Die Organisatoren des württembergischen Fußball-Verbands sehen sich mit neuen Problemen konfrontiert. Einige Vereine können mit Auflagen bereits trainieren, andere nicht.

Fußball - Die einen stehen in den Startlöchern, um noch in dieser Woche den Trainingsbetrieb (kontaktarm und mit Personenbegrenzung) aufzunehmen, die anderen müssen die Füße still halten. So jedenfalls wirkt sich die seit 8. März gültige Coronaverordnung des Landes Baden-Württemberg auf den Bereich des Sports aus. Die Begeisterung über die Lockerungen hält sich in Grenzen.

 

Auch bei dem Trainer der Rutesheimer Verbandsligafußballer, Marcel Pfeffer, der das Kommando nach der Trennung von Jens Eng und der Interimslösung mit Rolf Kramer Anfang dieses Jahres übernommen hat. Der freut sich zwar, dass er überhaupt einmal mehr als einen Spieler zu Gesicht bekommt, sieht aber nicht wirklich eine Perspektive, was den Spielbetrieb angeht. Vor allen Dingen in Bezug auf die Gesundheit der Akteure. „Die Verletzungsgefahr ist der Gesichtspunkt, der auf keinen Fall außer acht gelassen werden darf. Nach so einer langen Pause können die Spieler so schnell nicht wieder fußballspezifisch vorbereitet sein“, sagt Pfeffer.

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Die Einheiten für den heutigen Donnerstag und den morgigen Tag sind vorbereitet. Es wird kontaktarm und in drei Zehnergruppen trainiert. Trotz aller Beschränkungen lässt sich der Übungsleiter den Spaß an seiner Sportart schließlich aber nicht nehmen: „Ich freue mich darauf, auf dem Platz zu stehen.“

Erstmals seit Beginn des Lockdowns im November gelten für den Amateursport wieder Lockerungen. Zumindest ein Teil der bisherigen Coronafesseln fällt weg, vor allem für Kinder und Jugendliche. Aber immerhin, es ist trotz anhaltender Viruskrise ein erster Schritt zurück zur Normalität. Für alle Altersbereiche bis einschließlich 14 Jahren erlaubt der frisch verabschiedete Stufenplan der Politik, gemessen an den aktuellen Inzidenzzahlen, sogar wieder ein Gruppentraining mit bis zu 20 Personen. Wenn auch mit der Einschränkung „kontaktarm“, mithin noch nicht im klassischen Sinn.

Sippel: An einen Spielbetrieb ist nicht zu denken

Ausschlaggebendes Kriterium ist die Inzidenzzahl. Im Landkreis Böblingen herrscht deswegen fußballerische Aufbruchstimmung (Inzidenz unter 50), im Landkreis Ludwigsburg, wo der Wert zu Wochenbeginn über 50 lag, ist an Trainingsgruppen mit zehn Personen noch nicht zu denken. Das jedenfalls sieht der Fußball-Abteilungsleiter Uwe Sippel vom Verbandsligisten TSV Heimerdingen so. „Ich gehe, Stand heute, nicht davon aus, dass wir vor dem 5. April trainieren können. An einen Spielbetrieb ist meines Erachtens nach gar nicht zu denken“, sagte er am Dienstag.

In der Zentrale des Württembergischen Fußball-Verbands (WFV) wurde bei genauerem Studium des Berliner Öffnungsschritte-Konstrukts tief geschluckt. Der Teufel steckt wie so oft im Detail. Was auf den ersten Blick gut klingt, auch perspektivisch, beinhaltet tatsächlich hohe Hürden. So hohe, dass die aktuell unterbrochene Saison in den Ligen nun vollends auf der Kippe steht?

Harald Müller, der Spielausschussvorsitzende des WFV, sieht jedenfalls Punkte, die ihn weniger ermutigen als zusätzliches Kopfzerbrechen bereiten. Generell hält er die Entwicklung der erwähnten Inzidenzzahlen für „bedenklich“. Jene steigen seit mehreren Tagen erneut, was die jetzigen Zugeständnisse auch ganz schnell wieder ins Gegenteil umschlagen lassen könnte. Und dann ist da vor allem ein inzwischen von der baden-württembergischen Landesregierung gefasster erläuternder Beschluss. Welche Inzidenzzahlen sind eigentlich die maßgebende? Die bundesweiten? Die landesweiten? Die regionalen? Kretschmann, Eisenmann und Co. haben sich fürs Letztgenannte entschieden, die jeweiligen Werte aus den Stadt- und Landkreisen. Ein differenzierter Weg, statt großflächig über einen Kamm zu scheren – für den Wettbewerbssport wird es damit nun aber erst richtig kompliziert.

Die Quadratur des Kreises

Zum Beispiel in der Fußball-Verbandsliga: In jener spielen Mannschaften aus 15 (!) verschiedenen Landkreisen. 15 Landkreise mit auch unterschiedlichen Coronazahlen, aktuell mit einer Spanne von gerade einmal 28 in Tübingen bis zu 193 in Schwäbisch Hall. Heißt: während man bei der TSG Tübingen auch fürs Aktiventeam eine baldige Rückkehr auf den Rasen vor Augen haben darf, wirkt Gleiches für die Staffelkollegen des TSV Crailsheim so weit entfernt wie Schalke 04 von der Champions League.

Wie also dies alles für einen gemeinsamen Ligabetrieb unter einen Hut bringen? Wie will man unter diesen Rahmenbedingungen eine Chancengleichheit gewähren? Während die einen dann womöglich schon seit Wochen wieder trainieren und punktspielbereit sind, die anderen aber immer noch vom heimischen Sofa aus auf rote Ampeln schauen? Klingt nach Quadratur des Kreises.

„Gute Frage, nächste Frage“, sagt Müller – und ahnt: „Das sind Probleme, die auf uns zukommen.“ Noch größere als bisher schon, zumindest in den überbezirklichen Spielklassen. Und selbst im Bezirk Enz-Murr bleibt es nicht bei einer Orientierungsmarke allein, schließlich sind Teilnehmer aus den Landkreisen Ludwigsburg und Böblingen sowie aus dem Enzkreis dabei.

Darüber hinaus sorgt der Passus, dass bei einem der nächsten Öffnungsschritte tagesaktuelle Schnelltests aller Beteiligten die Voraussetzung wären, eher für Stirnrunzeln, als Hoffnungen zu schüren. Wie das in der Praxis umzusetzen wäre, ist nicht formuliert. Müssten Vereine eigene Teststationen installieren? Hätte der Verband das zu organisieren? Und falls ja, mit welchen Mitteln?

Mit der Deadline 9. Mai wird es eng

Alles in allem ist spätestens jetzt klar, dass es mit der vom WFV selbst gesteckten Deadline 9. Mai eng wird. Wie berichtet, ist dies nach Beiratsbeschluss das spätestmögliche Datum für eine Wiederaufnahme der unterbrochenen Runde. Geht bis dahin nichts, folgt der Abbruch, so wie schon in einer Reihe anderer Sportarten. Mit einzukalkulieren sind mindestens drei Wochen Vorbereitungszeit für die Mannschaften. Tatsächlich ist die Alles-oder-Nichts-Grenze also schon Mitte April – wobei laut Harald Müller noch darüber zu sprechen ist, was bereits wieder als Training gilt. Auch schon ein Übungsbetrieb nur in Kleingruppen?

Die Fußballer stehen mit ihren Sorgen nicht alleine da. Mit Ähnlichem sieht man sich nun auch im Basketball, Faustball, Hockey und Tennis konfrontiert, deren Verantwortliche ebenso noch keinen coronabedingten Schlussstrich gezogen haben.