Im Ludwigsburger Frauenhaus stehen insgesamt 19 Plätze zur Verfügung – für den gesamten Landkreis.

Ludwigsburg - Nicht während des ersten Lockdown, sondern danach suchten mehr Frauen Schutz im Frauenhaus. Im Lockdown war die Unsicherheit groß – für viele offenbar zu groß, um alleine oder mit Kindern die Wohnung nebst gewalttätigem Partner zu verlassen. Wie ist die Ansteckungsgefahr im Frauenhaus, sind ausreichende Hygienemaßnahmen gegeben? Mit all diesen Fragen habe man in der Pandemie erst einmal umgehen lernen müssen, sagt Arezoo Shoaleh.

 

Arezoo Shoaleh ist die pädagogische Leiterin von „Frauen für Frauen“, dem Trägerverein des Frauenhauses. Die Einrichtung bietet 19 Plätze für Frauen aus dem gesamten Landkreis. Die Zimmer befinden sich an drei Standorten in Ludwigsburg. „19 Plätze für den Landkreis, das ist sehr, sehr wenig. Das reicht nicht einmal nur für die Stadt Ludwigsburg.“

Drei bis vier Anfragen für das Frauenhaus gab es täglich vor Corona, seit den Lockerungen seien es vier bis fünf, berichtet Shoaleh. „Insgesamt decken die vorhandenen Frauenplätze den Bedarf im Land nicht“, sagt Shoaleh.

Landkreise helfen sich aus

Seit 2011 gibt es kein Frauenhaus mehr im Kreis Böblingen. Für Arezoo Shoaleh ist das ein Unding: „Es muss in jedem Landkreis ein Frauenhaus geben. Es ist ein Skandal, dass es einen Landkreis gibt ohne Frauenhaus.“ Ob seit dem Aus für das Böblinger Frauenhaus in Ludwigsburg die Zahl der Hilfe suchenden Frauen aus dem Kreis Böblingen zugenommen habe, darüber gebe es keine eigene Statistik, sagt sie. Zumal sich die Landkreise schon immer gegenseitig aushelfen würden, wenn Frauen gefährdet seien.

Der Bedarf sei ihr zufolge weitaus größer, als Plätze vorhanden sind. Umso mehr schätzt Arezoo Shoaleh, dass die Fachberatung vor Corona eine Aufstockung bekam – „zum Glück“. So könne man eine Hilfe etwa bei Trennung, Essstörung und sexualisierter Gewalt relativ schnell anbieten. Schnell ist gleichwohl relativ: Die Frauen müssen immer noch zwei bis drei Wochen warten, vorher seien es vier bis fünf Wochen gewesen.

Für alle Frauen offen

Jede Frau, die Gewalt erlebt – egal durch wen und in welcher Form – kann sich an das Frauenhaus Ludwigsburg wenden. Es bietet nach eigenen Angaben jeder von Gewalt betroffenen Frau und ihren Kindern Schutz und Unterstützung an – unabhängig von kultureller oder ethnischer Herkunft, Religionszugehörigkeit, sozialem Status, Alter oder Lebensweise.

Gewalt gebe es quer durch alle sozialen Schichten, bestätigt Shoaleh. Der Schein trüge, wenn der Anteil von Frauen mit Migrationshintergrund im Frauenhaus groß sei. Die Ehefrau eines Richters oder Politikers könne sich eben eher ein Hotelzimmer leisten, um Abstand zu gewinnen.