Die Schulen bereiten sich für den verlängerten Lockdown überwiegend auf Digitalunterricht vor.

Kreis Böblingen - Von Ferien ist bei den Schulleitern im Kreis in diesen Tagen nicht viel zu spüren. Sie haben alle Hände voll zu tun, die neuesten Vorgaben aus dem Kultusministerium umzusetzen. „Dass der Schulbeginn bei uns so stattfinden soll, wie es angekündigt wurde, ist zwar eine vernünftige Maßnahme, um die Corona-Pandemie einzudämmen, doch der Notwendigkeit der ortsnahen Bildung ist damit nicht Genüge getan“, sagt Jürgen Schwarz. Der Schulleiter des Rutesheimer Gymnasiums ist fest davon überzeugt, dass der Präsenzunterricht große Vorteile gegenüber dem Fernunterricht hat. „Letzterer kann die Nachteile nicht wettmachen“, sagt Jürgen Schwarz.

 

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Das habe ihm jüngst auch ein Gespräch mit zwei seiner Gymnasiasten bestätigt. „Was Schüler vorher so gut wie nie gesagt haben, tun sie jetzt: Uns fehlen die Schule und der Unterricht.“ Die Jugendlichen würden das Miteinander mit Gleichaltrigen einerseits und den klar strukturierten Unterricht vermissen. „In dem Gespräch wurde deutlich, dass zuhause die Struktur fehle, die der Präsenzunterricht vorgibt“, sagt Schwarz. Für eine Familie mit womöglich weiteren Kindern und Homeoffice sei es nicht einfach, sich selbst eine Struktur zu geben, die 100-prozentig auf den Unterricht abgestimmt ist.

Vieles läuft über die digitale Lernplattform

„Vorbereitet auf den Schulstart sind wir, denn alle sind permanent einsatzbereit“, sagt der Schulleiter. Dass es so kommen werde, wie es jetzt geplant ist, sei zu erwarten gewesen und deshalb keine Überraschung. Am heutigen Freitag ist eine Online-Dienstbesprechung zwischen Schulleitung, Personalrat und dem IT-Team sowie dem Kollegium anberaumt, in der das zukünftige Unterrichtskonzept und die Inhalte besprochen werden. „Über die Moodle-Lernplattform und das Video-Konferenz-Tool wollen wir eine gute Mischung schaffen und nach dem Stundenplan Aufgaben bereit stellen, um den bestmöglichen Fernunterricht zu sichern“, erläutert Schwarz.

Zu der individuellen Erreichbarkeit der Lehrer soll es zudem als Kontaktmöglichkeit eine wöchentliche Konferenz der Schüler mit den Lehrkräften geben. Da kann die Gruppengröße sehr unterschiedlich sein.

Corona-Konzept schon im Juli erstellt

An der August-Lämmle-Schule in Leonberg hat man sich bereits im Juli ein Corona-Unterrichtskonzept gegeben. „Da ging es zum einen darum, dass alles einheitlich abläuft. Dass Aufgaben etwa immer am gleichen Wochentag abgegeben werden müssen“, erklärt Schulleiter Karl Heinz Wetterauer. So müssten Eltern, die mehrere Kinder an der Grund- und Gemeinschaftsschule haben, nicht an mehreren Tagen vorbeikommen.

Zum anderen sollte der Unterricht so geplant werden, dass er im Präsenz- aber auch im Fernunterricht gehalten werden könne. „Auch werden wir für den Heimunterricht die Wochenstruktur vorgeben. Diesen Wunsch haben die Eltern geäußert“, sagt Wetterauer, der darauf hinweist, dass die Anforderungen für die Klassen 1 bis 4 und 5 bis 10 sehr unterschiedlich sind.

Kopieren, damit Eltern nicht drucken müssen

Am Montag werden die ersten Aufgaben im Windfang am Eingang ausgelegt. „Wir möchten den Eltern nicht die Aufgabe aufbürden, unzählige Blätter ausdrucken zu müssen“, erklärt der Schulleiter. Nicht alle verfügten über die nötige Ausstattung. Dabei sei nicht die Hardware wie Laptop, PC oder Drucker das größte Problem, sondern ein fehlender Internetanschluss. „Es gibt bei uns nicht eine Klasse, wo es nicht mindestens einen Fall gibt“, sagt Wetterauer.

