Die fehlenden Freiflächen für Gewerbe in Weil der Stadt sind schon lange ein Problem. Eine neue Strategiestudie könnte jetzt ein erster Schritt in die richtige Richtung sein.

Weil der Stadt - Liebe vergeht, Hektar besteht, heißt es im Volksmund so schön – wohl kaum aber aus dem Mund der Weil der Städter Stadtverwaltung. Dass es in der Keplerstadt keine freien Flächen für Gewerbe mehr gibt, ist seit vielen Jahren ein Problem. Viel wurde diskutiert, geschehen ist in der Zwischenzeit: wenig.

 

In der jüngsten Gemeinderatssitzung wurde diese unendliche Geschichte nüchtern auf drei Zahlen heruntergebrochen. Gewerbe- und Industriegebiete, Gesamtfläche: 84 Hektar. Davon unbebaut: null Hektar. Verfügbar: null Hektar. Schwarz auf weiß prangten die Zahlen auf der großen Leinwand, wie eine Mahnung an die anwesenden Stadträte und Verwaltungsvertreter.

Bürgermeister spricht von „Handlungszwang“

„Wir haben keine Flächen“, betonte der Weiler Bürgermeister Christian Walter immer wieder, „wir haben Handlungszwang“. Selbst in der Corona-Krise seien bei der Stadt immer wieder Anfragen zwecks Gewerbeflächen eingegangen, die die Stadt aber immer wieder ablehnen muss.

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Dabei würde es der Stadt sehr gut tun, das Gewerbe zu stärken: Seit Jahren sind die Einnahmen durch Gewerbesteuer unterdurchschnittlich, im Haushaltsplan 2021 etwa wird mit Einnahmen in Höhe von vier Millionen Euro gerechnet. Auch der Anteil der Gewerbeflächen im Stadtgebiet ist in Weil der Stadt vergleichsweise gering – zwei Prozent der Bodenfläche ist mit Gewerbe besetzt. Im ganzen Landkreis sind es durchschnittlich 3,4 Prozent. Mehr Gewerbesteuereinnahmen könnten ein wichtiger Schritt sein, um die schlechte finanzielle Lage der Stadt zumindest teilweise und langfristig zu verbessern. Ohne freie Flächen gibt es aber vorerst keinen Handlungsspielraum.

Viel Bedarf an freien Flächen

Nun möchte die Stadt einen wichtigen Schritt nach vorne machen – und hatte deshalb eine Strategiestudie bei der Imakomm Akademie, einem Institut für Kommunalentwicklung aus Aalen, in Auftrag gegeben. Bei der Sitzung des Gemeinderats wurden nun die Ergebnisse dieses Papiers vorgestellt.

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Das Konzept solle als „Grundlage für künftige Entscheidungen“ dienen, betonte Julia Bubbel von Imakomm. Bedarf für mehr Gewerbeflächen sei ohne Zweifel vorhanden, und das nicht nur bei Firmen von außerhalb. Rund ein Viertel aller Weil der Städter Unternehmen hätten laut einer Umfrage Bedarf an weiteren Flächen. Aber: Freie Fläche gibt es kaum. Und auch die Planungsflächen, die bereits im sogenannten Flächennutzungsplan (FNP) der Stadt – also dem groben und unverbindlichen Städtebauplan – für Gewerbe in Frage kommen, halten sich in Grenzen. Gerade einmal 1,3 Hektar gewerbliche Fläche und 2,5 Hektar gemischte Baufläche sind im Flächennutzungsplan vorgesehen. Dazu gehören die Erweiterung eines Bestandsbetriebs in Hausen (Neuwiesen-Erweiterung), ein schmaler Streifen gemischter Baufläche beim Häugern (Schwarzwaldstraße) und eine Erweiterung des Gewerbegebiets an der Borsigstraße (Erweiterung Merklinger Straße). Um dem Bedarf an Gewerbeflächen gerecht zu werden, zeigt die Strategiestudie drei zentrale Flächen auf, die potenziell für eine gewerbliche Nutzung denkbar wären: In Hausen, Merklingen und Schafhausen.

Verwaltung soll konkrete Maßnahmen überprüfen

Aus den möglichen Flächen und den verschiedenen Bedürfnissen an Gewerbeflächen leitet die Studie eine Handlungsempfehlung ab: Kurzfristig sollten Flächen in der Kernstadt nachverdichtet und die im FNP vorgesehene Flächen realisiert werden. Damit soll Platz für Neuansiedlungen mit Ortsbezug – Handwerker etwa – geschaffen werden, aber auch Platz für bereits ansässige Firmen, die sich vergrößern wollen. Mittelfristig sollten etwa die großen, zusammenhängenden Potenzialflächen erschlossen werden, um so auch standortunabhängigen Firmen, die in einem größeren Radius aktiv sind, Platz zu schaffen.

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Und jetzt? Nach konkreten, nächsten Schritten sehnten sich auch einige Gemeinderäte nach der Vorstellung des Konzepts. „Grundsätzlich gehen wir da mit, aber es fehlen noch ganz viele Details“, sprach sich etwa Grünen-Fraktionsvorsitzender Alfred Kappler aus. „Wir sollten uns auf den Weg machen, aber es muss Leitplanken geben“, sagte auch der CDU-Chef Martin Buhl. Der Erste Beigeordneter Jürgen Katz beschwichtigte die Räte: „Sie werden doch an jedem Schritt beteiligt.“ Er sah in der Abstimmung der Gemeinderäte besonders ein Signal: „Verwaltung, lauf bitte los.“ Sein Wunsch wurde erfüllt – mit einer Nein-Stimme und einer Enthaltung beauftragte der Gemeinderat die Verwaltung schließlich, jetzt konkrete Maßnahmen zu überprüfen und dem Gemeinderat vorzulegen.

Flächenentwicklung ist ein langer Prozess

Dass der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung über die Studie diskutiert hat, heißt trotzdem nicht, dass bald die Bagger anrollen – vorher folgen noch viele weitere Planungsschritte und Fragen, die geklärt werden müssen. Etwa, wie die zukünftigen Gewerbeflächen, falls im privaten Besitz, überhaupt beschafft werden können. Der Kauf höre sich „leichter gesagt als getan an“, sagte Bürgermeister Christian Walter. „Gerade, wenn wir auf unseren Haushalt schauen.“