Das Motorradtreffen ist für Leonberg eine wichtige internationale Werbung und spült viel Geld in die Kassen der heimischen Betriebe.

Leonberg - In gut einem Monat wäre es wieder soweit gewesen: Am südwestlichen Ende Leonbergs hätten die Motoren aufheult. Das Motorradfestival Glemseck 101 lockt alljährlich tausende Cracks aus ganz Europa nach Leonberg.

 

Diesmal wird coronabedingt daraus nichts. Doch im nächsten Jahr sollen die heißen Öfen wieder auf der alten Solitude-Rennstrecke brausen. Und damit die Biker auch wissen, wo die Post abgeht und nicht etwa meinen, sie würden in Stuttgart ihre Runden drehen, hat die Stadt Leonberg mit der Glemseck GmbH einen Kooperationsvertrag abgeschlossen. Der stellt sicher, dass Leonberg in der Vermarktung des Bikertreffs angemessen präsent ist.

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Eine internationale Präsenz hat freilich ihren Preis: Bar- und Sachleistungen in Höhe von 85 000 Euro hätte die Stadt erbringen sollen, damit Glemseck 101 Leonberg treu bleibt und den Namen des Veranstaltungsstandorts in die Welt trägt. Dass diese Summe für die finanziell gebeutelte Stadt zu hoch ist, war dem Oberbürgermeister klar, noch bevor die zu erwartenden Einwände aus dem Gemeinderat gekommen wären. Daher machte Martin Georg Cohn mit dem Glemseck 101-Geschäftsführer Steffen Hofmann einen Termin, um übers Geld zu reden.

Und siehe da: Die Leistungen, die der Baubetriebshof erbringt, gehören nicht mehr zum Vertragspaket. Das sind nicht wenige: Die Männer vom Bauhof richten am Fuß des Rappenbergs Parkplätze ein, stellen Absperrungen und Schilder auf, installieren Stromkästen und Lichterketten, kümmern sich um den Aufbau von Containern und Zelten und sind auch beim Abbau und der Reinigung des Geländes dabei. Im ursprünglichen Vertrag waren all diese Arbeiten mit rund 67 000 Euro taxiert. Außerdem hätte die Stadt 10 000 Euro für die Leistungen externer Firmen berappen und maximal 8000 Euro als Verlustausgleich der kompletten Veranstaltung beisteuern sollen. Insgesamt also 85 000 Euro.

Die Summe, die der Oberbürgermeister jetzt dem Gemeinderat zur Freigabe vorgelegt hat, ist deutlich geringer: 25 000 Euro ist nun der Beitrag der Stadt fürs Glemseck-101-Festival. Die Einsätze des Bauhofs und der Feuerwehr werden dem Veranstalter extra in Rechnung gestellt.

Cohn: „Sie müssen die Einnahmen gegenrechnen“

Trotzdem immer noch viel zu viel, findet zumindest Gitte Hutter. „Das ist ja kein Verein, sondern eine GmbH“, argumentiert die Stadträtin der Linken. Deshalb sei eine solch hohe öffentliche Förderung nicht angebracht. Das Geld solle stattdessen lieber in ehrenamtliches Engagement investiert werden. „Außerdem ist es doch erstaunlich, dass es erst 85 000 Euro sein sollten und jetzt auf einmal 25 000 Euro auch reichen“, wundert sich Gitte Hutter.

Mit dieser Haltung steht die Linke aber ziemlich alleine da. „Sie müssen die Einnahmen gegenrechnen“, argumentiert Martin Georg Cohn. „Von den vielen tausend Gästen profitieren Hotels, Restaurants, Lokale und Geschäfte. Da bleibt viel Geld in Leonberg.“ Und gerade Handel und Gastronomie hätten Einnahmen dringend nötig. „Auch in die städtischen Kassen fließt wieder Geld, etwa durch die Einsätze von Feuerwehr und Bauhof.“

„Das ist praktische Wirtschaftsförderung“

Eine Haltung, die von den anderen Fraktionen geteilt wird: „Man darf diese Veranstaltung mit Strahlkraft nicht kaputtmachen“, sagt Elviera Schüller-Tietze (SPD). „Das ist praktische Wirtschaftsförderung“, urteilt Jutta Metz (Freie Wähler). Noch drastischer die Kommentare aus den Reihen der CDU: „Für diese ablehnende Haltung fehlt mir jegliches Verständnis“, sagt Dirk Jeutter. Für Wolfgang Röckle ist es eine „unterirdische Diskussion. Bei Glemseck 101 bleibt eine halbe Million Euro in Leonberg“.

Der Gemeinderat segnet die 25 000 Euro mit großer Mehrheit ab. Wenn sich die Lage stabilisiert, kann Oberbürgermeister Cohn also im nächsten Jahr beim Eröffnungssprint auf der legendären 1/8-Meile auf einen heißen Ofen steigen.