Mit Tochter Nadja führt Familie Eiss den „Hirsch“ bereits in der vierten Generation.

Leonberg - Die Gläser klirren beim Anstoßen. Herzlich begrüßen sich die Gäste untereinander. Es wirkt wie ein großes Familientreffen im großen Saal des Hotel Hirsch. Dabei feiert Familie Eiss an diesem Sonntag den 111. Geburtstag des Hauses, das im Herzen Eltingen steht. „Zuerst wollten wir den 110. Geburtstag feiern. Aber 111 klingt irgendwie peppiger“, erzählt Hildegard Eiss. Eingeladen sind neben der Familie auch Freunde, Nachbarn und natürlich die Stammkunden.

 

Die Geschichte der Familie Eiss in Eltingen lässt sich bis in die Zeit nach dem 30-jährigen Krieg zurückverfolgen. Die ersten Wirte in der Familie gab es bereits um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Auch gab es in der Carl-Schmincke-Straße einen Gasthof „Hirsch“, dessen Konzession der gelernte Metzger Josef Eiss übernahm, als er 1906/07 das heutige Stammhaus an der Ecke Hindenburg- und Bergstraße bauen ließ. Am Kirchweihsonntag 1907 wurde der Gasthof „Hirsch“ eröffnet. Schnell wurde es zum Ziel für Ausflügler aus der Region. Zur Gastwirtschaft mit Metzgerei und Kegelbahn kamen nach dem Ersten Weltkrieg auch Übernachtungsmöglichkeiten dazu.

Nach dem Tod von Josef Eiss 1935 und nachdem die Söhne Erwin und Richard aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt waren, wurden die Geschäfte schließlich im Jahr 1952 geteilt: Gemeinsam mit ihren Ehefrauen führten Erwin die Metzgerei, Heinrich den „Hirsch“ und Richard das neu im Ramtel gebaute Hotel Eiss.

Ein echter Familienbetrieb

Nur drei Jahre später starb Heinrich Eiss, und seine Frau Luise führte das Geschäft allein weiter, bis Sohn Heiner 1968 ins Geschäft einstieg. Im gleichen Jahr wurde das neue Gästehaus an der Bergstraße fertig. In den folgenden Jahren wurde das „Hotel Hirsch“ weiter vergrößert und renoviert. „Wir hatten Glück, dass wir in der direkten Nachbarschaft viel dazu kaufen konnten. Da standen vor allem Scheuern“, erinnert sich Heiner Eiss. Auch das frühere Schultheißen-Haus gehört dazu, vor dem der Brunnen mit der Schnitterin steht und in dem sich seit 1983 die Weinstube „Alt-Eltingen“ befindet.

Trotz der schwierigen ersten Nachkriegsjahre etablierte sich der Hirsch schnell, wurde etwa zum Stammquartier des Motorradherstellers NSU während der Solitude-Rennen. Das Gästebuch der Eissens liest sich wie ein Who-is-who der deutschen Unterhaltung, von Nadja Tiller und Walter Giller über Gunther Philipp bis Kurt und Paola Felix. Darüber hinaus ist Heiner Eiss viele Jahre im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Baden-Württemberg aktiv gewesen, unter anderem als Vizepräsident. Dafür erhielt er 2006 vom damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger das Bundesverdienstkreuz überreicht. Doch auch in den vergangenen Jahren ist es nicht ruhig geworden. 2016 wurde ein neues Gästehaus mit 25 Zimmern eröffnet.

Tochter Nadja, die vierte Eiss-Generation im „Hirsch“, ist mittlerweile ein fester Bestandteil im elterlichen Betrieb. „Wir haben früher direkt über dem Saal gewohnt. Ich kenne das gar nicht anders“, erzählt die Hotelfachfrau. Damals hätten noch viele Hochzeiten hier stattgefunden. „Ich erinnere mich noch an die vielen schönen Kleider“, sagt die Mutter einer Tochter. Ob die fünfte Generation das Haus einmal weiterführt? „Dafür ist sie noch zu jung“, sagt Nadja Eiss.