Wie ist die Stimmung bei den Nutzern des Stuttgarter Flughafens? Das verrät mit Lichtkunstfestival „Aufstiege“ ein Kunstprojekt der besonderen Art. Und auch sonst gibt es in der Landeshauptstadt und rund um Stuttgart viel Überraschendes zu entdecken.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Wie mag die Laune in diesem Moment auf dem Stuttgarter Flughafen sein? Fröhlich? Freundlich? Milde? Vom Wochenende an verrät es ein Smiley. Das Künstlertrio Julius von Bismarck, Benjamin Maus und Richard Wilhelmer hat zu dem Lichtkunstfestival der Kulturregion Stuttgart auf dem Tower des Flughafens ein „Public Face“ installiert, ein riesiges Smiley-Gesicht aus Neonröhren, das anzeigt, wie die Stimmung auf dem Flughafengelände ist. Eine Software soll es möglich machen, dass der Gesichtsausdruck der Passanten erkannt wird und der Smiley entsprechend lacht – oder die Mundwinkel nach unten zieht.

 

Das „Public Face“ war sicher die Arbeit, für welche die meisten Hürden gemeistert werden mussten. „Ich habe nicht gedacht, wie viele Genehmigungsverfahren dafür nötig sind“, sagt Joachim Fleischer. Der Stuttgarter Lichtkünstler leitet das Lichtkunstfestival der Kulturregion Stuttgart künstlerisch. An diesem Freitag ist der Startschuss. Nach der Eröffnung im Württembergischen Kunstverein Stuttgart wird dann am Samstagabend in 25 Städten der Region Stuttgart das Licht angehen. Bis zum 9.Oktober werden 37 Lichtinstallationen im öffentlichen Raum zu sehen sein – jeweils zwischen 20 und 24 Uhr.

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„Aufstiege“ nennt sicht das Thema des Festivals – was sich einerseits auf die Topografie bezieht, auf die Hügel, Aufstiege, Staffeln, aber auch gesellschaftliche Auf- und Abstiege meint. Für die Regionaldirektorin Nicola Schelling steht das Thema Aufstiege aber auch für die Innovationskraft im Land; schließlich sage man ja auch, „dass jemandem ein Licht aufgeht.“ Nachdem die Kulturregion Stuttgart eine längere Zeit auf der Kippe gestanden habe, so Schelling, wolle man mit dem Festival nach außen hin die kulturelle Zusammenarbeit der Regionen sichtbar machen.

So wird mit dem internationalen Lichtkunstfestival die Tradition fortgesetzt: 1992/93 fand mit der „Platzverführung“ das erste internationale und höchst erfolgreiche Skulpturenprojekt der Kulturregion statt, an das noch heute die Installationen des US-Künstlers Sol LeWitt in Ostfildern erinnern. Auch die „Aufstiege“ sind nun wieder international angelegt. Joachim Fleischer, der in einer eigenen Arbeit in Nürtingen die Stufen des Neckarwehrs mit Licht abtastet, hat 42 Lichtkünstler aus zehn Nationen eingeladen, Plätze im öffentlichen Raum zu bespielen.

Auch die Esslinger Burg wird ganz neu erleuchtet

So wird der slowenische Künstler Igor Stromajer auf die Hochwacht der Esslinger Burg Sätze projizieren, allerdings ins Morsealphabet übersetzt. Der japanische Klang- und Videokünstler Ryoji Ikeda wandelt bei seiner Arbeit „test pattern“ Texte, Töne, Fotografien und Filme in binäre Codes um, die in den Bühnenraum der Akademie für Darstellende Kunst in Ludwigsburg projiziert werden und in welche die Besucher förmlich eintauchen können. Wer dagegen in jüngerer Zeit über die Treppe in Schwäbisch Hall gegangen ist, kann nun seinen Spuren nachhängen. Martin Hesselmeier und Andreas Muxel zeichnen mit Scheinwerfern die Bewegungen der Passanten nach und lassen eine Art Choreografie der Erinnerung entstehen.

Für ihn als Künstler sei es spannend gewesen, Kollegen einladen zu können, die er schätze, meint Joachim Fleischer. Lichtkunstfestivals gebe es inzwischen zahlreiche. Vor allem sei derzeit das sogenannte „Mapping“, das kartografische Erfassen von Gebieten in Mode und werde häufig auf Hausfassaden projiziert. Er dagegen wollte auch die philosophische Dimension des Lichts miteinbeziehen und „weitergehen“, wie er es nennt. Mit wenigen Ausnahmen setzen die Künstlerinnen und Künstler übrigens auf weißes Licht. „Es geht nicht um Jahrmarkt und Buntheit“, sagt Fleischer, „sondern um Inhalt“.