Kleine Erfolge und eine Regierungsbeteiligung der Grünen zeigen, dass sich etwas tut, findet die Weiler Gruppe von Fridays for Future. Im Kampf gegen den Klimawandel reicht das aber noch nicht aus.

Weil der Stadt - Viel Publikum gibt es nicht – nur eine Handvoll Menschen versammelt sich am späten Freitagnachmittag zur Kundgebung des Weiler Ablegers von Fridays for Future. „Das Wetter“, weiß die Sprecherin Luise Klingler und blickt hinauf in Richtung der grauen Wolken, aus denen es beständig nieselt. Im Winter sei das mit den Protesten eh immer so eine Sache. „Und bei Kundgebungen ist sowieso oft weniger los als bei Demonstrationen.“ Vor einigen Monaten war da schon mehr los. Bei der großen Demonstration im September versammelte Fridays for Future rund 200 Menschen in Weil der Stadt.

 

Den Wandel im Kleinen voranbringen

Die jungen Aktivistinnen und Aktivisten sind am Freitag trotzdem vor Ort: Auf dem Marktplatz haben sie selbstgemalte Schilder ausgelegt, die die drohende Klimakatastrophe mal ernst („Planet over Profit“), mal humorvoll („Klima ist wie Bier – warm ist es scheiße“) postulieren. Ein Beamer wirft das Logo von Fridays for Future gegen die dunklen Fenster des Rathauses. Wegen der Kälte gibt es nur einen Redebeitrag – ein von Luise Klingler vorgetragener Essay, voller rhetorischer Kniffs und eindrücklichen Bildern.

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Dass sich an dem kalten Dezemberfreitag nur wenige auf dem Marktplatz versammelt haben, demotiviert die jungen Klimaaktivistinnen und -aktivisten nicht, im Gegenteil. „Manchmal fragt man sich schon, was es denn bringt, hier 50 Menschen zu versammeln“, sagt das Gruppenmitglied Helena Grimm. „Aber es ist auch wichtig, der Stadt zu zeigen, das wir hier sind.“ Und auch wenn sich die großen Meilensteine der Klimabewegung in diesem Jahr auf einer nationalen oder sogar internationalen Bühne abgespielt haben – den Wandel im Kleinen voranzubringen, sei ebenso wichtig, sagt sie. „Es wird dann immer höher getragen.“

Forderungspaket an die Stadt übergeben

Um vor Ort anzusetzen, hatte die Weiler Gruppe von Fridays for Future im August ein umfangreiches Forderungspaket an Bürgermeister Christian Walter überreicht. Seitdem habe man sich mit drei der Gemeinderatsfraktionen ausgetauscht – mit den Grünen, der SPD und der CDU. Von der Stadt hat die Gruppe unterdes ein schriftliches Statement bekommen. Die Antworten auf die einzelnen Forderungen? In den meisten Fällen eher ein „Jein“, sagt Luise Klingler. Fehlendes Geld, Personal und Zuständigkeiten seien oft als Grund dafür genannt worden, dass man einzelne Aspekte zunächst nicht umsetzen könnte.

Immerhin: Einen Klimamanager soll die Stadt bald bekommen, die Stelle ist schon ausgeschrieben. Das finden die Aktivistinnen und Aktivisten tendenziell gut, hoffen aber auch auf die entsprechende Kompetenz des künftigen Managers. „Es soll ermittelt werden, wie groß die CO2-Emissionen der Stadt sind, in allen Bereichen, und wie diese reduziert werden können“, fordert Helena Grimm. Das sei aufwendig, müsse aber ordentlich gemacht werden. Wichtig sei, mit der Stadt und der Politik gemeinsam im Dialog zu bleiben.

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Insgesamt, das sagen Grimm und Klingler beide, habe die Weiler Gruppe in diesem Jahr viel geschafft, „besonders für das, was möglich war.“ Trotz Corona konnten die Aktivistinnen und Aktivisten einige Proteste auf die Beine stellen. Im Rahmen von Landtags- und Bundestagswahl hat die Gruppe außerdem mehrere Podiumsdiskussionen organisiert.

Koalitionspapiere sind der erste Schritt

„Es war ein politisch turbulentes Jahr“, betonen die beiden 17-Jährigen. Auch mit Blick auf die UN-Klimakonferenz in Glasgow. Das sei viel Gerede um den heißen Brei herum gewesen, findet Klingler, es wurde zu wenig an neuen, innovativen Ideen gefeilt. Helena Grimm zeigt sich resigniert: „Es war so, wie man es vorher hätte erwarten können.“

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Ob es sie hoffnungsvoll stimmt, dass die Grünen nun Teil der Regierung sind? „Ich würde es nicht von der Partei abhängig machen“, sagt Grimm. „Aber es zeigt, dass sich etwas ändert.“ In den Koalitionspapieren sieht sie einen kleinen Fortschritt. „Gerade der vorgezogene Kohleausstieg ist ein wichtiger Schritt“, fügt Klingler hinzu. Die kleinsten Erfolge geben Anlass zur Hoffnung. Trotzdem: Am Ziel ist man noch lange nicht. „Statt die globale Durchschnittserwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, steuern wir im Moment zielgerichtet auf eine Erwärmung von 2,8 Grad zu“, betont die Gruppe. „Wir müssen auch die nächsten Jahre weiter auf die Straße.“