Höhere Steuern und Gebühren sollen nur der erste Schritt sein, um den maroden Haushalt Weil der Stadt in Ordnung zu bringen.

Weil der Stadt - Es war fast ein feierlicher Moment, als sich die Stadträtinnen und Stadträte verpflichteten, „die finanzielle Schieflage des Haushalts in Ordnung zu bringen“, wie es der Bürgermeister Christian Walter formulierte. Die dramatische Lage der Stadt war in einem „Memorandum zur Haushaltspolitik“ festgehalten worden und soll „im Sinne einer politischen Selbstverpflichtung und Handlungsmaxime für die nächsten Jahre“ gelten. Ziel soll es sein, die Finanzen „schnellstmöglich“ wieder in Ordnung zu bringen.

 

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Gleichzeitig soll der massive Bedarf an Investitionen in die Infrastruktur mit einem Volumen von rund 250 Millionen Euro in den nächsten Jahren großteils über Kredite finanziert werden, wodurch die Gesamtverschuldung weiter steigt. Derzeit beträgt sie rund 26 Millionen Euro. Auf die gut 19 000 Einwohner umgerechnet sind das pro Kopf 1351 Euro. Bei vergleichbaren Kommunen im Regierungspräsidium Stuttgart liegt dieser Wert laut Stadtverwaltung bei durchschnittlich 299 Euro.

Sieben Millionen Euro Defizit

Für das Haushaltsjahr 2021 wird mit einem Defizit von rund sieben Millionen Euro gerechnet. Angesichts der finanziellen Lage rief der Bürgermeister den Gemeinderat im Juni zu einer Klausurtagung zusammen. Dabei wurden Steuer- und Gebührenerhöhungen als erste Schritte gesehen, um dem dauerhaften Minus zu begegnen. Nach der Sommerpause im Herbst will die Verwaltung ein Konsolidierungskonzept vorstellen. Darin sollen vor allem bei den freiwilligen Aufgaben der Stadt mögliche Einsparpotenziale aufgezeigt werden.

Mehr Steuern für Spielautomaten

Doch zunächst müssen sich die Weil der Städter auf höhere Steuern und Gebühren einstellen. Allerdings fließen dadurch im Vergleich zu den millionenschweren Löchern eher geringe Beträge in die städtischen Kassen. Einstimmig beschloss der Gemeinderat, die Vergnügungssteuer von 24 auf 25 Prozent zu erhöhen. Diese wird aus dem Geschäft mit Geldspielautomaten erhoben. 2019 brachte dies rund 300 700 Euro ein, für 2021 wird mit 200 000 Euro gerechnet.

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Schon nicht mehr ganz so einstimmig votierten die Räte für die Erhöhung der Hundesteuer für die über 800 Hunde in der Stadt. Diese einzige Pflichtsteuer, die die Kommunen gesetzlich erheben müssen, wurde seit sieben Jahren nicht mehr erhöht. 2021 nimmt die Stadt hier rund 110 000 Euro ein, nach der Erhöhung werden es 45 000 Euro mehr sein.

Was zahlen Hundebesitzer künftig?

Ab 2022 kostet ein Ersthund 48 Euro mehr und damit 168 Euro pro Jahr. „Das finde ich happig“, sagte Felix Mayer (SPD), der sich bei der Abstimmung enthielt. In der Klausur sei über „eine moderate Anpassung von 20 Prozent gesprochen“ worden.

Spitzenwert bei Grundsteuer B

Um größere Beträge ging es bei der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer. Der Hebesatz für die Grundsteuer B wird ab 2022 um 60 Punkte auf dann 450 v. H. erhöht. Damit setzt sich Weil der Stadt an die Spitze im Kreis Böblingen, gefolgt von Leonberg mit 445 v. H. Der städtische Kämmerer Ulrich Knoblauch prophezeite, dass zum Jahresende weitere Gemeinden im Kreis diese Steuer erhöhen werden. Weil der Stadt bringt dies etwa 440 000 Euro jährlich mehr.

Wurde die Grundsteuer B noch einstimmig beschlossen, so stimmten der Erhöhung der Gewerbesteuer um 20 Punkte nur 14 von 27 Stadträten zu. Der Hebesatz für diese Steuer beträgt künftig 400 v. H., auch das kreisweit ein Spitzenwert. Das soll 200 000 Euro mehr für den städtischen Haushalt bringen. Allerdings gab es hiergegen Bedenken. Man solle nicht die falschen Signale an Gewerbetreibende setzen, mahnte Hans Dieter Scherer (FDP), und nur auf 390 v. H. erhöhen. Der Bürgermeister entgegnete, dass man mit Blick auf die Zahlen erhöhen müsse. Man habe derzeit ohnehin keine Gewerbegrundstücke im Angebot.

Bescheinigung vom Amt werden teurer

Absolute Einigkeit herrschte dann wieder bei den höheren Verwaltungsgebühren, die zuletzt 2010 angepackt wurden. „Wir sind rechtlich verpflichtet, die Verwaltungsgebühren kostendeckend festzusetzen“, sagte Haupt- und Personalamtsleiter Jürgen Brändle. Grundlage für das neue Gebührenverzeichnis, das als Satzung beschlossen wurde und ab September gilt, war eine umfangreiche und detaillierte Kalkulation.

So kostet etwa die Erteilung eines Fischereischeins anstatt jetzt 20 künftig 25 Euro, eine einfache schriftliche Meldebescheinigung nun zehn anstatt vorher fünf Euro. Die Erhöhung der Verwaltungsgebühren wird aber nur 10 000 Euro mehr pro Jahr bringen.