Der 15-jährige Gerlinger, in dessen Wohnung Chemikalien, Messer und Patronen gefunden wurden, hatte Kontakt mit dem Münchner Amokläufer David S., aber keine Kenntnis von seinen Plänen.

Gerlingen - Der Schüler des Gerlinger Robert-Bosch-Gymnasiums, der Pläne für einen Amoklauf an seiner Schule geschmiedet hat, wird durch die Ermittlungen der Polizei zum Teil entlastet. Der 15-Jährige hatte Kontakt mit jenem 18-Jährigen, der am 22. Juli in München neun Menschen erschossen hat. Dies bestätigt die Staatsanwaltschaft nun auch offiziell, sie hat die Chat-Protokolle zwischen den beiden Teenagern ausgewertet.

 

„Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass der 15-Jährige von den Plänen für den Amoklauf in München wusste“, erklärt Jan Holzner, der Sprecher der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Auf diese Frage hatten sich die Ermittler konzentriert – weil schon die Verabredung für ein solches Verbrechen strafbar wäre; im Gegensatz zur theoretischen Planung eines Amoklaufes, wie es der Gerlinger Schüler nach eigenen Angaben zu Beginn des Jahres vorhatte.

Erst wenn konkrete Vorbereitungen ergriffen werden, greift das Strafrecht. Daher war die Frage entscheidend, ob der Gymnasiast in irgendeiner Form im Vorfeld von den Anschlagsplänen in der bayerischen Hauptstadt wusste. Ein Freund des Münchner Täters wurde wenige Tage nach der tödlichen Schießerei deshalb verhört.

Ob der Gerlinger, den Mitschüler als unauffällig und ruhig beschreiben, tatsächlich im Juli einen eigenen Amoklauf geplant hat, dieser Frage gehen Polizei und Staatsanwaltschaft weiterhin nach und prüfen das persönliche Umfeld des 15-Jährigen.

Die Behörden konkretisieren zudem, was genau im Zimmer des 15-Jährigen gefunden wurde: Kleinkaliberpatronen, Messer, Dolche sowie bombentaugliche Chemikalien. Zudem Fluchtpläne, eine Schutzweste und Utensilien zur Maskierung. Woher er sich diese Gegenstände beschafft hat, dazu macht die Staatsanwaltschaft keine näheren Angaben. Klar ist allerdings, dass dem Jugendlichen ein Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen wird. Dafür könnte ihm im Extremfall Jugendarrest drohen – derzeit befindet er sich immer noch auf freiwilliger Basis in der Jugendpsychiatrie in Winnenden.

Im Zimmer wurden Zeichnungen der Columbine-Highschool gefunden

Die entscheidende Frage bleibt also, ob sich der Gerlinger schon, wie er angibt, im Januar von früheren Amoklaufplänen distanziert hat – oder ob er Ende Juli immer noch konkret vorhatte, im Gerlinger Gymnasium um sich zu schießen. In seinem Zimmer wurden auch Zeichnungen gefunden, die Bezüge zu Amokläufen wie dem an der Columbine-Highschool in den USA 1999 aufweisen. Auf Instagram hatte er kurz vor seiner Entdeckung das Foto einer Waffe hochgeladen und von „Spaß bei der Jagd“ geschrieben. Zudem war der Gerlinger Mitglied einer Youtube-Gruppe, die Anleitungen zum Bombenbau austauscht, in Foren für Ego-Shooter-PC-Spiele.

Kontakt zu Online-Foren war da

Dass der 15-Jährige Kontakt zu Online- Communities hatte, in denen Amokläufe glorifiziert werden und sich Jugendliche offen über solche Gewaltfantasien austauschen, zeigten auch seine Profile in verschiedenen sozialen Medien.

Ob der Jugendliche wieder nach Hause kommt und ob er auf der Gerlinger Schule bleibt, wenn im September das neue Schuljahr beginnt, ist noch offen. „Ob er weiterhin eine Gefahr darstellt, müssen die Ärzte beurteilen“, sagt Jan Holzner von der Staatsanwaltschaft. Die Polizei habe jedenfalls richtig gehandelt, frühzeitig einzugreifen und die Wohnung zu durchsuchen.