Muss beim Thema Innenstadtverkehr nicht komplett umgedacht werden? Oberbürgermeister Cohn, die Grünen und selbst die CDU können sich vorstellen, dass die Eltinger Straße zwei- statt vierspurig wird.

 

Darüber kann man nachdenken, wenn auf der Straße ohnehin Sanierungen anstehen. Das ist noch nicht der Fall. Angesichts der rasanten technischen Entwicklung wissen wir doch gar nicht, was in fünf Jahren ist. Vielleicht gibt es dann das autonome Fahren oder andere Mobilitätsformen, und wir brauchen die Fläche.

Das löst aber die aktuellen Staus nicht auf.

Wenn es auf den Autobahnen läuft, ist es in der Stadt erträglich. Problematisch wird es während der Tunnelsanierung.

Können bessere Bustakte helfen?

Wäre das so schlimm?

Ein neues Quartier auf dem Postareal muss die nächsten 100 Jahre Bestand haben. Wir und unsere Nachfolgegenerationen leben hier, der Investor ist dann weg.

Ihre Kritik orientiert sich nicht nur an städtebaulichen Gesichtspunkten...

Das wesentliche Problem ist die Anlieferung eines geplanten Lebensmittelmarktes und eines Drogeriemarktes, der über zwei Etagen gehen soll. In Höhe der Reinigung Nährich ist eine Zufahrt mit Ladezone ohne Wendemöglichkeit geplant. Wenn die Sattelzüge kommen, müssen sie warten, bis die Ladenzone frei ist und dann rückwärts hereinfahren. Sie können sich vorstellen, was dann in der Eltinger Straße los ist. Wir haben nun einmal nur die Nord-Süd-Verbindung im Zentrum.

Ein Problem, das mit einer Umplanung gelöst werden könnte.

Hoffentlich. Aber auch der normale Verkehr wird uns in Schwierigkeiten bringen. Bisher ist die Rede von bis 1700 zusätzlichen Autos. Wenn aber ein großer Supermarkt funktionieren soll, können diese Zahlen nicht realistisch sein. Vielmehr müssen wir mit weit mehr als dem Doppelten rechnen. Zumal direkt neben dem Postareal das Layher-Quartier ist. Problematisch finde ich zudem, dass der Investor auf dem Brückenschlag zum Marktplatz keine Fahrräder zulassen will. Die sollen am Rande der Eltinger Straße fahren. Mit Blick auf unsere Bemühungen die Altstadt zu beleben, geht das gar nicht!

Etliche Pläne müssen demnach überarbeitet werden. Das kostet viel Zeit.

Eine Verzögerung ist das kleinere Übel.

„Problematisch wird es während der Tunnelsanierung“

Muss beim Thema Innenstadtverkehr nicht komplett umgedacht werden? Oberbürgermeister Cohn, die Grünen und selbst die CDU können sich vorstellen, dass die Eltinger Straße zwei- statt vierspurig wird.

Darüber kann man nachdenken, wenn auf der Straße ohnehin Sanierungen anstehen. Das ist noch nicht der Fall. Angesichts der rasanten technischen Entwicklung wissen wir doch gar nicht, was in fünf Jahren ist. Vielleicht gibt es dann das autonome Fahren oder andere Mobilitätsformen, und wir brauchen die Fläche.

Das löst aber die aktuellen Staus nicht auf.

Wenn es auf den Autobahnen läuft, ist es in der Stadt erträglich. Problematisch wird es während der Tunnelsanierung.

Können bessere Bustakte helfen?

Leonberg ist eine Stadt der kurzen Wege. Ein Fußgänger braucht in der Regel im Zentrum von A nach B maximal 15 bis 20 Minuten. Damit der Nahverkehr das toppen kann, brauchen wir kürzere Routen und schnellere Taktzeiten. Da ist in der Tat Optimierungsbedarf. Um aber ein seriöses Konzept zu machen, brauchen wir Zahlen über den Ziel- und Quellverkehr, also die innerörtlichen Fahrten. Das fordern wir schon seit anderthalb Jahren.

Die Verkehrsdiskussion hängt eng mit der Wohnungsproblematik zusammen.

Und da sind wir räumlich wieder beim geografischen Ausgangspunkt unseres Gesprächs: Die alte Schuhfabrik liegt direkt neben dem Postareal. Im Dezember hat der Gemeinderat eine Untersuchung beschlossen, um festzustellen, was dort möglich ist: renovieren oder neu bauen?

