Am Elften im Elften nimmt der AHA-Zunftmeister Daniel Kadasch den ausgefallenen Weihnachtsmarkt schwer aufs Korn.

Weil der Stadt - Die Sonne steht strahlend über der Stadt, das Thermometer zeigt zweistellige Temperaturen an. Die Besucher drängen sich entlang der oberen Stuttgarter Straße und auf dem Marktplatz. Sie warten gespannt, bis es endlich 11.11 Uhr ist und der Büttel die Glocke läutet.

 

Das ist der Startschuss für die Weiler Fasnet, die entgegen der schwäbisch-alemannischen Tradition – Maskenabstauben ist da nämlich erst rund um den Dreikönigstag im Januar – schon mit dem rheinischen Karneval beginnt. Besser könnte das Wetter an diesem Sonntag gar nicht sein.

Selbst wenn der Boss der Weiler Narrenzunft AHA eigentlich etwas abergläubisch ist: „Wenn das Wetter am 11.11 gut ist, dann ist es beim Großen Umzug schlecht“, hat Michel Borger mal erzählt. Ein schlechtes Omen also für die anstehende Kampagne?

Aufreger: Der ausgefallene Weihnachtsmarkt

Von wegen! Der Auftakt hat es gleich mal in sich. Im Nikolauskostüm kommt der Zunftmeister Daniel Kadasch – neben ihm sein treuer Knappe und stellvertretender Zunftmeister Tobias Reim – standesgemäß in der Kutsche daher. Und geht gleich ordentlich in die Vollen. Sein Aufregerthema: Der Kepler-Weihnachtsmarkt, der in diesem Jahr bekanntlich ausfällt.

„ Und wie ich so strolch’ durch den finsteren Weiler Ort und Tann (weil hier in der Stadt sind immer alle Straßenlaternen aus), da rief’s mich mit heller Stimme an: „Fasnetsnikolaus, junger Spund, in Weil der Stadt läufts nemme richtig rund! Weil, der Weihnachtsmarkt im Städtle, seit vielen Jahren richtig toll und Menschen und Weihnachtsstimmung geladen rappelvoll, soll plötzlich fallen einfach aus, heißt: wir Städter müssen bleiben daheim, allein zu Haus!“

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Der Kadasch versteht die Welt nicht mehr. War dieser ausschließlich von Ehrenamtlichen organisierte Weihnachtsmarkt doch stets ein (über)regionales Ereignis, das Händler und Besucher von weit her angelockt hat. Und jetzt soll das alles plötzlich vorbei sein? „Das alte Orgateam hat es gemacht grandios, mit dem neuen ging’s dann glei mal voll in die Hos! Stände vom Viehmarkt bis nuff fast noo an d’alter Ritter, in vier Wocha wärs wieder Zeit – s’wird aber nix, des isch richtig bitter! Dass es nun im Städtle gibt keinen Weihnachtsmarkt mehr nach so viel Engagement – da hen net nur ab paar wenige richtig, richtig pennt. Große Töne und viel TamTam war im März no zu hören, das alles klar geht mit den neuen motivierten studierten Dompteuren. Die Stadtverwaltung hält sich dabei leise, ganz leise zurück und hofft, dass es die Neuen scho machen, für die Stadt, zum Glück!“

Ein richtig dickes Ei

Kadasch stichelt weiter: Immer wieder hat das neue Orga-Team zusammengesessen. Um irgendwann festzustellen, dass so ein Markt ein Haufen Arbeit ist: „Koi Zeit, koi Luscht und doch meh Gschäft als erscht gedacht, den Weihnachstmarkt nobrenga isch net so schnell erbracht. Und grad mal a paar Wochen später im Juni war es scho wieder vorbei. Das neue Orga-Team hat uns allen gelegt, a richtig dickes Ei.“

So redet sich der Zunftmeister immer mehr in Rage, und rechnet, mehr als Knecht Ruprecht denn als Nikolaus, mit dem Orga-Team und der Stadt ab: Gesucht hen se lange nach einem neuen Macher, wenn des gelingt, dann wär’s für die Stadt an Kracher. Doch trotz Stadtmarketing mit Büro am besten Platz, für den Weihnachtsmarkt hat die Verwaltung keine Leut – jetzt hoffen wir auf den Neuen – Herrn Katz! Er wär der richtige um des älles zu jongliera der müsst nur des Getriebe der Stadt a Mal jetzt schnell neu schmiera. Des isch nämlich no komplett voller Sand, natürlich noch von Widmaiers Weiler Sommer Strand! Für den Strandsommer ging der Verwaltung das Personal net aus. Koi Wunder bei Sonne, Cockatils und Dancemusic vorm Haus. Für den Weihnachtsmarkt dagegen hat man keine Lust, das sorgt bei uns alle dagegen für großen Frust.“

Selbst sind die Vereine

Doch so einfach will man das hier im Städtle nicht hinnehmen. Schließlich haben die stolzen Keplerstädter einen Ruf zu verlieren: „Wenn man so umgeht mit der Weiler Tradition, bleibt am Schluss nix meh außer an Hauffa Hohn. Doch jetzt können mer no endlos hier pläärra, des bringt aber nix, mir brauchet a Lösung für des Jahr – und zwar fix!

Und so haben Nikolaus Kadasch und seine Siebenerräte, die im hübsch geschmückten Wagen angereist sind, ein Geschenk fürs Weiler (Narren-)Völkchen dabei: „Am 8. Dezember, so will es die Weiler Tradition, wird es geben einen Weihnachtsmarkt in der Spittel-Region. Gemeinsam mit a paar andere ongaschierte (engagierte) Verei, laden wir euch zum Verweilen an unsere Ständle ei. Am Marktplatz, in der Hofstätt, am Viehmarkt und natürlich im Spital, Leut kommet an diesem Samstag – ihr habt die Wahl.“

Ein Raunen geht durch die Besuchermenge, der Fasnets-Nikolaus erntet Applaus. Kadasch verspricht: „Es erwarten euch viele Überraschungen und natürlich gschmückte Weihnachtsständle, basset aber uff, sonscht henner am Dag druff a Brändle. Deswegen ischt heut der 11.11. schon mal zum Üben da, auf den ersten und letzten illegalen Weihnachtsmarkt im Spittl drei donnernde AHA AHA AHA!“

Das Hexle darf noch aus der Kiste

Die Sonne taucht den Weiler Marktplatz in helles Licht, die gehisste Narrenflagge weht im Wind. Die Augustiner-Brass-Band spielt Weihnachtslieder, es wird geschunkelt und angestoßen. Und dann endlich darf, wie es die Fasnets-Tradition so will, auch das Hexle (diesmal der fünfjährige Noah Pfau) aus der Kiste: „Am 3. März nämlich, da isch unser großer Fasnetsumzug traditionell, deswega will unser Fasnetshexle aus der Kischte, und zwar schnell! Packet uff des Gschenk, ganz fix, dann kanns Hexle raus, und es macht euch zur Begrüßung an Knicks.“

Dann wird gefeiert, das können die Weiler Narren und ihre Besucher schließlich besonders gut. Mit, wie soll es auch anders sein, drei donnernden AHA AHA AHA! Und in Vorfreude auf den Großen Umzug am 3. März. Dann ist schon wieder Frühling.