Beim Erntebittgottesdienst in der Eltinger Michaelskirche steht die Rolle der heimischen Landwirte im Mittelpunkt. Musik gibt es von Dennis Müller und Jörg Langer.

Leonberg - Eigentlich hätte der Obst-, Garten- und Weinbauverein Eltingen-Leonberg (OGWV) an diesem Wochenende sein Sommerfest gefeiert. Ein Besonderes wäre es gewesen, denn der Verein feiert sein 100-jähriges Bestehen.

 

Von feiern kann allerdings in Zeiten der Corona-Pandemie kaum die Rede sein, denn alle größeren Veranstaltungen sind abgesagt. Doch ein Event hat der evangelische Pfarrer Dennis Müller in der Eltinger Michaelskirche gemeinsam mit dem OGWV-Vorsitzenden Albert Kaspari ermöglicht. Statt des ursprünglich auf dem Kirchplatz geplanten großen Freiluft-Gottesdienstes fand der Erntebittgottesdienst diesmal in der Michaelskirche statt. Mit den mittlerweile schon gut eingeübten Sicherheitsvorkehrungen: Am Eingang werden die Kontaktdaten der Besucher erfasst, selbst die Kugelschreiber zum Ausfüllen der Bögen sind fein säuberlich getrennt nach „desinfiziert“ und „gebraucht“. Die Abstandsregeln gelten auch in der Kirche, jede zweite Kirchenbank bleibt frei und Mundschutz ist Pflicht.

Gottesdienst mit Mundschutz

Trotz dieser Vorschriften ist die Kirche gut besucht, weitere Zuhörer verfolgen den Gottesdienst vom Gemeindehaus aus oder via Internet. „So kann sogar meine Familie in meiner Moselheimat Zell per Live-Stream den Gottesdienst verfolgen“, freut sich Albert Kaspari über den guten Zuspruch.

Und der Auftakt in diesen Sonntag wird auch dem Anspruch an ein geselliges Sommerfest durchaus gerecht. Im musikalischen Duo spielen der Eltinger Landwirt und Stadtrat Jörg Langer am Akkordeon und Pfarrer Dennis Müller am elektronischen Klavier gemeinsam den „Wirbelwind“-Walzer. Da Gesang für die Gottesdienst-Besucher noch nicht erlaubt ist, singen und musizieren Jörg Langer und Dennis Müller im Duett mit gebührendem Abstand und begleiten zusammen mit der Organistin Lilly Back den Gottesdienst musikalisch.

Lesen Sie hier: Alle News zur Corona-Pandemie

Im Mittelpunkt aber stehen die Fürbitten von Landwirten, Hobbygärtnern und Wengertern für eine gute Ernte vor dem Hintergrund eines ganz aktuellen Themas: dem Umgang mit Lebensmitteln. Die Landwirte und OGWV-Mitglieder erinnern in einem Sprech-Chor an die Bedeutung regionaler Landwirtschaft, die erst in Corona-Zeiten wieder als systemrelevant erkannt werde. Die Wertschätzung der Lebensmittel sei bei vielen verloren gegangen, immer sei alles verfügbar zu niedrigem Preis. Deutschland lebe im Überfluss, die Regale seien voll und so würden jedes Jahr mehr als zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Fremden Märkten werde oft mehr Vertrauen geschenkt als der heimischen Landwirtschaft. Die Kritik an diesem System verbinden die Landwirte und OGWV-Mitglieder mit der Bitte, diese Verhaltensmuster zu verlassen und nur zu kaufen, was auch gebraucht werde und was auch verbraucht werden könne. Und das möglichst regional.

In seiner Predigt greift auch Pfarrer Müller das Thema auf. Die aktuelle Krise mit all den Verunsicherungen der Menschen am Beispiel Hamsterkäufe zeige, dass viele nicht mehr einschätzen könnten, was Landwirtsfamilien für die Versorgung der Menschen leisten. Denn angesichts von schwierigen Wetterbedingungen, gestörten Lieferketten, mangelnden Arbeitskräften und dem Thema Pflanzen- und Tiergesundheit seien eine sichere Ernte und ausreichend Lebensmittel nicht selbstverständlich. „Hoffnungsfroh“, sagt Pfarrer Müller, „stimmt die Tatsache, dass Direktvermarkter einen Nachfrageboom erleben.“ Müller verbindet dies mit der Hoffnung, „dass die aktuelle Krise nachhaltig die gesellschaftliche Wahrnehmung von Landwirtschaft bewegt und verändert“.

Viele setzen auf heimische Produkte

„Gerade in diesen Zeiten setzen viele verstärkt auf den eigenen Garten und kaufen wieder mehr heimische Produkte“, beobachtet auch der Albert Kaspari, der Vorsitzende des Obst-, Garten- und Weinbauvereins. „Viele Anfragen gerade von Familien nach freien Gärten haben mich in den letzten Wochen erreicht.“ Nicht alle können und wollen natürlich Eigenversorger sein. „Aber ein wenig mehr Aufmerksamkeit für unsere regionalen Produkte unterstützt die heimischen Landwirte und Händler und trägt zum Klimaschutz bei“, ergänzt Kaspari.