Was bevorzugen Sie?

Wir gehen davon aus, dass eine Renovierung teurer sein wird. Da das Gelände der Stadt gehört, besteht hier echtes Potenzial für bezahlbaren Wohnraum.

Und was passiert mit den Künstlern und der Jugendmusikschule, die in der alten Schuhfabrik untergebracht sind?

Die könnten eine neue Logis im ehemaligen Arbeitsamt finden. Wir gehen davon aus, dass das Gebäude bald der Stadt zur Verfügung stehen wird.

Viele sprechen sich für den Erhalt der alten Schuhfabrik aus, nicht nur Künstler.

Die Frage lautet doch: Was ist wichtiger – bezahlbarer Wohnraum oder der Erhalt des Stadtbildes einer alten Fabrik? Wobei wir nicht an der Steinturnhalle rütteln. Die steht nicht zur Disposition.

Es gibt ja noch andere Möglichkeiten für neue Wohnungen.

Wobei wir aufpassen müssen, dass die Innenstadtverdichtung im Rahmen bleibt. Nehmen Sie das neue Layher-Quartier. Da sind die Wohnungen so dicht beieinander, dass ein Salzstreuer für vier Haushalte reicht. Der braucht einfach nur über den Balkon gereicht zu werden.

Die Kreissparkasse plant einen Neubau in der Grabenstraße mit etlichen Wohnungen.

Diese extrem dichte Bebauung können wir aus städtebaulichen und ökologischen Gründen nicht mittragen.

Was ist mit den Quartieren an der Berliner Straße und am Unteren Schützenrain?

Die wurden im Februar mehrheitlich beschlossen. Seither ist aber nichts passiert. Wir gehen davon aus, dass hier bezahlbarer Wohnraum entsteht.

Arbeitet die Stadt nicht schnell genug?

Die Verwaltung setzt gerne ihre eigenen Ziele um und schiebt Ratsbeschlüsse auf die lange Bank. Zudem sind im Rathaus größere strukturelle Veränderungen im Gange. Dabei muss die Leitung aufpassen, dass die Verwaltung sich nicht zu sehr mit sich selbst beschäftigt und die Sacharbeit nicht in den Hintergrund gerät.

Ist das Kritik am OB?

Herr Cohn setzt viel in Gang, bleibt aber bei der Umsetzung nicht immer am Ball.

„Der OB müsste konsequenter sein“

Bei der Umstrukturierung des Kultur- und Sportamtes hat Cohn mit Vehemenz auf seine eigene Organisationshoheit hingewiesen.

Dagegen ist auch gar nichts zu sagen. Der OB hat gesagt, dass die neue Konzeption von den Mitarbeitern mitgetragen wird. Wir hören aber teilweise Stimmen, dass dies die Lesart des Oberbürgermeisters wäre. Warten wir ab, ob am Ende ein Mehrwert herauskommt, dann ist es okay.

Dass die Bäderbetriebe aus einem Kulturamt ausgelagert werden, klingt plausibel.

Dennoch bin ich skeptisch. Das Personal und die Kosten bleiben die gleichen. Zwar müsste am Anfang kein Geld mehr aus dem städtischen Haushalt fließen, aber dieser Effekt wird in ein paar Jahren verpuffen. Vielmehr besteht die Gefahr, dass die Verluste der Bäderbetriebe über den Wasserpreis gedeckt werden, der auch von den Stadtwerken erhoben wird. Das bliebe ausschließlich an den Verbrauchern in Leonberg hängen. Das darf auf keinen Fall passieren.

Geld wird die Stadt durch die neuen Blitzer verdienen, die im gesamten Stadtgebiet aufgestellt wurden.

Das ist eine sehr unpopuläre Einnahmequelle. Vielleicht hat der OB deshalb auf sein Recht verzichtet, die Standorte der Blitzer selber zu bestimmen und hat den Gemeinderat vorgeschoben.

Ihre Meinung über Martin Cohn scheint nicht gerade euphorisch zu sein.

Wie gesagt: Er hat gute Ideen, stößt vieles an, müsste es aber konsequenter verfolgen. Vor allem fände ich es richtig gut, würde er in Leonberg wohnen.