Statt Jahreshauptversammlung in der Turnhalle sendet die Feuerwehr Leonberg einen Livestream aus dem Studio.

Leonberg - Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Niemand kennt das vermutlich so gut wie die Einsatzkräfte der Blaulichtorganisationen. Und so fanden sich am Freitagabend eine Handvoll Verantwortlicher der Freiwilligen Feuerwehr Leonberg nicht in der Staigwaldhalle in Warmbronn ein, wie es turnusgemäß vorgesehen war. Sondern in einem kleinen Studio im Gewerbegebiet Ezach. Statt mit rund 300 Personen, von der Jugend- und der Altersabteilung bis hin zu Gästen aus Politik, Verwaltung und von befreundeten Organisationen, gemeinsam zu essen, zu trinken, sich zu unterhalten und den Grußworten und Berichten zu lauschen, saß der Rest daheim vor dem Rechner und verfolgte die Jahreshauptversammlung als Livestream im Internet. Die Corona-Pandemie macht es möglich und notwendig.

 

Besondere Einblicke ins Innenleben der Feuerwehr

„Wer hätte gedacht, dass wir das mal so abhalten müssen? Ich nicht. Und wir hoffen, es bleibt ein einmaliges Ereignis“, sagte der Gesamtkommandant Wolfgang Zimmermann zur Begrüßung. Auch wenn es nicht der erhoffte Rahmen der jährlichen Veranstaltung war, so haben die Kameraden doch einen sehr interessanten und kurzweiligen Abend zusammengestellt. Zwischen kurzen Interviews im Studio gab es immer wieder eingespielte Videos, die den Alltag der Einsatzkräfte sowie die Höhe- und Tiefpunkte aus den Abteilungen zeigten. Und auch immer wieder Einblicke in das Innenleben der Feuerwehr gewährten, die ohne das Videoformat so gar nicht möglich gewesen wären.

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Etwa wenn Thomas Elbert, der stellvertretende Abteilungsleiter in Höfingen, von einem Brand in einem Mehrfamilienhaus berichtet, bei dem noch zwei Menschen im Haus waren. Oder wenn Jens Köwilein berichtet, dass er sich nach der Alarmierung zu einem Brand mit dem Fahrrad auf den Weg zur Feuerwache macht. „Ich war etwa 200 Meter vor der Wache, als es hinter mir zur Explosion kam“, schilderte er im Video. Das war am 30. Oktober, der Abend, an dem ein Feuer auf der Baustelle des neuen Vereinssportzentrums des SV Leonberg/Eltingen ausbrach, bei dem mehrere Gasflaschen explodierten.

Für einander da sein

Ganz besonders eindrücklich schilderte Truppführer Paul Hild von der Abteilung Kernstadt die psychischen Anforderungen, etwa wenn die Feuerwehr zu Unfälle mit schwer oder gar tödlich verletzten Personen oder auch Suiziden gerufen wird. „Ich sag dann oft: Nicht so genau hinschauen. Was man nicht sieht, muss man nicht verarbeiten“, erzählte er im Videobeitrag. Auch wenn man anschließend zurück auf der Feuerwache ist, sei so ein Einsatz noch nicht beendet. „Wir sitzen dann zusammen und reden darüber. Da muss keiner alleine sein“, sagte Hild.

Der Zusammenhalt, die Kameradschaft wurden immer wieder betont. Und dass gerade diese unter der Corona-Pandemie leidet. Derzeit sind praktische Übungen ausgesetzt. Die Fahrzeugbesatzungen sind reduziert. Das gemeinsame Bier nach dem Einsatz fällt aus. „Da geht es nicht ums Bier, sondern ums zusammensitzen. Zu sehen, wie es dem anderen geht“, erklärt Zimmermann.

Ohne Praxis kein Abschluss

Dass die Feuerwehr Leonberg digital aufgerüstet hat, zeigte sich nicht nur anhand der Online-Versammlung. Sämtliche Ausbildungs- und Übungsinhalte finden derzeit nur als Webinare statt. „Aktuelle Themen werden aufgegriffen und in Präsentationen gepackt. So haben wir zum Beispiel an zwei Abenden 120 bis 130 Atemschutzträger theoretisch unterweisen können“, erklärte Frank Aisenbrey in einem Einspieler. Vieles, was die Theorie betrifft, werde man wohl auch zukünftig beibehalten.

Das Thema Ausbildung spielte an dem Abend eine besonders große Rolle. „Wir schieben da eine ganze Bugwelle vor uns her“, sagte Kommandant Zimmermann. Denn ohne praktische Übungen und Workshops gibt es keine neuen Dienstgrade, können Ausbildungen nicht abgeschlossen und Jugendliche nicht in die aktive Wehr aufgenommen werden.

Der große Einsatz kann jederzeit kommen

Auf dem Podium ging es dann auch um das geplante Ausbildungszentrum im Kreis Böblingen. „Die Idee gibt es schon viele Jahre. Wegen Corona liegt aber jetzt alles vorerst auf Eis“, berichtete der Kreisbrandmeister Guido Plischek. „Es gibt sonst keinen Rahmen, wo wir große Einsätze trainieren können. Die aber jederzeit passieren können“, verdeutlichte er.

Die Lage Leonbergs an zwei Autobahnen und dem Engelbergtunnel sei dabei von besonderer Bedeutung. Die Tunnelbaustelle, die im April beginnen soll, sei auch die große Herausforderung für dieses Jahr. Einen Schwerpunkt will der Gesamtkommandant auch setzen bei einem Thema, das eher weniger geläufig ist: dem Kampf gegen den Feuerkrebstod. „Der Rauch und die Giftstoffe bleiben in der Kleidung hängen. Hier fehlt es uns noch die nötige Ausstattung“, sagt Zimmermann. „Es geht hierbei um die Gesundheit unserer Kameraden.“