Aufgrund der angespannten Haushaltslage verzichten die Fraktionen und Parteien im Renninger Gemeinderat großteils auf kostenträchtige Anträge.

Renningen - Renningen wird ein weiteres Jahr in Folge keine neuen Schulden aufnehmen müssen. 26 Jahre ist die Stadt damit quasi schuldenfrei. Doch die großen Investitionen, die ihr ins Haus stehen oder bereits begonnen haben, werden ein großes Loch in die Finanzen reißen. Nachdem die Rücklage von rund 13 Millionen Euro aufgebraucht ist, rechnet die Kämmerei mit der ersten Neuschuldenaufnahme von sieben bis acht Millionen Euro im Jahr 2024.

 

Die Verwaltung wie auch der Gemeinderat zeigten sich mit diesen Zahlen zufrieden – vor dem Hintergrund, dass in Anbetracht der vielen Großprojekte, darunter die Riedwiesensporthalle, die Sanierung und Erweiterung der Silcher-Schule und der Realschule, alle im achtstelligen Eurobereich, ein Schuldenberg in Höhe von rund 40 Millionen Euro als realistisch angesehen wurde, wenn alle Projekte zur selben Zeit gestemmt werden müssten. Verwaltung und Gemeinderat einigten sich daher auf ein umfassendes Sparpaket, das unter anderem Steuererhöhungen und das Aufschieben von anderen Projekten beinhaltet, darunter das neue Rathaus und die Sanierung von Feldwegen.

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Vor diesem Hintergrund verzichteten fast alle Fraktionen in ihren Haushaltsreden auf Anträge, die weitere Kosten mit sich bringen. Stattdessen brachten sie zahlreiche Denkanstöße ein, auf welche Ziele sich die Stadt in den kommenden Jahren konzentrieren sollte. Die Freien Wähler regten außerdem dazu an, in Anbetracht der inzwischen deutlich besseren Haushaltssituation, „die Spar- und Konsolidierungsmaßnahmen immer wieder aufs Neue auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen“. Das gelte vor allem für die erhöhten Gewerbe- und Grundsteuern, zumal „in kaum einer anderen Stadt oder Gemeinde im Kreis Böblingen die Steuern so hoch sind wie bei uns“.

Klima

Fraktionsübergreifend wurde die Bedeutung des Klimaschutzes und des Kampfs gegen den Klimawandel aufgegriffen. An erster Stelle von den Grünen: „Es geht darum, den Kollaps des Lebens auf unserem Planeten zu verhindern – auch hier im Kleinen, in unserer Gemeinde Renningen“, erklärte die Fraktionsvorsitzende Monika Breitweg. Renningen habe schon viele Chancen für mehr Klimaschutz verpasst, zum Beispiel im Baugebiet Schnallenäcker III. Für das Klimaschutzkonzept seien lediglich 14 000 Euro eingestellt, bemängelte sie.

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Ihre Vorschläge umfassten unter anderem das Ausweisen von mehr Bannwald, also natürlicher und unberührter Waldfläche, und eine frühzeitige kommunale Wärmeplanung – für Städte mit weniger als 20 000 Einwohnern sei eine solche förderfähig. „Völlig unklar ist noch, wie die neue Sporthalle in den Nahwärmeverbund eingebunden wird.“ Zudem beantragte die Fraktion, „dass die Stadt Renningen ein Aktionsprogramm zum Wassersparen auf- und umsetzt“. Resi Berger-Bäuerle von den Frauen für Renningen stellte sogar die Frage nach möglichen Standorten für Windkrafträder.

Wohnen und Bauen

Die Flut von Anfragen für Bauplätze in Schnallenäcker III sind nur eines von vielen Symptomen des allgemeinen Wohnungsmangels. Eine ungewöhnliche Idee brachten die CDU und die Frauen für Renningen ins Spiel – in Form von einfachen und modernen Wohnformen. Ob freie Bauplätze und Baulücken für die Bebauung mit Kompakthäusern, Flying-Spaces oder Tiny-Häusern geeignet sind, wollte die CDU wissen. Diese Wohnformen versiegelten weniger Fläche und seien nachhaltig und zukunftsorientiert. „Einige Städte haben das bereits umgesetzt“, erzählte der Fraktionsvorsitzende Ralph Geyer.

