Der Kreis Böblingen hat eine der niedrigsten Impfquoten des Landes. Weil Daten von Betriebsimpfungen und Privatärzten nicht in die Statistik einfließen, könnte die Zahl aber deutlich höher sein. Landrat Bernhard fordert eine Neuberechnung.

Kreis Böblingen - Die Landkreisverwaltung geht davon aus, dass die Impfquote im Landkreis Böblingen wohl höher ist als angenommen, weil nicht alle Daten in die vom Land erstellte Übersicht einfließen. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Impfquote neu berechnet werden muss“, sagt Landrat Roland Bernhard in einer Pressemitteilung. Zum Stand 9. Januar wurde im Kreis eine Quote (Vollimmunisierung) von 64,5 Prozent angegeben. Für die Boosterimpfung wird ein Wert von 27,1 angegeben – der letzte Platz im Land.

 

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Die Impfquoten, aufgeschlüsselt auf die einzelnen Landkreise, werden vom Sozialministerium regelmäßig veröffentlicht. Darin stellen sich die Ergebnisse, wie berichtet, für den Kreis Böblingen jeweils mäßig bis schlecht dar. Landrat Bernhard hatte schon mehrfach betont, dass man davon ausgehe, dass diese Darstellung fehlerhaft sei – es würden nicht alle Zahlen hier einfließen, die relevant wären.

Drei große Impfaktionen nicht Teil der Statistik

Wie berichtet, werden die Impfungen seitens der Betriebsärzteschaft und der Ärzteschaft in den Impfzentren des Landkreises direkt an das RKI gemeldet. „Wir müssen davon ausgehen, dass diese nicht auf die Kreise heruntergebrochen werden“, erklärt Landrat Roland Bernhard. Das würde auch beispielsweise die drei Großaktionen an den Adventswochenenden im Glaspalast Sindelfingen betreffen.

Allein an Boosterimpfungen wurden in den Impfzentren des Kreises (seit Dezember) und in den Testimpfzentren (seit Oktober) rund 69 000 Impfungen verabreicht, heißt es im Landratsamt. In der jüngsten Aufstellung des Landes seien für den Landkreis Böblingen 106 618 Boosterimpfungen aufgeführt, damit ein prozentualer Anteil von 27,1 Prozent und im Landesvergleich der letzte Platz. Davon entfallen rund 80 000 auf die niedergelassene Ärzteschaft. Die Differenz könne nicht alle anderweitig verabreichten Impfungen enthalten, weil allein im Kreisimpfzentrum (KIZ) und in den Testimpfzentren (TIZ) schon die genannten rund 69 000 Boosterimpfungen gemacht worden seien.

Impfquote soll beim Landesschnitt liegen

Hintergrund, so der Landkreis, könnte sein, dass das Land in seiner Statistik die Zahlen der kassenärztlichen Vereinigung und die der direkt vom Land oder Landkreisen in den Impfzentren eingesetzten Ärzte zusammenführt. Im KIS, den TIZen, beim Impfmarathon und auch bei weiteren Aktionen in den Gemeinden seien jedoch hauptsächlich pensionierte Ärztinnen und Ärzte und Ärztinnen und Ärzte mit Privatzulassung tätig, diese seien keine niedergelassenen Ärzte der KV und nutzen deshalb eine andere Abrechnung.

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„Wir sind aktuell dabei, weitere Zahlen zu erheben und zusammen zu führen und werden Anfang nächster Woche aufschlüsseln, wo der Kreis Böblingen unserer Meinung nach steht“, so Bernhard. Man gehe mindestens vom Landesschnitt oder einer etwas überdurchschnittlichen Platzierung im Landesvergleich aus, was die Quote bei den Erst-, Zweit- bzw. Boosterimpfungen angeht. Auch dann gelte es aber immer noch zu berücksichtigen, dass auch der Landkreis wohl nicht alles zusammentragen kann. „Denn dankenswerterweise gab und gibt es viele Ärztinnen und Ärzte, die auch außerhalb der großen Aktionen geimpft haben – aus oben genannten Gründen dann aber ebenfalls nicht erfasst und auch für den Landkreis nicht greifbar sind. Außerdem gehen wir im Landkreis Böblingen mit seinen vielen Arbeitsplätzen davon aus, dass Impfungen bei der Betriebsärzteschaft eine größere Rolle spielen als in anderen Landkreisen“, heißt es weiter.

Landrat bedauert Übermittlungsprobleme

Landrat Bernhard bedauert die Unschärfe in der Darstellung, die aufgrund verschiedener Meldewege und Datenquellen entsteht. Man habe diese Frage auch dem Land bereits gestellt. „Letztlich zählt aber, dass wir wissen, was wir hier im Kreis mit unserem wirklich sehr guten Impfangebot bewirken“, so der Landrat. „Die Zahlen passen einfach nicht zueinander, weshalb wir davon ausgehen müssen, dass die Impfquote neu berechnet werden muss“, betont er abschließend. red