Im November sind keine Karnevalsveranstaltungen erlaubt. Doch auch darüber hinaus haben die Fasnetvereine die meisten ihrer Veranstaltungen in der Saison 2020/2021 inzwischen abgesagt.

Weil der Stadt/Renningen - Ist das Virus am Ende nicht doch ein Narr? Nicht nur, dass es seit Januar die ganze Welt zum Narren hält. Es drängt jedermann zum Tragen von Masken – ein Privileg, das vorher allenfalls Hexen, Schelme und Teufel innehatten. Und speziell den Weil der Städter Narren unterstellen kecke Zungen, jetzt mit dem AHA-Ruf im ganzen Land bekannt zu werden. Erst am Montag hatte die Kanzlerin höchst selbst in der Bundespressekonferenz unterstrichen, dass „die AHA-Regeln“ auch im Dezember, also nach dem aktuellen Teil-Lockdown, natürlich noch gelten würden.

 

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Zum Schmunzeln ist es den Ober-Narren aber nicht zumute, weder dem Renninger Jürgen Heugel, Präsident der Schlüsselgesellschaft und seit September Präsident des Landesverbandes, noch Michael Borger, Vorsitzender der Weiler Narrenzunft AHA. Der hätte sich die eigentümliche Verbreitung ihres Narrenrufs anders vorstellen können. Am Montag nun haben die Weiler per Pressemitteilung für Klarheit gesorgt und alle Veranstaltungen für diese Saison abgesagt. „Ich glaube, verwundert hat das keinen“, sagt Borger. „Wir wollten die Entscheidung aber nicht länger hinauszögern.“

Ist ein Umzug mit Abstand möglich?

Viel war im Sommer überlegt worden, denn Narren sind spontan, kreativ und eigentlich durch nichts unterzukriegen. Erwogen wurde ein Umzug mit erheblich vergrößerter Strecke, damit die Zuschauer Abstand einhalten können. Überlegt wurde auch, ob nicht kleinere Veranstaltungen mit wenigen Leuten im abgegrenzten Bereich – zum Beispiel dem Spitalhof – möglich sind. Schließlich lag die Hoffnung im Sommer ja auf Freiluft-Veranstaltungen. „Wir haben immer gesagt, wir sind unabhängig und gehören keinem Verband an, deshalb können wir uns auch noch im Dezember entscheiden“, sagt Borger.

Die Entscheidung gibt es jetzt. Und trifft die Weiler Narrenzunft auch wirtschaftlich. Festkosten wie die für das Spital und das Narrenmuseum bleiben. Allein für die Versicherungen müssen sie einen fünfstelligen Betrag aufbringen. „Wir verhandeln, ob wir da einen Bonus bekommen“, sagt der Narrenchef. „Nach dem Golfkrieg 1991, als schon mal eine Saison ausfiel, haben wir eine Rücklage aufgebaut, um so eine Notlage verkraften zu können.“

Jetzt heißt es abwarten. Denn wer die Weiler Narren kennt, kann sich nur schwerlich vorstellen, dass sie wirklich gar nichts machen. Michael Borger lässt sich noch nichts entlocken. „Wir haben ein super Media-Team“, sagt er nur. „Uns zeichnet Spontaneität und Kreativität aus.“

Ein paar Türchen möchte sich die Renninger Schlüsselgesellschaft ebenfalls offenhalten. Auch die RSG hat viele ihrer geplanten Veranstaltungen bereits im Oktober abgesagt. Einzelne Events stehen aber noch unter Vorbehalt und könnten zum Beispiel als interne Veranstaltung umgesetzt werden, sagt Jürgen Heugel.

Die Auftaktsitzung hatte die RSG am 14. November eigentlich schon fest im Kalender stehen – wenn auch als interne Veranstaltung ohne Gäste von außen. „Wir haben das Mitte Oktober schon entschieden, dass wir das so machen wollen. Die Gefahr einer Ansteckung ist zu groß, wenn so viele Leute da sind, das könnten wir gar nicht händeln.“ Mit der Corona-Verordnung für November sind jedoch sämtliche Veranstaltungen rund um Karneval und Fasching explizit verboten worden. Also kein Faschingsauftakt in Renningen, nicht einmal im kleinen Kreis.

„Wir wollen unser Brauchtum weiter leben“

Mit Blick auf das Folgejahr hat die RSG im Vorfeld schweren Herzens bereits mehrere Veranstaltungen abgesagt: den Brauchtumsabend im Januar sowie die Faschingsparty und den Kinderfasching im Februar. Unter Vorbehalt stehen noch die Prunksitzung, der Familiennachmittag und die Faschingsbeerdigung. „Eine Prunksitzung hätten wir natürlich gerne, eben intern. Und ebenso die Beerdigung, wir wollen unser Brauchtum weiter leben.“

In welcher Form das aber überhaupt möglich sein wird, das muss sich erst zeigen und hänge auch davon ab, was die Regierung im November dazu verkündet. Doch der Wunsch ist auf jeden Fall da – nicht nur bei den erwachsenen Mitgliedern.

„Die Jugendlichen leiden am meisten, weil sie das, was sie hier einstudieren, nirgends zeigen können“, so Heugel. „Es wäre super, wenn unsere Mädels mal wieder tanzen können, schließlich trainieren sie dafür das ganze Jahr über.“ Manche Jugendlichen schwenken aufgrund der Ausfälle bereits auf andere Hobbys um, hat Jürgen Heugel beobachtet. „Das Ehrenamt leidet sehr unter der Situation“, bedauert er.

Die Renninger und Weiler sind mit ihren Entscheidungen nicht allein. Die Ruademser Gumpa Hexa aus Rutesheim haben sich dazu entschlossen, „dem Vorbild vieler anderer Narrenzünfte zu folgen und unser Häs 2021 im Schrank zu lassen“, kündigen sie auf ihrer Facebook-Seite an. „Aufgrund der derzeitigen Lage ist es nicht möglich, Fasnet zu feiern, wie wir sie alle kennen.“ Gleiches beim 1. Karnevalverein Leonberg und bei den Heimsheimer Schleglerhexen.

Die Schleglerhexen feiern sonst – entgegen der üblichen Tradition – ihre Hexentaufe immer kurz nach dem 11. November. Zum ersten Mal seit der Gründung vor 25 Jahren wird das nicht möglich sein. „Diese Entscheidung wurde nicht erst nach der Absage des rheinischen Karnevals getroffen, sondern bereits vorher“, berichtet der Verein. Nun müssen die Schleglerhexen zusehen, wie sie den Ausfall der eigenen Veranstaltungen kompensieren können, da bereits die Hocketse im August ausfallen musste. Sie und die Hexentaufe seien einige der wenigen und wichtigen Verdienstmöglichkeiten, die der kleine Verein für seinen jährlichen Etat zur Verfügung hat.