Am Tag 1 nach dem Ende den Zwangsschließungen kommt das Geschäftsleben nur langsam in Gang. Ein Rundgang durch die Innenstadt.

Berliner Straße

Leonberg - Iris und Wolfgang Hummel nehmen es mit Humor: „Eigentlich wären wird jetzt in Peru“, sagt das Ehepaar. „Stattdessen kaufen wir uns in Leonberg ein Fahrrad.“ Die beiden sind nicht die einzigen, die den ersten Verkaufstag nach den coronabedingten Schließungen nutzen, um sich für aktive Frühlingstage auszurüsten. Im Rad-Center an der Berliner Straße herrscht reger Betrieb. Der Inhaber Joachim Mayer weist persönlich die Autos ein, damit sich auf dem Firmengelände niemand in die Quere kommt.

 

Sein Geschäft mit Werkstatt verteilt sich auf drei Gebäude. „Wir haben viel herausgeräumt, um Platz zu schaffen“, sagt Mayer, der mit seinem zehnköpfigen Team seit gut einer Woche auf den Tag X hinarbeitet – noch bevor offiziell klar war, dass eine Lockerung für Geschäfte kommt. Als Radgeschäft ist er nicht von der 800-Quadratmeter-Grenze betroffen. Und die Werkstatt war ohnehin offen.

Leo-Center

Luftlinie 500 Meter nordwestlich, im Leo-Center, haben längst nicht alle Läden auf, die es dürften. Im „King of Greens“ sind einige Mitarbeiter dabei, das vegane Restaurant für den Außer-Haus-Verkauf vorzubereiten. „Mittwoch oder Donnerstag müssten wir startklar sein“, sagt der Inhaber Dominik Sacher, der auch das Brauhaus am Bahnhof betreibt.

„Wir haben erst am Samstag erfahren, dass es am Monat weitergeht“, sagt Heiderose Schwenk. In kurzer Zeit hat die Chefin ihr Wollfachgeschäft mit den nötigen Sicherheitsvorkehrungen ausgerüstet und ist jetzt zufrieden: „Viele Kunden freuen sich, dass wir wieder da sind.“

Diese Erfahrung macht auch Daniel Goldberg. „Die Menschen sind gleich morgens gekommen, weil sie Reparaturaufträge hatten“, sagt der Juwelier. „Da hat sich einiges angestaut. Aber es wurde auch schon wieder Schmuck gekauft.“

Keine Zwangsschließung gab es für den Süßwarenhandel Hussel. Trotzdem war das Ostergeschäft nicht so gut wie sonst. „Wir haben etliche Schokohasen den Menschen im Samariterstift gespendet“, berichtet Ingrid Kraft. Naschereien sind aber auch nach den Feiertagen gefragt.

Ebenfalls durchweg geöffnet hat Optik Zerweck. Maximal zwei Menschen dürfen in den Laden. Eine Sicherheitsvorkehrung, die nicht nur auf Verständnis stößt: „Das Verhalten der Kunden schwankt zwischen diszipliniert und unmöglich“, erzählt Cathleen Riebau. „Manche wollen einfach nicht einsehen, dass es reicht, wenn ein einziger die Brille zur Reparatur abgibt. Auch dass verschiedene Kunden nun durch das Center einfach bummeln, findet sie „mehr als unpassend.“

Das Team der Buchhandlung Röhm hat ein effizientes System entwickelt, um die Kundenzahl zu begrenzen: Jeder der hinein will, bekommt einen kleinen Korb. Von denen werden aber nur sieben ausgegeben. „Auf 20 Quadratmeter lassen wir nur einen Kunden hinein“, sagt der Filialleiter Frederik Glaser. „Wir dürften mehr, aber wir sind vorsichtig.“

Zwar sind längst nicht alle Kunden im Leo-Center mit Maske unterwegs, doch ein Verkaufsschlager ist der Mundschutz allemal. „Am Samstag hat die Schlange bis Douglas gereicht“, schildert Yasemin Maltas von der Schneiderei Zara im ersten Stock. „Alle wollten Masken.“

Eltingen

So geht es auch dem Team vom Herrenausstatter Wibbel in der Hindenburgstraße. „Wir können keine Vorbestellungen mehr annehmen“, sagt der Juniorchef Marc Schmidt einem Kunden an der Tür. Er möge übermorgen wieder vorbeischauen. Die Familie hat ihren Eingang nach hinten verlegt. Am eigentlichen Eingang geht es jetzt heraus. „Damit die Kunden genügend Abstand haben, ist die Verkaufsfläche in drei Abschnitte unterteilt, berichtet Schmidt. „Trotzdem lassen wir maximal fünf Menschen gleichzeitig herein.“

Altstadt

So viel Platz hat Ella Brill in ihrem Modeladen am Marktplatz nicht. Maximal drei Personen sind zulässig, ist schon am Schaufenster zu lesen. „Das Ordnungsamt war am Morgen da und hat alles kontrolliert“, berichtet die Modehändlerin. Probleme hat sie am Tag 1 nach der fünfwöchigen Zwangspause nicht gehabt. „Unsere Kundinnen sind sehr diszipliniert.“ Was freilich der Kauflaune keinen Abbruch tut. Eine Kundin, die gerade ein Kleid anprobiert, bestätigt das aus der Kabine heraus.

Auch bei Ziegler, dem Fachgeschäft für Wohn- und Tischkultur, genießen viele Kunden das Gefühl, sich schöne Dinge endlich wieder in Ruhe anschauen zu können. „Die Menschen haben Nachholbedarf“, meint der Firmenchef Joachim Heller. „Das ist uns heute zugute gekommen.“ Dass nun ein wahrer Kaufrausch beginnt, hält der Vorsitzende der Werbegemeinschaft „Faszination Altstadt“ für unwahrscheinlich: „Wir sollten die Geigen nicht zu hoch hängen. Die Verunsicherung ist noch sehr groß. Aber es ist wichtig, dass das normale Leben wieder anläuft.“