Der Weil der Städter Tommy Helber hat die australische Nationalmannschaft auf die Titelkämpfe in der Schweiz vorbereitet.

Weil der Stadt - Die Geschichte des australischen Faustballs ist eine, die sich ein Hollywoodregisseur nicht besser hätte ausdenken können. Sie beginnt 2014 mit fünf Jugendfreunden, die sich in einem Pub in Melbourne überlegt hatten, wie sie es schaffen könnten, einmal das Nationaltrikot ihres Landes tragen zu können. Alle fünf waren ambitionierte Hobbysportler, doch für die großen australischen Sportarten wie Rugby oder Australian Football waren sie nicht gut genug. Also kamen sie zu dem Schluss, dass sie sich in einer Sportart ausprobieren mussten, die auf der australischen Sport-Landkarte noch ein weißer Fleck war – und sie landeten beim Faustball.

 

Ihr Ziel war die Weltmeisterschaft 2015 in Argentinien, die sie als 13. unter 14 teilnehmenden Teams abschlossen – immerhin vor dem anderen WM-Neuling Südafrika. Damit hätte die Geschichte des australischen Faustballs beendet sein können, doch inzwischen hatte die Idee von der neuen Sportart immer mehr Anhänger gefunden: Da zahlreiche Freunde und Arbeitskollegen des Quintetts Spaß am Faustball gefunden hatten, wollte man auf dem fünften Kontinent das Projekt nicht einfach beenden, zu dem Ende 2015 ein Stamm von rund 80 Spielern zählte.

Projekt ohne Bezahlung

Zwei Jahre lang versuchten die Australier, sich in der für sie jungen Sportart mit Blick auf die Weltmeisterschaft 2019 weiter zu verbessern. 2017 sahen sie dann ein, dass ernsthafte Fortschritte nur mit Hilfe externer Experten möglich sind und fragten beim Internationalen Faustballverband (IFA) an, ob jemand verrückt genug wäre, sich für ein derartiges Projekt ohne Bezahlung begeistern zu lassen. Über Alwin Oberkersch, den Vorstand des Bundesligisten TV Stammheim, landete die Anfrage auch bei Tommy Helber, auf den das Anforderungsprofil „Experte“ in vollem Umfang zutraf.

Der heute 52-Jährige hat in den 1980er-Jahren bei der Spvgg Weil der Stadt und beim TV Unterhaugstett in der Bundesliga gespielt und war auch bei Endrunden um die deutsche Meisterschaft am Ball. Als Trainer führte er den TV Unterhaugstett in die Bundesliga und erreichte mit seinem Team 2012 den IFA-Pokal, das Pendant zur Euro-League im Fußball. Seit 2014 hatte Tommy Helber jedoch eine Faustball-Pause eingelegt, nachdem ihn sein Job als IT-Experte bei DHL nach Bonn geführt hatte.

Unterstützung vom Arbeitgeber

„Meine erste Reaktion war: Das ist verrückt“, erinnert sich Tommy Helber noch gut, als ihn die Anfrage erreichte. Australien hatte er bis dahin nicht einmal als Urlaubsziel erwogen. Doch wenig später machte sich eine chinesische Weisheit in seiner Gedankenwelt breit, nach der einem Menschen Dinge nicht ohne Grund begegnen. Er fragte bei seinem Arbeitgeber nach, ob es eine Möglichkeit gebe, für einen längeren Zeitraum den Job niederzulegen, ohne nach 25 Jahren im gleichen Unternehmen kündigen zu müssen. Als sein Abteilungsleiter die Idee „einfach nur cool“ fand und ihm grünes Licht gab, bot sich Tommy Helber beim australischen Faustballverband an.

Dann stellte sich allerdings gleich das nächste Problem: 13 Bewerber hatten sich für die verrückte Idee gefunden. Dennoch wurde der Weil der Städter schnell zum Favoriten des Verbandes. „Man hat dort bald erkannt, dass ich der Mannschaft mehr vermitteln kann, als ein 21-jähriger Zweitliga-Spieler, der das Projekt auch noch mit einem ,Work-and-Travel‘-Programm verbinden will“, erzählt Tommy Helber, der sich am Ende gegen einen brasilianischen Nationalspieler durchsetzte, der auf einem Aussteiger-Trip war.

Die WM-Vorbereitung

Da das Projekt auf Freiwilligen-Basis lief und der 52-Jährige sämtliche Kosten aus eigener Tasche bestreiten musste, einigte er sich mit dem Verband darauf, von September bis November 2018 und von April bis Juli dieses Jahres nach Down Under zu fliegen, um die Spieler vor Ort weiterzuentwickeln. Übernachtet hat er in den Häusern und Wohnungen seiner Spieler. Im Dezember 2018 verlängerte er seinen Aufenthalt auf dem fünften Kontinent, um das Nachbarland Neuseeland kennenzulernen.

Doch aus dem geplanten Privattrip wurde nichts – auch der neuseeländische Faustballverband hatte mitbekommen, was für ein Experte sich auf dem fünften Kontinent aufhielt und bat Tommy Helber, auch mit der neuseeländischen Nationalmannschaft ein paar Trainingseinheiten zu absolvieren. Helber sagte zu.

Starker Faustball-Neuling

Bei zwei Vorbereitungsturnieren in Australien im November 2018 und im Mai dieses Jahres in Neuseeland zeigte sich, dass das junge neuseeländische Team mit einigen Ex-Volleyballern und -Footballern in den Reihen das stärkste unter den Faustball-Neulingen ist. „Meine Australier haben einen Altersdurchschnitt von über 30, da lernt man manche Dinge in Sachen Ballbehandlung nicht mehr“, weiß Tommy Helber, dessen Team in Weil der Stadt ein weiteres Vorbereitungsturnier mit seinen beiden Ex-Vereinen und Neuseeland bestritten hat.

Nach Abschluss der Weltmeisterschaft im schweizerischen Winterthur ist das Kapitel australische Nationalmannschaft für Tommy Helber nun beendet. „Jetzt muss ich wieder mein Konto in Ordnung bringen, ich habe einen fünfstelligen Betrag in das Projekt gesteckt“, erzählt der Weil der Städter. Bereut hat er es jedoch nicht eine Sekunde: „Ich habe Erfahrungen gemacht, die mit Geld nicht zu kaufen sind“, lautet seine Bilanz.

Die WM-Ergebnisse

Die Faustball-Weltmeisterschaft hat vom 11. bis zum 17. August im schweizerischen Winterthur stattgefunden. Erstmals waren 18 Mannschaften am Start, das sind vier mehr als bei der WM 2015 im argentinischen Cordoba, wo bereits ein neuer Teilnehmerrekord aufgestellt worden war.

Die deutsche Nationalmannschaft hat ihren Titel mit einem 4:0-Erfolg über Österreich im Finale verteidigt. Australien unterlag im Spiel um Platz 15 dem Konkurrenten aus Belgien mit 2:3. Das neuseeländische Team setzte sich im Spiel um Platz elf gegen Dänemark mit 3:0 durch.