Frederic Groshaupt ist derzeit in der Hallertau. Sein Job wird in der Coronakrise nicht gebraucht. Anzug und Krawatte hat er gegen Arbeitshose und wetterfeste Jacke getauscht.

Ditzingen - Frederic Groshaupt hat Anzug und Krawatte eingetauscht gegen eine robuste Arbeitshose und die wetterfeste Jacke. Für zwei Wochen arbeitet der Ditzinger in der Hollertau auf dem Feld. Er hilft beim Hopfenandrehen: tausende Pflanzen müssen so gezogen werden, dass sie meterhoch an den Stangen entlang wachsen. Am Abend schmerzt der Rücken. Doch der Hopfen muss gepflegt werden, Maschinen gibt es dafür nicht. „Das ist ein Knochenjob“, erzählt Groshaupt. Selbst der Landwirt, auf dessen Feld er arbeite und der das seit 20 Jahren mache, spüre bei der Tätigkeit nach wie vor seinen Rücken.

 

Den Landwirten fehlen in der Coronakrise die Saisonarbeitskräfte. „Wenn wir jetzt nicht helfen, bleibt der Ertrag aus“, begründet Groshaupt sein Engagement. Zumal er selbst sich in Kurzarbeit befindet. Untätig zuhause rumzusitzen, kam für den Ditzinger, der inzwischen in Bayern lebt, nicht in Frage. Zumal er lange Arbeitstage gewöhnt und Anspannung sein täglicher Begleiter ist: Der 29-Jährige ist Projekt-EventManager. Seit knapp zwei Jahren ist er im Olympiapark in München tätig. Was bei der Weihnachtsfeier des FC Bayern getrunken und gespeist wird, hat er organisiert, was Metallica konsumierte, hatte er organisiert. Er hat Phil Collins im Backstagebereich bedient und den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier gesprochen. Hätte das Coronavirus nicht zur Absage der Großveranstaltungen geführt, wäre Groshaupt nun zum Champions-League-Finale nach Istanbul geflogen.

Den Prominenten zu begegnen, im Gespräch mit ihnen zu sein, sie Backstage zu erleben, wo sie mit Familie und Freunden privat sind, werde immer etwas Besonderes bleiben, sagt Groshaupt. Einerseits. Andererseits ist es seine Aufgabe, dem Musiker, dem Sportler, das zu bieten, was das Management zuvor in Autrag gegeben hatte. Vor diesem Hintergrund macht Groshaupt schlicht seine Arbeit, wenn er den Promi dann bedient. Dazu gehört ein eisernes Prinzip: „Ich lasse mir keine Autogramme geben.“ Distanz ist Teil seines Jobs. Gleichwohl: Das Zusammentreffen mit dem Sänger und Schlagzeuger Phil Collins sei für ihn schon etwas besonderes gewesen, erzählt er. In diesen Stunden zeigt sich allerdings auch, ob die wochenlange Arbeit, Koordination und Organisation, fehlerfrei war. Bei aller Professionalität – das Interesse am Menschen, die Wertschätzung der Privatperson, zu der der Star hinter der Bühne wird, ist ebenso wichtig. Dessen Glück liegt mitunter schlicht in der richtigen Limonadensorte.

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„Es ist ein tolles Gefühl wenn die Veranstaltung läuft und man merkt, dass man es nun geschafft hat, wenn also 7000 Personen gleichzeitig Essen und Trinken serviert bekommen“, sagt er etwa über die Siemens-Hauptversammlung. 7000 Aktionäre waren in die Olympiahalle gekommen. Groshaupt hatte die Verantwortung für 500 Mitarbeiter und dafür, dass den Gästen 52 000 Teilchen mundeten.

Am Tag der Veranstaltung selbst, ist auch er mittendrin, „auf der Veranstaltungsfläche“, wie es der Ditzinger formuliert. Er ist wie in der Vorbereitung weiterhin Ansprechpartner für das Management. Sein wichtigster Begleiter während der Veranstaltung: das Funkgerät.

Die Veranstaltungstage sind lang, die Nächte kurz. Zum Ausglich fährt Groshaupt Rad, und er läuft. Sein Interesse am Sport hatte den jungen Mann unter anderem im Jahr 2018 als Helfer zu den Olympischen Spielen in Brasilien geführt. Er hatte sich in einem monatelangen Bewerbungsverfahren durchgesetzt, um bei den Tennisspielern Wasserflaschen zu füllen und Handtücher zu tauschen. Er hatte seinen Bachelor in Hospitality Management gerade gemacht. Dabei hatte er gelernt, was Gästebetreuung bedeutet, nicht nur in der Hotellerie.

Auf das Studium folgte die erste Tätigkeit in einem Restaurant in Landshut. Er hatte die Betriebsleitung inne. „Ich habe in sehr kurzer Zeit extrem viel gelernt“, erzählt Groshaupt. Doch nach knapp zwei Jahren zog es ihn weiter, er wollte mehr von der Vielfalt erfahren, die sein Studium ihm fachlich geboten hatte. So kam er zu DO & CO, einem weltweit agierenden Catering-Unternehmen.

Weil das Coronavirus den weitgehenden Stillstand in der Veranstaltungsbranche erzwang, gibt es auch für Groshaupt in diesem Bereich nichts zu tun. Über die Internetplattform www.daslandhilft.de. fand er übergangsweise ein anderes Betätigungsfeld. Er arbeitet in der Hallertau mit anderen auf einer 40 Fußballfelder großen Fläche, zwischen 40 000 Hopfenpflanzen, die an Drähten hochgebunden werden. Fünf Helfer machen die Stammgruppe aus. „Aber sehr viele kommen und packen es dann einfach nicht mehr“, erzählt Groshaupt. Die Fluktuation sei groß.