Familie Kara aus Hemmingen hat zwei Kinder – die wegen der Pandemie nun zuhause lernen müssen.

Hemmingen - Gehofft hat sie, dass die Schule jetzt wieder öffnet – daran geglaubt hat Mehtab Kara aber nicht wirklich. „Wir wünschen uns für unsere Kinder Schule. Der Präsenzunterricht ist das A und O. Er muss weitergehen“, sagt die 40-Jährige aus Hemmingen. Doch nicht nur sie und ihr gleichaltriger Mann Recep hegen diesen Wunsch – auch Tochter Ayla, 8, und Sohn Arda, 14. „Ich vermisse meine Freunde, die Lehrer, die Schule“, sagt Ayla. Die Hausaufgaben mache sie lieber dort. Bis Mitte Dezember traf sie sich einmal in der Woche mit einer Freundin. Nun bleibt nur das Telefon. „Seit den Ferien sind alle zuhause“, sagt Mehtab Kara. Der persönliche Kontakt zu anderen Menschen fehle sehr, stellt sie fest – „uns allen“. Das sei hart. Als Ayla voriges Jahr nach dem ersten Lockdown wieder zur Schule durfte, habe sie sogar im Hort möglichst lange sein wollen, erinnert sich Mehtab Kara.

 

Inzwischen besucht Ayla die zweite Klasse der Hemminger Grundschule, Arda die neunte der Markgröninger Realschule. Doch statt mit Freunden die Schulbank zu drücken, verbringen die zwei viel Zeit am heimischen Küchen- und Schreibtisch. Wegen der Corona-Krise sind die Schulen noch bis mindestens 31. Januar geschlossen. Heimunterricht ist angesagt.

Der Wochenplan kommt per E-Mail

Darin haben die Karas mittlerweile viel Übung, war der erste Lockdown doch vor fast einem Jahr. Mitte März war Ayla gerade einmal wenige Monate in der ersten Klasse. Derzeit erhält sie regelmäßig per E-Mail einen Wochenplan mit den Aufgaben für Deutsch und Mathe. Mehr Fächer hat sie nicht. Weil Ayla – in der Regel selbstständig in ihrem Zimmer am Schreibtisch – schnell und gut arbeite, sei sie meist rasch fertig – und löst dann auch noch die Zusatzaufgaben, erzählt Mehtab Kara, die auch Elternvertreterin ist und im Marketing arbeitet. „Wir haben wirklich Glück mit unserer Schule. Die Lehrer leisten viel Vorarbeit. Wir wissen über alles Bescheid und haben eine Menge Tipps bekommen.“ Da habe sie von anderen Eltern ganz anderes gehört, gar von Chaos an den Schulen. „Viele Schulen hängen hintendran, auch bei der Digitalisierung.“

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Aylas Aufgaben kontrollieren stets die Eltern, ehe sie sie per E-Mail an die Lehrer zurückschicken. „Das ist unser Job. Die Hausaufgaben haben wir auch schon immer angeschaut. Ayla soll den Stoff richtig lernen“, sagt Mehtab Kara. Und trotzdem: „Wir sind keine Pädagogen und werden auch keine Lehrer ersetzen. Wir bringen den Stoff auf unsere Art bei. In der Schule nehmen die Kinder die Inhalte anders auf.“ Ihr Mann Recep ergänzt, da werde man als Eltern durchaus kreativ: Im ersten Lockdown lernte Ayla mit dem Euro zu rechnen. Sie tat sich schwer, also holte der Papa den Kaufladen runter ins Wohnzimmer und verpasste jedem Artikel einen Preis. „In der Schule wird auch viel spielerisch beigebracht“, sagt er und lacht.

Zwei Arbeitsplätze zuhause

Gleichwohl wissen die Karas, in welch’ komfortablen Lage sie sind: Beide können im Homeoffice arbeiten und sich ihre Arbeitszeit relativ flexibel einteilen. „Wir sind auch technisch gut ausgestattet. Das ist nicht in jeder Familie selbstverständlich“, sagt Recep Kara, der im Vertrieb arbeitet. Jeder habe seinen Arbeitsplatz. Und die Kinder hätten rasch verstanden, dass die Eltern arbeiten müssen, obwohl sie zuhause sind.

Während Ayla es nach Möglichkeit selbst überlassen bleibt, wann sie ihre Aufgaben erledigt, hat Arda viel Online-Unterricht. „Jetzt fließen auch die Nebenfächer ein, das war im ersten Lockdown nicht so“, sagt Mehtab Kara. Sogar Kunst und Sport stünden nun auf dem Stundenplan. Abends berichtet Arda von seinem Schultag. Manchmal mache sie sich Sorgen, sagt Mehtab Kara: Etwa wenn in den Klassenchats mit den Lehrern seine Nachfragen untergehen, dabei sei er doch so wissbegierig und hake gerne nach. „Die Mitarbeit ist sehr wichtig für die Note“, sagt Mehtab Kara. Klassenarbeiten seien schon lange keine mehr geschrieben worden. Insgesamt sei es viel schwerer, Schüler in der weiterführenden Schule als in der Grundschule zu motivieren.

Der Tag beginnt um 6.30 Uhr

Die Karas legen Wert darauf, dass sie und ihre Kinder trotz Homeoffice und Heimunterricht einen strukturierten Tag haben: Der Wecker klingelt spätestens um 6.30 Uhr. Danach ziehen sich alle an, so, als würden sie wie gewohnt das Haus verlassen und frühstücken gemeinsam. Dann geht jeder ans Werk. Wenn Ayla mit der Schule fertig ist, liest sie gerne Bücher oder ruht sich aus. „Wir spielen auch viele Spiele, gehen spazieren und machen Sport“, sagt Recep Kara. Schließlich müsse man die Kinder bei Laune halten – und ständig vor dem Fernseher oder an der Playstation sitzen sollen sie nicht. Corona habe die Familie zusammengeschweißt. Dennoch sind sich alle einig: „Wir wollen unser normales Leben zurück.“