Die Telekom schließt ihren Glasfaserausbau ab – Hausen und Schafhausen sind nicht angeschlossen.

Weil der Stadt - Es ist ein unscheinbarer weißer Kasten, einer gewöhnlichen Telefondose nicht unähnlich. Für Norbert Frank, den Leiter der Landesakademie für Jugendbildung in Weil der Stadt, ist es jedoch nichts weniger als der Anschluss an die Zukunft. „1964, als die Landesakademie auf dem Malersbuckel ihren Betrieb aufgenommen hat“, erzählt Frank, „kamen die Weil der Städter zum Telefonieren hier herauf, weil es in der Akademie eine Telefonzelle gab.“ Damals hätten die Einrichtung und ihre Ausstattung technisch „ganz vorne gelegen“.

 

Dieser Vorsprung sei im Laufe der Jahrzehnte verloren gegangen, weshalb der jetzt erfolgte Anschluss ans Glasfasernetz, das den Hochgeschwindigkeitszugang ins Internet mit bis zu einem Gigabit pro Sekunde ermöglicht, für die Landesakademie und ihre jährlich rund 5000 Gäste „einfach notwendig war“.

125 Kilometer Glasfaserkabel

Die etwas außerhalb vom Stadtkern gelegene Akademie, deren Mitanschluss an das Glasfaserdatenkabel ursprünglich gar nicht geplant war, war denn auch am Montag der Ort der Wahl, an dem die Vertreter der Telekom und der Gigabit Region Stuttgart gemeinsam mit dem Böblinger Landrat Roland Bernhard sowie Weil der Stadts Bürgermeister Thilo Schreiber und dem Ersten Beigeordneten Jürgen Katz verkünden konnten, dass der seit einem Jahr andauernde Ausbau des Glasfasernetzes in der Pilotkommune praktisch abgeschlossen sei. Rund 7200 Haushalte habe die Telekom, so die Projekt-Managerin Sabine Wittlinger, im Laufe der letzten zwölf Monate in Weil der Stadt angeschlossen. Dabei wurden 125 Kilometer Glasfaserkabel auf rund 52 Straßenkilometern verlegt.

Wie Bürgermeister Thilo Schreiber berichtet, kamen bei diesem nun erfolgten ersten Ausbauschritt ein Drittel der Kernstadt, fast ganz Münklingen sowie rund 40 Prozent von Merklingen zum Zuge. Ganz außen vor blieben bislang die Stadtteile Hausen und Schafhausen. Die Kosten für die Verlegung des Glasfaserkabels sowie für die Anschlüsse in den Haushalten, die einen Vorvertrag abgeschlossen hatten, hatte die Telekom übernommen. „Corona hat uns in den letzten Monaten gezeigt, wie wichtig für uns alle ein schnelles Internet ist“, sagt Bürgermeister Schreiber.

Es geht voran

Die Telekom betonte, dass sich mit rund 1800 abgeschlossenen Vorverträgen in Weil der Stadt der Ausbau finanziell rechnet. „Das sei ein guter Wert“, so Sabine Wittlinger. Die Schallmauer, die durchbrochen werden musste, damit die Telekom überhaupt in das Projekt einsteigen konnte, lag bei rund 1700 Anschlusswilligen. Der Netzanbieter hatte Weil der Stadt in der Region Stuttgart als Pilotgemeinde ausgewählt, weil die Heckengäu-Stadt besonders ländlich geprägt ist. „Als eine der ersten Kommunen in der Region profitiert Weil der Stadt nun von unserem regionalen Ausbauprogramm“, erklärte Hans-Jürgen Bahde, Geschäftsführer der Gigabit Region Stuttgart. Die Dachgesellschaft koordiniert den Glasfaserausbau in der Region.

„Bis 2025 sollen nahezu 100 Prozent der Gewerbegebiete und 50 Prozent der Haushalte in der Region angeschlossen werden“, kündigte Landrat Roland Bernhard in diesem Zusammenhang an. Bis 2030 sollen es dann, so der Plan, 90 Prozent aller Haushalte sein. „Mit dem Ausbau geht es nun in weiteren Ecken des Landkreises weiter: In Holzgerlingen werden weitere 1200 Anschlüsse realisiert, in Leonberg 5600.“ Acht Gewerbegebiete komplettieren den Ausbau in diesem Jahr, sechs weitere seien bereits nominiert. Ob und wann die Weil der Städter, die jetzt leer ausgingen, mit einem Glasfaseranschluss rechnen können, ist unklar. „Einen Zeitplan hierfür gibt es derzeit nicht“, sagte die Telekom-Managerin.

Größtes zusammenhängendes Ausbaugebiet

Jürgen Bahde betonte, dass Weil der Stadt in der Region das bislang größte zusammenhängende Ausbaugebiet war. Er erinnerte zugleich daran, dass der Nachholbedarf gewaltig sei: „Baden-Württemberg ist in der Glasfaserversorgung das am schlechtesten versorgte Bundesland in Deutschland. Die Region Stuttgart liegt im Vergleich mit den 15 größten Wirtschaftsregionen auf dem vorletzten Platz.“

Der Grund für Ausbaustau auf den Datenautobahnen in Land und Region ist ausgerechnet der ehemalige Technologievorsprung: „Wir haben in Baden-Württemberg eines der besten Kupfernetze in Deutschland“, erklärt Bahde. Dieser hohe Standard in einer Technologie von gestern hat das Land nun aber, beim Start in die Glasfaserzukunft, ausgebremst.