Die Fraktion bringt einen Antrag in den Gemeinderat ein, die Anzahl von einkommensschwachen Familien genauer zu erheben, um Betroffene besser unterstützen zu können.

Renningen - Kinderarmut ist ein Thema, über das niemand gerne spricht und das viele nicht gerne wahrhaben möchten. Und doch existiert sie, auch in der wohlhabenden Region Stuttgart. Die SPD in Renningen möchte gerne mehr für die betroffenen Kinder tun. Die SPD-Fraktion im Gemeinderat wünscht sich daher mehr Klarheit darüber, wie hoch der Anteil an finanzschwachen Kindern in der Rankbachstadt eigentlich ist und schlug eine Zusammenarbeit mit dem Verein Children-First vor.

 

Ergänzend zu den bereits bestehenden Initiativen in der Stadt, wie Aktion Notnagel und Bürgerstiftung, könnte die Stadt mit diesem Verein – oder einer vergleichbaren Institution – eine Kooperation eingehen, um die betroffenen Kinder zu unterstützen, so der Vorschlag der SPD.

Die Fraktion hatte den Verein bereits im Vorfeld zurate gezogen, da der Gründer des Vereins selbst aus Renningen stammt. Nach ersten Erhebungen kam der Verein auf eine Zahl von rund 500 von Armut betroffenen Kindern in der Stadt. Diese Zahlen wollte sich die Fraktion nun von der Stadt bestätigen lassen – oder eben nicht. Das Problem ist nur: Die Stadt ist nicht zuständig für die Erhebung solcher Zahlen und könne sie daher in so kurzer Zeit nicht verifizieren oder falsifizieren, „zumal der Begriff ,Armut‘ anders definiert wird als der Bezug von Sozialleistungen“, so die Stellungnahme aus dem Rathaus.

Skepsis gegenüber Verein

Gegenüber der Arbeit des Vereins Children-First zeigte sich die Verwaltung allerdings eher skeptisch, unter anderem, da dieser kein anerkannter Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe ist, und schlug daher alternativ eine engere Zusammenarbeit mit den bereits bestehenden Initiativen in der Stadt vor.

Bis es zu einem Beschluss kam, führte das hochemotionale Thema zu intensiven Diskussionen. Dennis Metzulat (SPD-Fraktion) zeigte sich bestürzt, dass die Ausführungen der Stadt zu diesem Thema so emotionslos gehalten waren. Wenn die Zahlen des Vereins stimmten, „dann ist jedes fünfte Kind betroffen, das muss man sich mal vorstellen“. Leider griffen soziale Hilfsangebote, wie von der Aktion Notnagel, oft nur bei den Ärmsten der Armen, „das ist aber nur die Spitze des Eisbergs“. Viele Betroffene fielen durchs Raster, die man mit diesem Antrag berücksichtigen wolle. Marcus Schautt (Freien Wähler) unterstützte die rationale Herangehensweise der Stadt. „Emotionen kommen bei diesem Thema von ganz alleine, sie sind aber nicht zielführend.“ Es sei wichtig, überlegt an die Sache heranzugehen.

„Den Finger in die Wunde legen“

Bürgermeister Wolfgang Faißt (Freie Wähler) verwehrte sich außerdem gegen die Vorwürfe von Dennis Metzulat, man sei von dem Thema nicht betroffen. Er warnte auch davor, „irgendwelche Zahlen in den Raum zu werfen“, deren Wahrheitsgehalt noch gar nicht überprüft sei. „Egal, ob es nun um 300, 400 oder 500 Kinder geht, jedes Kind ist wichtig“, stellte er klar.

Gerhard Kicherer, SPD-Fraktionsmitglied und zugleich Vorstand der Renninger Hilfsorganisation Notnagel, lenkte wieder auf den Kern der Sache: „Ich sehe den Antrag eher dergestalt, dass mal der Finger in die Wunde gelegt wird und wir sensibler auf dieses Thema schauen. Denn Kinderarmut existiert.“

Letztlich beschloss der Rat, im Sinne der Verwaltung, die Thematik in dem zuständigen Gremium, dem Jugendbeirat, weiter zu diskutieren, unter Einbeziehung des sozialen Netzwerks in der Stadt. Die Jugendsozialarbeit und die Schulsozialarbeit werden in den kommenden Monaten das Thema Kinderarmut in Renningen und Malmsheim beobachten und ihre Beobachtungen und Erfahrungen einbringen – und der Frage nachgehen, wie gut die bisherigen Angebote in Renningen greifen. Anders, als von der Verwaltung vorgeschlagen, möchte der Gemeinderat aber in jedem Fall auch Children-First einladen und sich dessen Ausführungen anhören.

„Es geht uns nicht darum, uns auf einen Verein zu festzulegen“, erklärte Dennis Metzulat, „sondern darum, jemanden einzubeziehen, der sich mit dem Thema auskennt.“ Ob die Stadt später mit diesem, einem anderen oder überhaupt einem entsprechenden Verein zusammenarbeiten wird, wird der Gemeinderat danach entscheiden.