Christine Elbe lässt sich auf kein Medium festlegen. Sie stellt in der Galerie Kunst-Quartier aus.

Leonberg - Seltsam verbunden mag sich auch so manches Besucherpaar fühlen in „weird wired – seltsam verbunden“, der neuen Ausstellung im neuen Ausstellungsraum in der Altstadt. Sehr deutlich verbunden mit Leonberg dagegen ist die Galerie Kunst-Quartier, wie der Leiter Andreas Kerstan erzählt. Der Verein möchte seinen Mitgliedern auf regionaler, überregionaler und internationaler Ebene Ausstellungsmöglichkeiten verschaffen und gleichzeitig jedem einzelnen Mitglied Unterstützung in seiner persönlichen und künstlerischen Weiterentwicklung anbieten. Immerhin verfügt er über 360 Mitglieder aus 14 Nationen. Mehrere Jahre habe man für das ambitionierte Projekt Kunst International ein Zuhause im Großraum Stuttgart gesucht und sei nun in den Räumlichkeiten in der Schmalzstraße fündig geworden.

 

Seit August 2018 haben recht verschiedenartige Schauen bewiesen, dass die Galerie in einer Stadt, deren Anspruch an kulturelle Veranstaltungen hoch ist, am richtigen Ort angekommen ist. Mit dem internationalen Flair neben dem Kunstgiganten Stuttgart dürfte es schwieriger werden, doch die turbulente Künstlerin Christine Elbe bringt eine frische Brise mit von ihren hohen Berner Bergen.

Ein absolutes Multitalent

Die in Berlin geborene und heute in der Schweiz lebende und arbeitende Künstlerin ist ein Multitalent im Bereich der Bildenden Kunst. Sie lässt sich in ihrer künstlerischen Darstellung auf kein Medium festlegen. So inspiriert sie derzeit nicht nur durch ihre Malerei, sondern auch mit Skulpturen, fotografischen Werken und Drucken, die sie irgendwie verbindet – seltsam verbunden, wie, das muss man selbst herausfinden. Wie ein Wirbelwind schießt die Endvierzigerin – was man kaum glauben mag – durch die zweigeschossigen Räume. Jedes Bild, jedes Objekt, jede Fotografie hat einen dafür genau ausgemessenen Platz. Als sie im September 2018 zum ersten Mal hier ist, geht die studierte Architektin generalstabsmäßig vor: „Ich habe alle Wände vermessen“, sagt die Powerfrau lachend.

Doch sie spielt auch gerne mit Ironie, wie die Fotografie „Die schöne Spiezerin“ zeigt. Diese trägt prächtigen Indianerkopfschmuck, Häuptlingsinsignien, die natürlich eher einem Mann zustehen als einer Frau. Doppelt ironisch, denn sie hat eindeutig keine europäischen Gesichtszüge. Im grünen Kleid sitzt sie hoch über dem Thuner See auf einem Felsen. Der Blick ist stolz, der einer Königin. Elbe hat, nachdem sie für ihre Einbürgerung in Spiez einen Test über die Landeskultur bestehen und zahlreiche persönliche Fragen beantworten musste, diese „Schutzpatronin“ geschaffen: in kritischer Weise reflektiert sie hier die Vorstellungen vom Einwanderungsland, den Ureinwohnern.

Elektrische Impulse

Eine endlos scheinende Serie von bunten Tapes auf dem Boden leiten den Besucher durch die Zimmer bis in das Gewölbe, Blitze zeigen den Weg unter den Füßen, wie elektrische Impulse laden sie die Galerie energetisch auf. Auf Leinwänden blüht es und wird wie bei einer Metamorphose zur Assoziation mit den traumhaften Wandmalereien der Höhle von Lascaux. Kollektives künstlerisches Unterbewusstsein? Die Ur-Schildkröte kommt aus den Resten der Stadtmauer aus Sandstein gekrochen, sie verkörpert die Langsamkeit und altes Wissen.

Das Gegenteil der umtriebigen Atmosphäre der Tapes, die schließlich zu einem Kissenlager im Bauch der Galerie für die Gäste der Vernissage leiten. Orientalisch gelagert als Teil der Performance, jeder ist ein Künstler für eine Viertelstunde.

Christine Elbe reflektiert gerne über ihre eigene Vielfältigkeit: „Meine Bilder entstehen in einer emotionalen Auseinandersetzung mit dem aktuellen Zeitgeschehen. Beim Nachdenken über unsere Gesellschaft betreffen mich einige Themen stark und finden einen Ausdruck in einem Motiv. Mit den unterschiedlichsten Materialien verhelfe ich dem Motiv, sichtbar zu werden.“ Dass ihre beiden noch kleinen Kinder sie dabei in einzigartiger Verbundenheit beflügeln, zeigten sie bei der Vernissage: sie waren wieder einmal ganz begeistert von Mama!

Die Ausstellung ist noch bis 24. März in der Schmalzstraße 4 zu sehen.