Um das Grundwasser zu schützen, muss der Wald gerodet und danach die ehemalige Deponie Leonberg abgedichtet werden.

Leonberg - Nicht lange, und der Eltinger Blick sowie alle Büsche und Bäume ringsum auf einer Fläche von rund zwölf Hektar werden verschwunden sein. Der Grund: Die ehemalige Mülldeponie Leonberg „Rübenloch“ muss in großen Teilen abgedichtet werden, um das Grundwasser zu schützen. Denn das Konstrukt, das noch aus den frühen Sechzigern stammt und 1999 stillgelegt wurde, ist nicht für die Ewigkeit gebaut.

 

Bis zu zwölf Hektar werden gerodet

Bereits vor Jahren begannen die Vorbereitungen, während derer unter anderem als Ersatz für das Biotop am Eltinger Blick ein Stück weiter südlich ein neues Biotop angelegt wurde. Jetzt ist es endgültig so weit: In der kommenden Woche beginnen die Rodungen. Nach nur zwei Wochen sollen die ersten sieben Hektar verschwunden sein, Ende 2022 folgen weitere fünf bis sechs Hektar. „Die Leute werden die nächsten paar Jahre einen kahlen Fleck hier oben sehen“, bedauert Martin Wuttke, Werkleiter des Abfallwirtschaftsbetriebs des Kreises Böblingen (AWB). Aber es führe kein Weg daran vorbei. Sind alle Arbeiten abgeschlossen, wird die Fläche wieder aufgeforstet – und soll dann idealerweise dauerhaft so belassen werden.

Seit 1999 ist die Mülldeponie Leonberg stillgelegt

1963 wurde die Deponie von der Stadt Leonberg angelegt. Abgeladen wurde dort typischer Hausmüll. Nach der Kreisreform 1973 übernahm der Kreis Böblingen die Halde, 1999 wurde sie geschlossen. Zu dem Zeitpunkt war die Anlage voll bis obenhin und wurde nach der Inbetriebnahme des Restmüllheizkraftwerks Böblingen ohnehin nicht mehr benötigt.

„Zu dem Zeitpunkt war aber schon klar, dass es so nicht für immer bleiben kann und man noch mal ran muss, wenn sich soweit alles gesetzt hat“, erklärt der Projektleiter Thomas Schweizer, Sachgebietsleiter für die Deponien im Kreis. Denn der Inhalt der Deponie „arbeitet“ und gärt weiter, vor allem durch die hohen Anteile an Biomüll, der damals noch ungefiltert mit dem normalen Hausmüll entsorgt wurde. Das Volumen wird so im Laufe der Zeit geringer. „Man sagt, dass man um die zehn bis 15 Jahre wenigstens warten sollte, bis man mit der Oberflächenabdichtung anfangen kann.“

Kein Wasser soll mehr eindringen

Doch warum braucht es überhaupt eine neue Abdichtung? Der Grund liegt in den Baustoffen und der Bauweise, die bei der Entstehung damals verwendet wurden. Sie können eine so lange Laufzeit nicht überstehen und werden nach unten hin irgendwann durchlässig. Regenwasser, das zu den Müllbergen durchdringt, sickert immer weiter hinab und kann so ins Grundwasser gelangen.

Da man die untere Basisabdichtung nachträglich nicht mehr bearbeiten kann, „müssen wir dafür sorgen, dass das Wasser von oben gar erst eindringen kann“, erklärt Thomas Schweizer. Zu diesem Zweck werden Schichten aus Schotter, Ton, einer speziellen Plane, Schutzvlies, noch mehr Schotter und schließlich eine zwei Meter dicke Schicht aus Erde, eine sogenannte Kultivierungsschicht, über die Deponie gelegt.

Methan wird aufgefangen und für Wärmegewinnung genutzt

In die Schichten müssen dann neue Gasleitungen zum Ableiten des Methans eingebracht werden. Denn durch den Gärungsprozess entsteht das fürs Klima hochgefährliche Methan. „Das müssen wir absaugen, damit es nicht einfach entweicht“, so Thomas Schweizer. Wenn genug Gas entsteht, kann man es in entsprechenden Kraftwerken zur Wärmegewinnung nutzen. Ist die Menge zu gering, muss das Methan auf andere Weise unschädlich gemacht werden.

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Von den Rodungen ist allerdings nicht die komplette Deponie betroffen. Insgesamt ist diese um die 23 Hektar groß. Weiter hangabwärts befindet sich der ältere Teil der Deponie, er reicht etwa bis zum CVJM-Heim. Hier gibt es den Messungen zufolge keine Probleme mit Deponiegasen, und auch Sickerwasser entsteht keines, da der Wald bereits so dicht ist, dass das Wasser aufgenommen wird oder verdunstet ist, bevor es die Deponie erreicht. „Ausgeschlossen ist es aber nicht, dass wir da irgendwann noch mal ranmüssen“, ergänzt Thomas Schweizer.

Der Eltinger Blick verschwindet

Zunächst bleibt es bei den Arbeiten auf dem oberen Teil der Deponie. Der AWB geht von einer Bauzeit bis 2026/27 aus. Nach weiteren fünf Jahren geht es in die offizielle Nachsorgephase, in der die Deponie auch weiterhin beobachtet wird. Ausgelegt ist diese Phase nach jetzigem Stand auf mindestens 30 Jahre. Je nachdem, welche Vorgaben und Gesetze dann gelten, könnten die Überreste der Deponie danach sich selbst überlassen werden. „Vorgesehen ist zumindest, dass das jetzt baulich die letzte Maßnahme hier ist“, so Martin Wuttke. Die Gesamtkosten betragen rund 20 Millionen Euro.

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Unter den vielen neuen Schichten wird letztlich auch der Eltinger Blick verschwinden. Der höchste Punkt ist 533 Meter hoch, nach der Aufschüttung wird der Berg etwa 540 Meter hoch sein. Nach dem Ende der Bauarbeiten könnte dort in Zusammenarbeit mit dem Bürgerverein Eltingen aber ein neuer Aussichtspunkt entstehen. Bis dahin soll auf dem etwas tiefer liegenden Eltinger Kopf eine Alternative geschaffen werden.