Unkalkulierbare Energiekosten und steigende Einkaufspreise bringen die Betreibergenossenschaft des kleinen Einkaufsmarktes in eine finanzielle Schieflage.

Mit einem Brandbrief meldet sich der Vorstand der Genossenschaft Gebers Landmarkt im Leonberger Teilort Gebersheim an die Mitglieder. „Es wird ernst! Wenn es so weitergeht mit sinkenden Umsätzen im Landmarkt, müssen wir damit rechnen, dass wir im Frühjahr 2023 schließen – ausgerechnet zum fünften Geburtstag unseres Ladens“, heißt es in dem Mitgliederbrief. „Ein trauriges Szenario; das hat unsere Genossenschaft, das haben alle, die sich engagieren, nicht verdient!“

 

Corona bringt zwei Jahre gute Umsätze

Nicht kalkulierbare Energiekosten, die Anhebung des Mindestlohns und täglich steigende Einkaufspreise für die Waren führten zwangsläufig zu enormen Kostenbelastungen. „Wir versuchen, die Preissteigerungen so wenig wie möglich an unsere Kundinnen und Kunden weiterzugeben“, sagt Almut Gaugler für den Vorstand.

Um bei diesem Preisniveau wirtschaftlich arbeiten zu können, bedürfe es eines Umsatzniveaus wie in den vergangenen beiden Jahren. Und die waren pandemiebedingt gut. Das Geschäftsjahr 2021 brachte Gewinne, aber nicht mehr in der Höhe des Vorjahres 2020. Damals hatte der genossenschaftlich organisierte Lebensmittelmarkt bei einem Umsatz, der erstmals über einer Million Euro lag, einen Gewinn von über 50 000 Euro erwirtschaftet.

Lockdowns und Homeoffice – viele blieben zu Hause und kauften vor Ort ein. Es waren zwei Ausnahmejahre, die dem Landmarkt sehr zugutekamen. Sie zeigen aber, wie der Landmarkt überleben kann: „Gemeinsam haben wir es in der Hand – wir müssen mehr vor Ort einkaufen“, appelliert der Vorstand nicht nur an die Gebersheimer. „Die Grundversorgung im Ort zu gewährleisten, war der Ausschlag für unsere Gründung“, sagt Almut Gaugler.

Der letzte Laden im Ort ist Treffpunkt

Es wäre bitter, würde der dörflich geprägte Ortsteil von Leonberg nach der Pizzeria, der Eisdiele, der Volksbank und der Kreissparkasse auch noch den Landmarkt verlieren. „Wir sind die Letzten, die den Ort zusammenhalten, der Laden hat als Treffpunkt für viele eine wichtige soziale Funktion“, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende Tilman Achtnich. Letztendlich bestimme jeder, wo er einkaufe.

Der Landmarkt ist am 1. März 2018 von einer Genossenschaft vom damaligen Besitzer, der Familie Epple, die den Laden 88 Jahre lang geführt hatte, übernommen worden. Genau genommen handelt es sich um etwa 400 engagierte Gebersheimer und Kunden aus den umliegenden Ortschaften. Ihnen allen ist es wichtig gewesen, dass im Ort weiterhin in einem gut geführten Dorfladen eingekauft werden kann. Sie alle haben Anteile an der neu gegründeten Genossenschaft erworben, und viele legen auch ehrenamtlich Hand im Laden an, damit das Geschäft reibungslos läuft. Die Genossenschaft war die einzige Möglichkeit, den Laden zu erhalten, denn es gab keine ernsten Interessenten.

Steigende Stromkosten könnten zum Aus führen

Peter Lohner, Almut Gaugler und Peter Meurisch bilden den Vorstand der Genossenschaft und leiten ehrenamtlich deren Geschicke. Gemeinsam mit dem ehrenamtlichen Aufsichtsrat der Gebers Landmarkt-Genossenschaft hat der Vorstand im November 2017 begonnen, das rund 400 Quadratmeter große Ladengeschäft in der Dorfstraße 2 zu übernehmen. Die wesentliche Voraussetzung war, dass viele engagierte Bürger Genossenschaftsmitglieder werden und einen oder mehrere Anteile erwerben – ein Anteil liegt bei 250 Euro.

Aktuell engagieren sich etwa 25 Ehrenamtliche im Landmarkt – zwischen zwei und 40 Stunden wöchentlich. Sie unterstützen die hauptamtlichen Mitarbeitenden, die sich insgesamt sechs Vollzeitstellen teilen. Der Laden beliefert auch private Kunden mit Lebensmitteln nach Hause, zudem die Küchen von sieben Kitas in Ditzingen sowie die des Berufsschulzentrums Leonberg. Auch stellt er das Schulobst in Gebersheim bereit.

„Letztendlich hängt alles vom Strompreis ab“, sagt Almut Gaugler. Der Vertrag laufe zum Jahresende ab. „Müssen wir dann das Drei- oder Vierfache bezahlen, ist das unweigerlich das Aus für den Landmarkt, und wir hören auf. Denn auf eine Insolvenz wollen wir nicht zusteuern.“