In Gerlingen gibt es Sommerführungen durch markante Gebäude. Auch bei der Klinik Schillerhöhe, deren Geschichte wir heute einmal vorstellen, inklusive der NS-Vorgeschichte des Gebäudes.

Gerlingen - Nachdem das Sühnekreuz an der Panoramastraße gewürdigt ist, führt Klaus Herrmann die Gruppe weiter zur Solitude. Nächste Station sind die Sportplätze der KSG. Zu Schillers Zeiten im 18. Jahrhundert waren die noch nicht dort – das Areal aber war wohl genutzt. Dort befand sich die Baumschule, die Johann Caspar Schiller, der Vater des Dichters, 1775 begründet hatte. Mit 4000 Apfel- und Birnbäumen war er von Ludwigsburg gekommen; bis 1788 wurden 22 400 Obstbäume, Pappeln, Kastanien und Sträucher abgegeben. 1793, so berichtet der Archivleiter, hat Vater Schiller an seinen Sohn Friedrich geschrieben, in der Baumschule befänden sich mehr als 100 000 Gehölze.

 

Gleich gegenüber der KSG-Sportplätze beginnt das Areal der Klinik Schillerhöhe – noch da, wo einst die Baumschule war. Die Klinik gehört seit 2006 zum Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus, dort werden Patienten mit Krankheiten der Atemwege behandelt. Nebenan befinden sich die Bauten der Schmieder-Klinik, einer Spezialeinrichtung für neurologische Patienten.

Mit dem Altbau hat es eine besondere Bewandtnis: Die Lungenfachklinik wurde dort erst im Oktober 1953 eröffnet; und zwar nicht als Akutklinik, sondern als Sanatorium. Zuvor stand das Gebäude viele Jahre lang ungenutzt im Rohbau herum. Die Anmutung einer Kaserne kommt nicht von ungefähr: das Haus mit seinen vielen Flügeln wurde von 1938 an als Gebietsführerschule der Hitler-Jugend geplant, dort sollten ständig mehr als 200 HJ-Führer „geschult“ werden. Eine kleine Vorgängereinrichtung befand sich auf dem Areal des nahen Schlosses. Gerlingen „schenkte“ dafür der NSDAP das Areal von drei Hektar.

Feldzug der Amerikaner 1952

Mit dem Bau wird begonnen – aus dieser Zeit stammen Fotos, die mit Kreuzgängen im romanischen Stil eher die Anmutung eines Klosters haben. Doch der Rohbau wird nicht fertig. Das ändert sich, als die Landesversicherungsanstalt 1948 ein Sanatorium für Tuberkulosekranke braucht und das Areal dafür kauft. Mehrere Jahre lang wird umgebaut, im März 1952 berichtet „Die neue Zeitung“ der Amerikaner von einem Feldzug des „Haus- und Grundbesitzervereins Schillerhöhe“ gegen das „Groß-Tb-Institut“ der LVA – sogar der Ministerpräsident Reinhold Maier schaltet sich ein. Heute sind hier moderne Kliniken, in die zig Millionen investiert wurden und in denen Ärzte Medizingeschichte schrieben: 1987 hat man auf der Schillerhöhe die erste Lunge in Europa verpflanzt.

Wegen der geplanten HJ-Schule und des repräsentativen Schlosses Solitude, das mit der Domäne ursprünglich auch auf Gerlinger Markung lag, gab es übrigens erbitterte Auseinandersetzungen zwischen den Machthabern, Stuttgart und Gerlingen: Gerlingen musste in der Folge 1942 die Solitude abgeben.