätigt worden, sodass keine Einfuhr-Umsatzsteuer zu entrichten gewesen sei.

 

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„Es macht wirtschaftlich keinen Sinn, einen künstlichen Grenzübertritt aus einem Drittland wie Liechtenstein zu konstruieren“, erklärte der Rechtsanwalt Stefan Schäfer. Die Beteiligten hätten sich nur unnötigen strafrechtlichen Risiken ausgesetzt, ohne davon einen persönlichen Vorteil zu erlangen. Zudem gebe es in 85 der 108 angeklagten Fälle keinen Beweis mittels GPS-Daten dafür, dass die Edelmetalle aus Liechtenstein eingeführt worden seien.

Darüber hinaus seien die Geschäfte stets transparent gewesen. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und sogar die Hausbank hätten diese überprüft. Wichtigstes Argument gegen eine Strafbarkeit der Angeklagten sei jedoch, dass der deutsche Staat gar keinen steuerlichen Schaden gehabt habe. Das eingeschmolzene Gold sei an verschiedene Scheideanstalten unter Ausweisung der Mehrwertsteuer weiterverkauft worden. „Das Gold ist beim Endverbraucher in Deutschland unter Entrichtung der Umsatzsteuer angekommen“, erklärte der Rechtsanwalt Rainer Spatscheck.

Ein 54-jähriger Mitangeklagter, der zwischen 2018 und Februar 2021 Geschäftsführer der Weil der Städter Firma war, wies die Anklagevorwürfe entschieden zurück. Er habe von einer Einfuhr aus Liechtenstein niemals Kenntnis gehabt. Der langjährige Kunde, der die Edelmetalle nach Weil der Stadt gebracht habe, sei stets sehr seriös aufgetreten und habe sich zu allen geforderten Überprüfungen bereit erklärt. Zudem sei er selbst seit Mitte 2020 damit beschäftigt gewesen, sich einen neuen Arbeitgeber in seiner norddeutschen Heimat zu suchen, weil die Familie nicht nach Süddeutschland ziehen wollte.

War es bandenmäßiger Schmuggel?

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 75-jährigen ehemaligen Geschäftsführer des Weil der Städter Schmuckgroßhändlers, einem 54-jährigen Mitgeschäftsführer, dem 64-jährigen ehemaligen Vertriebsleiter und dem 40-jährigen Geschäftsführer einer Firma in Liechtenstein bandenmäßigen Schmuggel vor. Ein 41-jähriger Österreicher soll Beihilfe dazu geleistet haben.

Der 40-Jährige soll zwischen Februar 2020 und März 2021 bei 108 Fahrten aus Liechtenstein über Österreich Edelmetalle, überwiegend Gold und Silber, ohne Zollanmeldung nach Deutschland eingeführt haben. Der 41-Jährige soll ihm dabei gelegentlich als Späher beim Grenzübertritt gedient haben. Die drei Mitarbeiter der Weil der Städter Firma hätten dafür gesorgt, dass die wahre Herkunft der Edelmetalle verschleiert wurde und hätten die Eingänge als privat verbucht. Im Gegenzug soll der 40-Jährige das erhaltene Bargeld nach Liechtenstein eingeführt haben.

Es soll sich um 2,9 Tonnen Edelmetall handeln, der Gesamtwert der nicht abgeführten Einfuhr-Umsatzsteuern soll sich auf knapp 14 Millionen Euro belaufen.