Patric Vaihinger und Julia Hofmann haben mit ihrer Firma „Home of goals“ den ersten dreiteiligen Kurs zum „Persönlichkeitstrainer Fußball“ angeboten.

Rutesheim - Jugendtrainer sind häufig ehrenamtliche Sozialarbeiter. Das wird in Vereinsgremien und in der Politik immer wieder betont. Patric Vaihinger und Julia Hofmann gehen einen Schritt weiter: Sie haben mit ihrer Firma „Home of goals“ ein Konzept entwickelt, mit dem Übungsleiter bei Kindern und Jugendlichen in der Trainingspraxis persönliche und soziale Kompetenzen entwickeln, die sie auch im täglichen Leben voranbringen. „Train the player, teach the person“, lautet ihr Motto. „Wir nutzen die Potenziale des Sports, um Fähigkeiten wie Selbstvertrauen, Empathie, Teamfähigkeit oder Disziplin zu intensivieren und sie in den Alltag der Kinder und Jugendlichen zu integrieren“, erklärt Patric Vaihinger den Ansatz.

 

Der 25-Jährige ist nicht nur Spieler und Jugendtrainer bei der SKV Rutesheim, sondern hat auch einen Master in Sportökonomie. Seine Partnerin Julia Hofmann ist studierte Sport- und Eventmanagerin, spielt beim VfL Sindelfingen in der Oberliga und trainiert die U 11 von Sonnenhof Großaspach. Näher kennen gelernt haben sich die Leonbergerin und der Hemminger vor einigen Jahren beim Lehrgang für die Trainer-B-Lizenz. „Home of goals gab es damals auch schon, Schwerpunkte waren da aber Fußball-Camps“, berichtet Patric Vaihinger.

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Die Idee zum „Persönlichkeitstrainer Fußball“ kam, als die 26-Jährige im Auftrag des Deutschen Fußball-Bundes und des Deutschen Olympischen Sportbundes als Referentin in sozial benachteiligte Länder wie Brasilien und die Türkei geschickt wurde, um aufzuzeigen, wie Fußball bei der Bekämpfung von Armut und Geschlechterungerechtigkeit helfen kann. Ähnliche Erfahrungen machte Patric Vaihinger, als er 2018 und 2019 drei Monate lang ein Fußball-Sozialprojekt in Südafrika unterstützte.

„In der deutschen Trainerausbildung werden die Potenziale des Fußballs zur Ausbildung von Sozialkompetenzen nicht wirklich genutzt“, erzählt Patric Vaihinger. Zusammen mit Julia Hofmann hat er soziale und persönliche Kompetenzen wie beispielsweise Respekt, Umgang mit Drucksituationen und Motivation definiert, die in ihren Kursen vermittelt werden sollen. „Jeder Trainer sollte sich zunächst darüber klar werden, was für ein Trainer er sein will und welche Werte ihm wichtig sind“, erläutert der 25-Jährige.

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Danach lernten die Kursteilnehmer, wie sie diese Wertevermittlung in ihre theoretische und praktische fußballerische Trainingsarbeit einbauen können. Zudem sollen die Kinder und Jugendlichen mitnehmen, wie ihnen diese Werte im täglichen Leben helfen können. „Das Thema Verantwortung bedeutet beispielsweise nicht nur, einen Elfmeter für sein Team zu schießen, sondern auch nach einer Gruppenarbeit in der Schule die Präsentation zu übernehmen“, nennt Vaihinger ein Beispiel.

Noch machen Fußball-Camps, Workshops und Zusatztrainings wie derzeit einmal pro Woche bei der SpVgg Renningen und der SKV Rutesheim den größten Teil des Umsatzes von „Home of goals“ aus. Doch der 25-Jährige hat festgestellt, dass das Interesse am Konzept des „Persönlichkeitstrainers Fußball“ wächst. „Vereine, Verbände und Schulen erkennen mehr und mehr das Potenzial unserer Idee“, freut er sich.

Präsenz ist ein Muss bei dem Pilotprojekt

In diesem Jahr hat Corona den Start des Pilotprojektes ein wenig erschwert. „Präsenz war für uns unabdingbar“, sagt Vaihinger. Andererseits sieht er in der Coronapandemie sogar einen Vorteil für „Home of goals“: „Vielen Eltern wird jetzt erst bewusst, welche Werte bei ihren Kindern wegen der Pandemie gar nicht zum Ausdruck kommen konnten“, glaubt er.

Die Ausbildung, die eigentlich für zehn Tage an fünf Wochenenden geplant war, wurde individuell ein wenig angepasst. Diese Flexibilität wollen er und Julia Hofmann beibehalten. „Nicht jeder Jugendtrainer kann sich zehn Tage im Jahr frei nehmen“, weiß Vaihinger nur zu gut. Deshalb werde es möglicherweise im kommenden Jahr zehn Grundlehrgänge geben, aber nur fünf Aufbau- und zwei Abschlusslehrgänge.

Neue Werkzeuge für die Trainingsarbeit

Die Absolventen des ersten Kurses, die nicht nur aus der näheren Umgebung, sondern auch aus Rheinland-Pfalz und der Nähe von Bielefeld kamen, waren von dem Konzept sehr angetan. „Es ist unsere Verpflichtung als Trainer, die Kinder nicht nur fußballerisch, sondern auch in ihrer Persönlichkeit weiterzuentwickeln“, sagt Marcel Pfeiffer, der U 14-Trainer des VfB Stuttgart. Er kenne nun Werkzeuge, wie er dies in bestimmte Trainingsformen integrieren könne. Und die 17-jährige Louisa Stier, die die F-Jugend des TV Neidlingen auf der Schwäbischen Alb betreut, ergänzt: „Es war megainteressant und besonders toll, dass wir die Werte in kindgerechte Sprache übersetzt haben.“

19 Kompetenzen

Soziale Kompetenzen
 Neun Sozialkompetenzen werden in den Kursen vermittelt: Respekt/Toleranz, Kooperation, Vertrauen, Dankbarkeit, Solidarität, Mitmenschen motivieren, Kommunikation, Empathie und Verantwortung für Mitmenschen.

Persönliche Kompetenzen
 Zehn persönliche Kompetenzen werden behandelt: Umgang mit Drucksituationen, Selbstreflexion, Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, Eigenverantwortung, Durchsetzungsvermögen, Kreativität, Konzentration, Motivation/Ziele und Disziplin/Selbstkontrolle.