Beim ehemaligen Eltinger Rathaus wurde der Mutter des weltberühmten Astronomen Johannes Kepler zu ihrem 400. Todestag ein Denkmal gesetzt.

Am ehemaligen Eltinger Rathaus, dem heutigen Stadtarchiv, steht seit kurzem eine grau gewandete Frauengestalt und blickt ehern auf das gegenüberliegende Haus. Dort, in der Carl-Schmincke-Straße 54 in Eltingen, ist sie geboren. Sie ist eine der berühmtesten Frauen der Engelbergstadt: Katharina Kepler. Jetzt, zu ihrem 400. Todestag, ist ihr ein Denkmal gesetzt worden.

 

Zur Einweihung der Statue sind so viele interessierte Bürger gekommen, dass zwischen altem Rathaus und dem gegenüberliegenden, brandneuen Café „Kepler’s“ fast kein Durchkommen mehr war. Die Besucher haben kurzerhand die Verkehrsberuhigung in die eigenen Hände genommen, wofür sich der Leiter des Kulturamtes Jonas Pirzer später herzlich bedankt hat.

In der sommerlichen Hitze wurde das Leben der Keplerin geschildert

Auch Bürgermeister a. D. Bernhard Schuler und das „Who’s who“ des Gemeinderats standen in der sommerlichen Hitze und haben sich aus dem Leben der Keplerin erzählen lassen. Das hat die historische Eltingerin, respektive Stadtführerin Gudrun Sach, zur Freude ihrer Besucher höchstpersönlich übernommen, sekundiert von einer anderen berühmten Persönlichkeit der Stadt, der Herzogin Sibylla von Württemberg alias Historikerin Ina Dielmann.

Begegnet sind sich die beiden zu ihrer Zeit wohl nie, doch ihr Zwiegespräch vor dem alten Rathaus sorgt für die historische Einbettung in die Stadtgeschichte. Was die Keplerin zu erzählen hatte, lässt das Bild einer Frau entstehen, die viel erlebt hat. Aufgewachsen in relativem Wohlstand und aus gutem Haus, heiratet sie den Soldaten Heinrich Kepler. Die Ehe war nicht eben glücklich, und nach dem Tod ihres Mannes zog Katharina Kepler vom Haus der Schwiegereltern in Weil der Stadt, wo sie seit der Hochzeit gelebt hat, nach Leonberg. Da sollte ihr begabter ältester Sohn Johannes die Lateinschule besuchen.

Mit knapp 70 Jahren der Hexerei angeklagt

Dem Vernehmen nach war die Keplerin kein liebenswürdiger Mensch, sie galt als zänkisch und mischte sich gerne ein. Mit knapp 70 Jahren wurde sie der Hexerei angeklagt. Während Herzogin Sibylla für die Heiltränke, die sie braute, geachtet wurde, wurde Katharina Kepler unter anderem ihr Kräuterwissen zum Verhängnis. Der Prozess fand auf Ersuchen ihres jüngsten Sohnes Christoph nicht in Leonberg statt, er fürchtete wohl um den guten Ruf seiner Familie.

Zwei Dinge halfen Katharina Kepler zum Freispruch nach fünf Prozessjahren, nämlich das Geld und die Kontakte ihres berühmten Sohnes Johannes und ihre eigene Standhaftigkeit, die sie auch noch im Angesicht der Folterinstrumente bewies. Und diese Menschlichkeit der Keplerin, ihre Stärke, aber auch ihre Härte, hat die Künstlerin Birgit Feil in der Statue eingefangen.

Das Denkmal steht nicht auf einem Sockel, sondern begegnet dem Betrachter auf Augenhöhe. Das steinerne Gewand ist detailreich gearbeitet, die herben Gesichtszüge unter der Haube und ein leicht spöttischer, desillusionierter Blick lassen das schwere Leben ahnen. Ein Bild von Johannes Keplers Mutter gibt es nicht, doch das steinerne Antlitz zeigt den Menschen, der von den Historikern in Katharina Kepler gesehen wird.

Ein Mensch, der nie sein Schicksal aus der Hand gab

Das ist, so der Kunsthistoriker Tobias Wall, eine Stärke der Künstlerin: „Sie zeigt uns Katharina Kepler als Mensch, als unsereins. Verhärmt, nicht sympathisch, aber ungebrochen. Nie hat sie ihr Schicksal aus der Hand gegeben.“ Das zeige auch ein Blick auf den festen Griff ihrer Hände, führt er weiter aus. Die Künstlerin habe mit dem empathischen Zugang zur Person die Verbindung zwischen der historischen Katharina Kepler und uns, den heutigen Betrachtern, geschaffen.

Die Eltinger sind stolz auf ihre Keplerin: „Sie hat sich in schweren Zeiten behauptet, sie war ein mutige Frau und sie war und blieb Eltingerin“, betont Klaus Hettler, Vorsitzender des Eltinger Bürgervereins. Der Verein hat sich auch an der Finanzierung der Statue beteiligt.

Gelungene musikalische Untermalung der Veranstaltung

Musikalisch begleitet wurde die ausgesprochen kurzweilige Veranstaltung vom „Ensemble Fragile“. Dafür haben sich Pianist Patrick Bebelaar und Saxofonist Christoph Beck für Minimal Music und den starken Einfluss von afrikanischer Musik entschieden. Das ist kein Zufall: „Wir wollen historische Ereignisse ins Hier und Jetzt holen“, erklärt Beck, „in Afrika werden heute noch Hexen gejagt und hingerichtet.“

Deshalb wird die musikalische Brücke zwischen historischem Hexenprozess und heutiger Hexenverfolgung mit dem repetitiven Element der afrikanischen Musik geschlagen – und das auf höchstem Niveau – wie der begeisterte Beifall zeigt.