Oliver Schmiedeberg von der FDP war der einzige, der sich auch für die Ansiedlung von mehr Gewerbe stark machte. „Das Bebauungsgebiet in Renningen Süd an der B 295 ist leider mittelfristig nicht mehr in der Finanzplanung vorgesehen“, bedauerte er. Die FDP sehe es aber noch immer als große Chance „und zwingend notwendig, das Gebiet für Gewerbe und Wohnen zu realisieren“. Zudem brachte er die Anregung ein, Start-up-Unternehmen im Bereich der Digitalisierung in Renningen anzusiedeln.

Wohnen im Alter

„Ein unaufschiebbares Zukunftsprojekt ist die Schaffung der Voraussetzungen für altersgerechtes Wohnen“, betonte Alfred Kauffmann von den Freien Wählern. Er verlas die Stellungnahme des abwesenden Fraktionsvorsitzenden Marcus Schautt. Um die Weichen hier rechtzeitig stellen zu können, „bitten wir analog zur Kinderbetreuungsbedarfsplanung, runtergebrochen auf die Stadt Renningen, um eine zeitnahe Pflegebedarfsplanung“. Dabei solle es gleichsam um die stationäre Unterbringung wie auch um betreutes Wohnen gehen.

Dabei erinnerte er daran, dass an der ehemaligen Sessler-Mühle, wo schon vergangenes Jahr die Arbeiten für einen Komplex für betreutes Wohnen hätten beginnen sollen, noch immer nichts passiert sei. Das Gelände ist weiterhin eine Baugrube. Das Wasserwerksgelände an der Gottfried-Bauer-Straße, ergänzte die SPD, dürfe man ebenfalls nicht aus den Augen verlieren. Auch dort könnte man betreutes Wohnen, barrierefreie Praxen und Wohnungen schaffen.

Kinder

„Besonders beschäftigt uns das Thema Kinderarmut“, sagte Jan Hambach für die SPD. Als einzige Fraktion stellten die Sozialdemokraten einen haushaltsrelevanten Antrag, nämlich, einen externen Dienstleister zu beauftragen. Zum Beispiel soll der Zugang der betroffenen Familien zu Leistungen und Unterstützungen vereinfacht werden. Zuvor wurde auf Initiative der SPD bereits der AK Chancengerechtigkeit ins Leben gerufen.

Die Frauen für Renningen unterstützten den Einsatz der Arbeitsgruppe und stellten sich hinter die bereits erfolgte Aufstockung der Schulsozialarbeit. „Auch bei uns in Renningen zeigen die Seelen der Kinder Spuren der Pandemie“, so Resi Berger-Bäuerle.

Verkehr

Wenn man eine Stadt mit kurzen Wegen schaffen wolle, in der die Bürger ihre Brezel nicht mit dem Auto holen, müsse man Fußgänger und Fahrradfahrer entsprechend fördern, so Monika Breitweg von den Grünen. „Es kann dann nicht sein, dass Schulwege durch Tempo-30-Zonen führen, ohne dass auf den Straßen Gehwege vorhanden sind“, oder dass diese ständig zugeparkt werden.

Die SPD brachte die Förderung eines On-demand-Verkehrs ins Spiel, eines Kleinbusses, der auf Anfrage flexible Haltepunkte ansteuert. „Das wäre aus unserer Sicht eine wichtige Ergänzung im innerörtlichen Verkehr“, sagte Jan Hambach. Die Fraktion beantragte außerdem, in einem einjährigen Test den Durchgang in der Jahnstraße zwischen Mediathek und Bürgerhaus nur für Fußgänger und Radfahrer zu ermöglichen.