Kriegsweihnacht

Es kamen die ersten Todesnachrichten, Verluste in der Nachbarschaft, Freunde, Verwandte, alles wurde grau und düster, hoffnungslos. Schwer ging die heimelige Weihnachtszeit von uns. Woran konnte man denn noch glauben? An einen Sieg? Krieg in der ganzen Welt, Weihnacht und Heiliger Abend bei Freund und Feind. Alle wollten Weihnachtsfrieden, vielleicht ruhten die Waffen in der Heiligen Nacht? Aber der Krieg ging weiter.

 

Mein letzter Weihnachtsbesuch 1944 im Elternhaus

Es war kalt und dunkel im Zug. Auf der zweistündigen Fahrt konnte man die Mitreisenden nur als Schattenbilder erkennen. Erst beim Aussteigen in der Stadt konnte ich sehen, dass Soldaten und Verwundete dabei waren. Dann ging ich allein durch dunkles, verschneites Land in mein Heimatdorf.

Kein Lichterschein begleitete mich, keine Laterne, alle Häuser verdunkelt, kein feindliches Flugzeug sollte etwas erkennen, kein Mensch weit und breit. So stapfte ich allein und sehr traurig durch das geliebte Land, suchte auf der letzten Anhöhe, dem Quorkberg, vergeblich nach einem Lichtschein im Heimatdorf. In der warmen Schneiderstube wurde ich erwartet. Der Vater saß an der Nähmaschine, die Mutter schürte ununterbrochen Tannennadeln in die Glut des Herdes und backte die bescheidenen Christbrote. Mehl, etwas Butter, Zucker und Eier gab es auf dem Dorf noch, man hatte ja auch Lebensmittelkarten und Hühner.

Auf dem Tisch lag der letzte Brief aus Stalingrad, der lungenkranke Bruder sehnte sich nach einem Weihnachtsgruß. Das Päckchen an ihn war zurückgekommen, er lebte sicher schon nicht mehr. Die wenigen Kirchenbesucher froren und zitterten. Keiner ahnte, dass es das letzte Weihnachten in der Heimat sein würde.