Die August-Lämmle-Schule verwendet wie viele Leonberger Schulen die Schulcloud. Dort gibt es nicht nur alle Materialien zum Download, sondern auch einen Messengerdienst, und auch der Videounterricht der Gemeinschaftsschule wird darüber abgehalten. „So ein Download erfordert jetzt keine große Datenmengen. Das geht auch übers Handy. Aber die Videokonferenz verschlingt unheimlich viel Datenvolumen“, verdeutlicht er das Problem – für das die Schule bislang noch keine Lösung gefunden hat.

So machen es die Schulen in Böblingen und Sindelfingen

Der Schulleiter des Böblinger Lise-Meitner-Gymnasiums (LMG), Hans Oberhollenzer, weiß, dass die Zeit drängt. „Die E-Mail von Ministerialdirektor Michael Föll kam am Dreikönigstag um 15.52 Uhr“, sagt er. Er und sein Team haben nun zwei Werktage Zeit, um den Unterricht der kommenden Wochen vorzubereiten. Und der wird überwiegend auf digitalem Wege stattfinden. „In den Klassenstufen fünf bis zehn sind wir komplett im Fernunterricht bis zum 31. Januar“, sagt er. Das war die Vorgabe aus dem Ministerium.

Klausuren müssen in Präsenz geschrieben werden

Bei den Kursstufen, also in den elften und zwölften Klassen, gestaltet sich die Situation schwieriger. Denn bei den Zwölftklässlern, die in diesem Jahr ihr Abitur ablegen müssen, steht bis zum 31. Januar in vielen Fächern noch die zweite schriftliche Klausur im Halbjahr an. Die muss allerdings im Schulhaus erfolgen, da es noch keine rechtliche Grundlage für Online-Prüfungen gibt, erläutert der Schulleiter. Also werden die Schüler zum Prüfungstermin ans ansonsten leere Lise-Meitner-Gymnasium zitiert – freilich unter strengen Hygieneauflagen.

Die digitale Ausstattung der Schüler sei vergleichsweise sehr gut, denn die Stadt hat alle Böblinger Schüler mit einer Lizenz für Microsoft Office 365 ausgestattet, sie haben Zugang zum Konferenzprogramm Microsoft Teams. Die Fünftklässler hätten noch am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien sogenannte Convertibles mit nach Hause bekommen, also eine Kombination aus Tablet und Notebook. „Bestellt haben wir die mit Geld aus dem bundesweiten Fördertopf allerdings schon im Juli“, sagt Oberhollenzer und verweist auf die Lieferengpässe.

Tablet-Klasse an der Berufsschule

„Bereits am Dienstag haben uns etliche Ausbildungsbetriebe kontaktiert, die wissen wollten, wie es mit dem Unterricht für ihre Auszubildenden weitergeht“, berichtet Karin Bieber-Machner, die Leiterin des Sindelfinger Berufsschulzentrums Gottlieb-Daimler-Schule 2. Doch erst am Feiertag sei ein Schreiben des Kultusministeriums eingetroffen. „Aber wir wussten, dass wir Fern- und Onlineunterricht organisieren müssen.“ Technisch sei die Berufsschule darauf gut vorbereitet. Die Schüler des Technischen Gymnasiums arbeiten als sogenannte Tablet-Klassen seit Jahren viel digital.

Schwieriger sei es mit manchen Berufsschulklassen wie Friseuren oder Schreinern. „Für berufspraktische Themen brauchen wir Präsenzunterricht“, betont Bieber-Machner. Auch die Zwischenprüfungen im Februar und März seien nur in Präsenz zu bewältigen. „Da warten wir noch auf Anweisungen aus dem Ministerium.“ Vor allem um eine Gruppe sorgt sich die Schulleiterin: „Die Teilnehmer in unseren Vorbereitungsklassen, die Kinder aus Zuwanderer- und Flüchtlingsfamilien besuchen.“ Bei diesen bestehe die Gefahr, dass sie abtauchen.

Alle Schulleiter allerdings eint, dass sie den Unterricht von Woche zu Woche neu organisieren müssen. Immer davon abhängig, was die Regierung verordnet.