Nach harscher Kritik stellt Martin Kaufmann eine Änderung des Parksystems in Aussicht. Einen Citymanager will er schnell holen.

Leonberg - Als die Sprache auf die Altstadt kommt, die Diskussion ist schon eine Weile im Gange, wird Oliver Reuter deutlich: „Wir haben seit 20 Monaten ein großes Problem: Das unstrukturierte Parkhaus bringt uns gewaltige Umsatzrückgänge“, kritisiert der stellvertretende Chef der Werbegemeinschaft „Faszination Altstadt“ und erhält Beifall im Publikum.

 

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) hat zu einer Diskussion über die Zukunft des Leonberger Einzelhandels geladen. Wie sehr das Thema den Geschäftsleuten unter den Nägeln brennt, zeigt die große Resonanz: trotz der Hitze ist das Forum der Kreissparkasse voll besetzt.

Leonberg ist nach wie vor ein starker Standort

Es sind erfahrene Fachleute, die der Einladung der Chefin der IHK-Bezirkskammer Böblingen, Marion Oker, gefolgt sind: neben Reuter sitzen Marc Schmidt von der Aktionsgemeinschaft „Wir sind Eltingen“, der Leo-Center-Chef Klaus-Peter Regler und Oberbürgermeister Martin Kaufmann (SPD) auf dem Podium.

Dass trotz aller Probleme Leonberg ein starker Standort ist, macht vorab der Bezirkskammerpräsident Andreas Hadler deutlich: Die knapp 50 000 Einwohner vereinen eine Kaufkraft von rund 400 Millionen Euro. Das sind 18,4 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Aber, so warnt Hadler, das Geld bleibt immer weniger in der Stadt: Teile fließen in den Online-Handel. Darüber hinaus ist Leonberg von den starken Konkurrenten Stuttgart, Ludwigsburg, Böblingen und Sindelfingen umzingelt.

„Wir müssen immer ein bisschen mehr tun“

In den Augen der Händler sind das nicht die einzigen Wettbewerber: Rutesheim, Renningen oder Gerlingen grenzen direkt an Leonberg an und haben mächtig aufgeholt. Oliver Reuter kann das in den eigenen Läden beobachten. Er ist Chef von neun „Only Women“-Filialen in der Region. „Ein absoluter Volltreffer“ sei das unlängst in Rutesheim eröffnete Geschäft. „Kannibalisieren Sie sich nicht selbst?“ fragt Martin Eisenmann skeptisch nach. Der IHK-Referatsleiter Handel moderiert gemeinsam mit Marion Oker souverän die Diskussion. Reuter verneint: „Auf die Beratung kommt es an jedem einzelnen Standort an.“ Deshalb hat er auch keine Angst vor dem Internet.

Ähnlich sieht es Marc Schmidt. „Wir müssen uns über Service abheben und immer ein bisschen mehr tun“, nennt der Juniorchef des Herrenausstatters Wibbel sein Erfolgsrezept, das von Fachkompetenz und Familiencharakter geprägt ist.

Ist ein Citymanager die Lösung?

Auch Klaus-Peter Regler hebt das familiäre Profil seines Centers hervor: „Wir sind Treffpunkt. Bei uns menschelt es.“ Gleichwohl sei das Leo-Center keine Stadt in der Stadt. „Wir möchten gemeinsame Aktionen mit den anderen, zum Beispiel an den verkaufsoffenen Sonntagen.“ Von der bisher im September am Marktplatz startenden Oldtimer-Rallye sollten alle profitieren.

Doch wer soll den großen Aufwand koordinieren? Ein Citymanager! Alle drei Geschäftsleute erinnern den OB an sein Wahlversprechen. Kaufmann stimmt zu: „Eine Stadt unserer Größenordnung braucht ihn, und es wird im nächsten halben Jahr so weit sein.“ Um aber einen Citymanager einstellen zu können, müsse der Stellenplan erweitert werden.

Das Parkhaus ist ein Thema im Gemeinderat

Auch beim Frust wegen der Altstadt-Garage verspricht Kaufmann Abhilfe. Vom Ende 2016 eingeführten System der schrankenlosen Einfahrt und der Vorausbezahlung will er sich verabschieden. Die Probleme seien ganz praktischer Natur: „Die Schranken sind eingelagert und könnten Feuchtigkeit anziehen“, berichtet der OB. „Wir müssen prüfen, ob sie noch funktionieren.“

Zudem müsse der Gemeinderat mitmachen: „Da sind nicht alle für eine erneute Systemänderung.“ Im Juli stehe das Parkhaus im Rat auf der Tagesordnung. Die Eile sei nötig, mahnt Oliver Reuter: „Irgendwann gibt es keine Gewerbesteuerzahler mehr, und das Ganze nimmt ein Ende.“