Aida Franke wohnt in Renningen in einem Plus-Energiesparhaus. Die Besitzerin preist ihr Wohnmodell: Das Wohnklima sei fantastisch.

Überall Fahrräder. Zwei hängen platzsparend am Geländer, das die Treppe zu den Kinderzimmern rahmt, und eine Handvoll stehen vor dem Haus. Kurz vor 16 Uhr kommt eine außergewöhnliche Reisegruppe an und mit ihr noch mehr Fahrräder: Sie besteht aus sieben Männern und einer Frau, alle haben graue Haare, manche kommen zu Fuß, die meisten mit E-Bikes aus Leonberg.

 

Haus produziert mehr Wärme, als es braucht

„Wir fahren Räder ohne Strom“, sagt Aida Franke, die schon dadurch als Besitzerin des von ihr so bezeichneten „Plus-Energiesparhauses“ in Renningen zu erkennen ist, dass sie im Tanktop im Wohnzimmer steht. Der sie umringenden, in Winterjacken gehüllten Reisegruppe erklärt sie: „Es produziert mehr Energie, als es braucht.“ Von der Decke baumelt eine Hängematte.

Aida Franke, Religionslehrerin von Beruf, ist vor 15 Jahren mit ihrer Familie ins Energiesparhaus im Neubaugebiet gezogen, dessen Errichtung sie nach eigenen Angaben 40 000 Euro mehr gekostet habe als der Bau eines konventionellen Hauses gekostet hätte. „Das Wohnklima ist fantastisch“, sagt sie.

40 Zentimeter dicke Wände mit Zellulose-Dämmung und dreifach verglaste Fenster, die so gut wie nie geöffnet werden, würden für eine beachtliche Energieeffizienz sorgen: „98 Prozent der Wärme bleibt im Haus“, sagt Aida Franke. Weil auf dem Pultdach eine große Photovoltaik-Anlage Energie produziert, kann die Besitzerin den Überschuss ins Netz einspeisen: „Wir verdienen monatlich 370 Euro damit“, sagt sie.

Warme Luft wird ins Haus gepumpt

Das energetische Herzstück des Hauses weilt freilich im Keller, die Wärmepumpe. Es ist ein Kasten, den man, sofern technisch bewandert, bestimmt bestaunen könnte. Weniger technisch bewanderten Zeitgenossen erklärt ein Vertreter des Energiekreises der lokale Agenda Leonberg gerne die Besonderheit.

Normal sei eine sogenannte Luft-Wasser-Wärmepumpe, sagt der Mann in der Winterjacke. In diesem Haus jedoch sei eine Luft-Luft-Wärmepumpe verbaut: „Da wird Luft aufgeheizt und ins Haus gepumpt.“ Der Energiekreis hat zu dieser nachmittäglichen Wohnzimmer- und Kellerbesichtigung eingeladen, „damit die Leute, die Interesse an so etwas haben, sehen, wie es funktioniert“, sagt Rüdiger Beising, der Sprecher des Energiekreises.

„Es ist ganz wichtig, dass man eine Lüftungsanlage einbaut, sonst hat man ein Schimmelproblem“, sagt Aida Franke, die Hausbesitzerin im blauen Tanktop, während man davon ausgehen darf, dass durch die entsprechenden Öffnungen in der Decke besagte Luft ins Wohnzimmer strömt. „Ich hatte noch nie das Gefühl, das Fenster aufmachen zu müssen“, sagt sie auch.

An der Wand hängen zwei schöne Gitarren: „Die untere hat mein Mann selbst gemacht“, sagt Aida Franke. Er mache auch alle Wartungen selbst und zwar so gut, dass die Familie Lob einheimse, wenn tatsächlich mal ein externer Experte die Anlage in Augenschein nehme: „Wir wollten so wenige technische Geräte wie möglich, weil dann kann nichts kaputtgehen“, sagt die Hausbesitzerin, die auch einen Holzofen im Wohnzimmer stehen hat, den sie eigenen Angaben zufolge fünf mal im Jahr benutzt. Öfter sei nicht nötig: „Auch die Wände sind wohlig angenehm. Bei Freunden spürt man auf dem Sofa: Es kommt kalt von der Wand. Bei uns nicht.“

Klimaschutz aus dem Neubaugebiet

Die gefühlte Behaglichkeit hat freilich ihren Preis: „Ich glaube, wir haben 400 000 Euro für unser Haus gezahlt“, sagt Aida Franke, während sich ihr Mann, der gerade von der Arbeit heimgekommen ist, in der Küche zu schaffen macht. Sie ist sehr vom Nutzen ihres persönlichen Wohnmodells überzeugt: „Wenn jeder vor 15 Jahren so ein Haus hätte bauen müssen, hätten wir jetzt kein Energieproblem“, sagt sie und erzählt, dass sie vergeblich versucht habe, ihre Nachbarn von den Vorteilen einer Photovoltaik-Anlage überzeugen. „Ja, was, wo, wie?“ hätten sie geantwortet.

Aida Frankes „Plus-Energiehaus“ ist übrigens die eine Hälfte eines Doppelhauses, dessen andere Hälfte von außen ganz konventionell aussieht, mit einem Dach, wie es auch Kinder zeichnen.

Einer der acht Teilnehmer der Führung durch das Renninger Plus-Energiesparhauses fragt noch nach Schaltplänen für das Haus mit den dicken Wänden, aber die hat Aida Franke gerade nicht parat. Dafür nennt sie Gründe für ihr energetisch ambitioniertes Wohnmodell: „Es macht einfach Sinn“, sagt sie, „vom Energiesparen über das Wohngefühl bis zum Klimaschutz.“ Dann sagt sie noch „als Religionslehrerin“, dass Klimaschutz für sie auch Menschenschutz bedeuten würde. Und auf ihre Besucher in den Winterjacken warten draußen E-Bikes.