Zum ersten Mal sind beim Glemseck 101 die Petrolettes, eine weibliche Motorradgruppe, zu Gast. Zur 14. Ausgabe des Biker-Treffens kommen Fans aus dem ganzen Land.

Leonberg - Es gibt nicht wenige Stimmen, die sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram die positiven Eigenschaften abschreiben. Zu unpersönlich seien die Kontakte über das Internet.

 

Im Falle der Motorradgruppe Petrolettes haben die sozialen Medien entscheidenden Anteil daran, dass die Frauen an diesem Wochenende zusammen in Leonberg am Glemseck 101 weilen. „Ich habe die Mädels über Social Media kennengelernt“, sagt Irene Kotnik, die Gründerin der Petrolettes. Vier Motorräder zieren den Stand der Petrolettes. Jede Maschine wurde von einem weiblichen Team umgebaut. Am Sonntag sind die Frauen mit ihren umgebauten Motorrädern des Herstellers Royal Enfield auf der 1/8-Meile der ehemaligen Solitude-Rennstrecke an den Start gegangen. „Ich beschäftige mich seit ungefähr sechs Jahren intensiv mit dem Thema Frau und Motorrad“, sagt Kotnik. So hat die Berlinerin das Petrolettes-Festival, ein Motorradevent, das ausschließlich Frauen vorbehalten ist, gegründet. Sie stört sich daran, dass Frauen in der Motorradszene häufig nur als leicht bekleidetes Beiwerk auftraten.

Das Gummi des Reifens reibt sich am Asphalt ab, weiße Rauchwolken steigen auf, zahlreiche Handykameras werden gezückt. Foto: factum/Bach
Ihr neuestes Projekt gab es am Wochenende am Glemseck zu bestaunen. Kotnik ist mit der Idee, Maschinen nur von Frauen umbauen zu lassen, auf den Motorradhersteller Royal Enfield zugegangen. Nach anfänglicher Skepsis hat sich das Unternehmen auf die Vision von Irene Kotnik eingelassen und den Damen insgesamt vier Motorräder zur Verfügung gestellt. Die Italienerin Bella Litinetski hat sich mit Elementen der Wikinger-Symbolik an ihrem Bike zu schaffen gemacht, die schwedische Fahrerin Ida Olsson hat ihre Vorliebe für unbearbeiteten Stahl in das Design einfließen lassen. Das österreichische Team, bestehend aus Patricia Kafka und Lill Bonne Deville, hat sich am Wiener Jugendstil orientiert. Die deutschen Fahrerinnen Melanie Weier und Christie Sacco haben einen alten Tank einer Royal Enfield-Maschine zur Basis ihrer Gestaltung gemacht. Zahlreiche Arbeitsstunden stecken in dem Motorrad der beiden, dass nun im Stile eines sogenannten Land Speed Racers gehalten ist. „Seit April haben wir jeden Tag vier bis fünf Stunden am Bike geschraubt“, sagt Melanie Weier. „Und das neben unserem Vollzeitjob.“ Es war eine Punktlandung. Bis kurz vor dem Glemseck 101 wurde noch an den letzten Details gearbeitet.

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Auf dem Gelände an der ehemaligen Solitude-Rennstrecke angekommen, stellte sich dann heraus, dass das Motorrad der beiden Deutschen nicht anspringt. „Es ist ein richtiger Krimi“, berichtet Irene Kotnik, als im selben Moment zwei Mechaniker vorbeikommen und Christie Sacco auf die Maschine steigt. Direkt vor dem Stand der Petrolettes versucht das Trio jetzt, das Bike zum Laufen zu bringen. Beobachtet wird dieses Szenario von einer immer größer werdenden Traube aus Besuchern und Journalisten, die das Spektakel festhalten. Das Gummi des Reifens reibt sich am Asphalt ab, weiße Rauchwolken steigen auf, zahlreiche Handykameras werden gezückt. Kotnik, die umtriebige Gründerin, nutzt die Situation sogleich, um auf das Projekt aufmerksam zu machen und schwenkt eine große, weiße Fahne mit dem Petrolettes-Schriftzug. Als der Motor der Maschine anspringt, brandet Jubel unter den Frauen und Applaus bei den Zusehenden auf. „Solche Momente geben mir alles“, schwärmt Kotnik. Es sei nicht die Idee, „genmanipulierte Pferde“ zu bauen, wie Kotnik einige Bikes am Glemseck nennt. Vielmehr sei es der ganze Prozess, der im Mittelpunkt steht, den die Frauen mit ihren eigenen Maschinen durchlaufen haben. „Die Mädels sind über sich hinausgewachsen“, freut sich die Gründerin, die hauptberuflich als freie Videocutterin arbeitet. In letzter Zeit habe der Job aber „maximal dreißig Prozent“ ihrer Zeit in Anspruch genommen. Die meiste Arbeitskraft steckte Kotnik zuletzt in die Petrolettes.