Die Cheerleader werden künftig den Footballern der Alligators einheizen

Leonberg - Seid ihr ready?!“ schallt es durch die Jahnturnhalle, und während fette Bässe aus dem kleinen Lautsprecher wummern, legen die Mädels los, als gäbe es keinen Morgen mehr. „One, two, three, four!“ – Radschlag, Handstand, Luft-Kick, dann wird noch eine von ihnen gen Hallendecke gehievt. Das breite Lächeln in den Gesichtern scheint wie eingemeißelt, gehört aber genauso dazu, wie die roten und schwarzen Pompons, die im Takt wedeln. Und am Ende darf auch der ohrenbetäubende Schlachtruf nicht fehlen: „Go Gators fight, we want you to win tonight!“

 

Mit „Gators“ sind die Footballer der Leonberg Alligators gemeint, und diese werden von der neuen Saison an lautstark am Spielfeldrand angefeuert. Denn künftig wird ihnen, aber auch den Fans, die Cheerleader-Gruppe Golden Bites einheizen. Die Formation um die Trainerin Merve Yildiz zählt 20 Mädels im Alter von 14 bis 22 Jahren. Freundinnen der Spieler sind dabei, aber auch die ein oder andere Turnerin von der TSG Leonberg. Die Idee kam der früheren Tänzerin und Turnerin nach einem Heimspiel im vergangenen Sommer. Innerhalb kürzester Zeit stellte die Gerlingerin mit ihrer Assistentin Sandra Schödl ein schlagkräftiges Team auf die Beine.

„Cheerleading harter Sport“

Wer beim Stichwort „Cheerleading“ nur an Glamour und Show, an überschminkte Blondinen, tiefe Ausschnitte und kurze Röckchen denkt, den belehrt Yildiz eines Besseren. „Cheerleading ist ein harter Sport“, sagt sie. Natürlich sei es Entertainment, aber es gehe auch um Akrobatik, tänzerische und turnerische Fähigkeiten. „Die ganzen Sprünge, Spagate und Überschläge schafft man nicht ohne hartes Training“, betont die Gerlingerin. Und ihre Assistentin ergänzt: „Die Mädchen werden auch hochgestemmt, da braucht man ordentlich Kraft.“ Daran arbeiten die beiden bis zu zwei Mal pro Woche in der Off-Season, das ist im Football die Spielpause, bevor im April die neue Saison startet.

Neben Tanzeinlagen stehen sogenannte Stunts auf dem Programm, das sind Hebefiguren, die schon mal bis zu einer Pyramide reichen und gegenseitiges Vertrauen erfordern. Mit „Jumps“ werden Sprünge bezeichnet, und sie werden gezeigt, wenn die Mannschaft einen Punkt erzielt. Unter „Tumbling“ versteht man alle Elemente des Bodenturnens, wie etwa Handstand, Flickflack oder Radschlag.

Alles geben, wenn die Mannschaft vor der Endzone steht

Und dann gibt es die „Chants“, die lauten Slogans sollen der Anfeuerung dienen. Die Cheerleaderinnen müssten das Spiel lesen und entsprechend reagieren. „Wenn unsere Mannschaft vor der Endzone steht, dann müssen wir alles geben“, erklärt Yildiz. „Und wenn es brenzlig wird, dann ist Zurückhaltung angesagt, um die Konzentration nicht zu stören.“

Böse Zungen würden jetzt behaupten, die Leonberger Footballer hätten einen zusätzlichen Motivationsschub doch gar nicht nötig. Und tatsächlich holte die vor einem guten Jahr gegründete Abteilung der TSG Leonberg mit ihrer U 19-Mannschaft auf Anhieb Pokal und Meisterschaft in der Bezirksliga. „Aber die Jungs sind begeistert!“, sagt Yildiz und erzählt, dass ihre Cheerleaderinnen schon mal als „Kirsche auf dem Sahnehäubchen“ betitelt werden. Außerdem soll neben der Jugendmannschaft auch erstmals eine Herrenmannschaft für den im kommenden April beginnenden Spielbetrieb angemeldet werden, und gerade diese ist auf tatkräftige Unterstützung von außen angewiesen.

Die Entstehung des Cheerleading

Das Cheerleading kommt aus den USA, schon Ende des 19. Jahrhunderts wurden dort an den Unis Football-Spieler mit organisierten Anfeuerungsrufen unterstützt. Ursprünglich war es aber eine reine Männersache. Ja, sogar der frühere US-Präsident George W. Bush schrie sich mit bunten Tanzwedeln die Lunge aus dem Leib. Später begann so mancher Star wie Jamie Lee Curtis oder Madonna seine Karriere am Spielfeldrand. In den Achtzigern schwappte die Welle nach Deutschland über, hier gibt es etwa 20 000 Cheerleader. Jüngst wurde der Cheerleading-Verband vom Deutschen Olympischen Sportbund als Mitglied aufgenommen.

Freilich gilt der Fokus jetzt der Premierensaison. Doch irgendwann, so der Wunsch von Merve Yildiz, sollen die Golden Bites nicht nur für gute Stimmung bei Football-Spielen sorgen, sondern auch an Cheerleading-Meisterschaften mit einem eigenen Programm teilnehmen. „Das ist aber eine Sache, der wir uns frühestens in zwei Jahren annehmen werden“, sagt die 28-Jährige. Abseits des Sports gaben sich die Cheerleaderinnen, die dem American Football und Cheerleading Verband Baden-Württemberg angehören, bislang auf dem Pferdemarkt und bei dem ein oder anderen Faschingsumzug im Altkreis ein Stelldichein.

Die Mädels mit dem angebissenen Rugby-Ei und dem roten Schleifchen im Logo sind übrigens noch auf der Suche nach einem Sponsor. „Die Trainingskleidung haben wir selbst gekauft, aber wir brauchen noch Outfits für die Saison“, so Yildiz. Und auch wer sich der Cheerleader-Gruppe anschließen möchte, ist herzlich willkommen. Keine Sorge: Man muss jetzt keine Sportskanone sein, und Gewicht, Bräunungsgrad und Frisur, die bei den Profis eine Rolle spielen, sind hier kein Thema! „Das Wichtigste ist: Man bringt gute Laune mit“, betont die Trainerin und schiebt hinterher: „Alles andere lässt sich erarbeiten!“