Die Deutsche Glasfaser legt in Rutesheim den geplanten Ausbau eines Glasfasernetzes vorerst auf Eis. Grund: Die Telekom will nun doch kein Geld von der Stadt und sich dem Projekt in diesem Winter annehmen.

Rutesheim - Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Das ist überhaupt dann der Fall, wenn es um viel Geld geht. Das erfahren gerade die Rutesheimer Bürgerinnen und Bürger beim Thema Glasfaserausbau in der Kernstadt, das nun eine überraschende Wende genommen hat.

 

Anfang November schien die Welt noch in Ordnung. Die Verwaltungsspitze der Stadt und Vertreter von Deutsche Glasfaser verkündeten, dass sie die gesamte Kernstadt an das Glasfasernetz anbinden wollen. Eine sogenannte „Nachfragebündelung“ sollte in Rutesheim gestartet werden, damit die Firma abschätzen kann, ob es sich wirtschaftlich für sie lohnt. Der Waldenserort Perouse hatte es vorgemacht. Innerhalb weniger Monate haben 44 Prozent der Haushalte ihr Interesse an einem Zugang zum schnellen Internet bekundet. „Das hat uns veranlasst, auch im Kernort Rutesheim ein Angebot für einen Glasfaserausbau zu machen“, sagte seinerzeit Korhan Sener, der Projektmanager Vertrieb bei Deutsche Glasfaser.

Rutesheim freut sich über Angebot der Deutschen Glasfaser

Damit rannte die Firma offene Türen im Rathaus ein. „Die Schnelligkeit und Qualität der Internetanbindung ist heute ein entscheidender Wohn- und Standortfaktor“, sagte die Bürgermeisterin Susanne Widmaier. Der Erste Beigeordnete Martin Killinger sieht weitere Vorteile: „Corona hat gezeigt, wie wichtig ein leistungsstarkes Internet auch für unser Schulzentrum mit seinen mehr als 2300 Schülern ist.“

Die Deutsche Glasfaser wolle das Breitbandnetz bauen, wenn sich mindestens 33 Prozent der rund 4150 Haushalte in der Kernstadt bis zum 28. Februar für einen Glasfaseranschluss entscheiden, erläuterte Korhan Sener.

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Dass bei einem Vertragsabschluss bis zum Stichtag die Deutsche Glasfaser die Baukosten für den jeweiligen Hausanschluss übernimmt, klang für die Verwaltung reizvoll. Umso größer war die Freude darüber, denn nach Informationen aus gut unterrichteten Kreisen hatte die Telekom in vorangegangenen Gesprächen immer wieder auf eine hohe finanzielle Beteiligung der Stadt bestanden, wenn sie in Rutesheim glasfasermäßig aktiv werden sollte.

Glasfaser bis ans Haus

Das Angebot der Deutschen Glasfaser lief allerdings auf einen sogenannten FTTH-Glasfaseranschluss hinaus, also „Fiber to the home“, das heißt Glasfaser bis nach Hause. Das Netz wollte das Unternehmen aus Borken (Nordrhein-Westfalen) eigenwirtschaftlich bauen. Der Hausanschluss sollte kostenlos für diejenigen sein, die sich während der Nachfragebündelung für einen Anschluss entscheiden.

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Ein späterer Anschluss wäre noch möglich gewesen, allerdings hätte man dann mit Kosten ab 750 Euro rechnen müssen. Monatliche Grundgebühren sollten abhängig vom gebuchten Produkt anfallen. Die Stadt und die Deutsche Glasfaser wollten Interessierte über das Projekt informieren. Auch ein Beratungsbüro im Alten Rathaus war geplant.

Die Konkurrenz von der Telekom wird hellhörig

So viel Enthusiasmus hat die Konkurrenz hellhörig werden lassen. Alles lief gut an, doch dann überraschte die Telekom vor Jahresende mit der Ankündigung, ohne Vorvermarktung noch in diesem Winter mit dem kompletten Ausbau eines FTTH-Glasfasernetzes in Rutesheim beginnen zu wollen.

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Die Deutsche Glasfaser reagierte prompt und ließ die Stadtverwaltung in einem Schreiben wissen: „Weil diese Situation im Ort für große Verunsicherung und Verwirrung sorgt, haben wir entschieden, mit unserem Vorhaben temporär zu pausieren.“ Die Beratungsstelle im Alten Rathaus werde vorerst nicht besetzt. „Wir möchten Rutesheim nicht im Stich lassen, sondern lehnen uns lediglich etwas zurück und lauschen der Dinge“, schrieb Korhan Sener.

Deutsche Glasfaser wartet ab

Sollte die Telekom ihr Vorhaben nicht wie angekündigt umsetzen, sei man bereit, dem Bedürfnis der Stadt nach einem zukunftssicheren Breitbandnetz nachzukommen. Im Schnitt benötige die Deutsche Glasfaser nur 18 Monate von der Absprache mit der Kommune bis zur Aktivierung des letzten Anschlusses. Als neuer Partner der Gigabit Region Stuttgart wolle man die Kommunen verbindlich und unbürokratisch zukunftssicher machen, so der Projektleiter des Telekommunikationsunternehmens weiter.

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Zumindest im Waldenserort Perouse kommt die Deutsche Glasfaser zum Zug. Ein Vor-Ort-Termin hat bereits stattgefunden. 2022 wird mit dem Hauptverteiler beim örtlichen Feuerwehrhaus begonnen. Von hier aus erhält dann jedes angeschlossene Haus eine Glasfaserleitung.