Im Juni 1956 haben Johann und Franziska Rudorfer in der katholischen Kirche in Leonberg geheiratet. Nun feiert das Ehepaar aus Höfingen Eiserne Hochzeit.

Leonberg - Im Land ihrer Kindheit hätten sie sich wohl kaum kennengelernt, zu weit wohnten die Familien von Johann und Franziska Rudorfer damals im Sudetenland auseinander. Erst nachdem sie zusammen mit vielen anderen Menschen ihre Heimat im heutigen Tschechien verlassen mussten, kamen sie sich räumlich näher. Johann Rudorfer landete nach dem Krieg zunächst im Barackenlager in Malmsheim und fand anschließend mit seiner Familie ein neues Zuhause am Bopser in Gerlingen. Noch heute erinnert sich der 85-Jährige lebhaft an den langen Schulweg hinunter in die Stadt. Seine spätere Frau Franziska kam mit ihren Eltern nach Höfingen und wurde in einem Haus in der Kirchstraße untergebracht, das heute der Familie gehört.

 

Kein Geld für ein weißes Brautkleid

Bei der Frage, wie sich die jungen Leute kennengelernt haben, lächeln sie verschmitzt. Höfingen und Gerlingen liegen relativ nahe beieinander. Der junge Johann, der nach seiner Ausbildung zum Werkzeugmacher in Feuerbach arbeitete, war auf seinem Motorroller, einer Lambretta, viel unterwegs. Auf das Kennenlernen folgte bald die Hochzeit. Am 23. Juni 1956 heirateten die damals 16-Jährige und der gerade 20 Jahre alte Bräutigam in der katholischen Kirche in Leonberg. „Ich hatte noch nicht einmal ein weißes Brautkleid, wir hatten dafür kein Geld“, erinnert sich Franziska Rudorfer. „Wir waren sehr jung, doch wir sind immer noch zusammen. Aber man muss auch zusammenhalten“, betont sie und ihr Mann nickt zustimmend. „Ja, das haben wir immer“, sagt der 85-Jährige.

Und das galt gerade auch in schweren Zeiten, etwa als Johann Rudorfer nach einem schweren Unfall nicht mehr berufstätig sein konnte und viele Reha-Maßnahmen durchlaufen musste. Das sei die größte Herausforderung in ihrer 65-jährigen Ehezeit gewesen, schließlich wurde gerade ihr neues Haus gebaut und die Schulden mussten abbezahlt werden. „Aber wir haben es geschafft“, sagt Franziska Rudorfer.

Ein jeder muss mal nachgeben

Ihr Mann hat mit der Produktion von Saft aus eigenen Äpfeln von den zahlreichen „Stückle“ der Familie in der Umgebung von Höfingen erfolgreich ein neues Betätigungsfeld gefunden. Dabei unterstützte ihn die ganze Familie. In der Wohnung hängen Urkunden des Landkreises Böblingen, mit denen er 2019 und 2020 jeweils für den besten Kreisapfelsaft ausgezeichnet wurde. Früher hat die Familie auch auf dem Leonberger Wochenmarkt Äpfel verkauft.

Wenn Johann und Franziska Rudorfer ihre Eiserne Hochzeit feiern, wird das – nicht zuletzt Corona geschuldet – im kleinen Rahmen geschehen. Das Ehepaar hat drei Kinder, „auf die wir ganz arg stolz sind“, sieben Enkel und drei Urenkel. „Wir haben die Diamantene Hochzeit vor fünf Jahren alle zusammen in Hemmingen gefeiert“, erzählen sie. Einer der Söhne betreibt dort ein Bauunternehmen.

„Wenn wir alle geimpft sind, wollen wir zusammen essen gehen“, hat sich das Ehepaar vorgenommen. Was ist nun das Geheimnis einer so langen Ehe, was ist der Kitt, der sie zusammenhält? Die beiden schauen sich mit einem Lächeln an. „Ein jeder muss bei einem Streit halt mal nachgeben“, sagen beide.