Die erfolgreiche Petition, die Appelle von Musikern und Politikern: All das scheint nicht zu fruchten. Der Vermieter zeigt keine Bereitschaft, den Vertrag mit der legendären Disko zu verlängern. Im Gegenteil: Er lässt Anwälte sprechen.

Ludwigsburg - Zeigt der Druck Wirkung? Die Online-Petition „Rettet die Rockfabrik“, die weit mehr als 25 000 Menschen unterschrieben haben? Helfen die öffentlichen Aufrufe, die legendäre Rockdiskothek, eine der größten und bekanntesten in Deutschland, nicht sterben zu lassen? Hilft das Engagement des Ludwigsburger Oberbürgermeisters Werner Spec? Oder von Matthias Knecht, der jetzt OB werden will und ebenfalls kund getan hat, die Rockfabrik sei „ein Stück Ludwigsburger Kulturgeschichte“?

 

Es sieht nicht danach aus. Während die Rockfabrik-Macher in ihrem Kampf um einen neuen Mietvertrag in der vergangenen Woche eine Armada von Unterstützern mobilisierten, ließ Max Maier – der einzige Mann, der die Rofa noch retten kann – erneut seine Anwälte sprechen. Dem Immobilienunternehmer gehört das Gebäude an der Grönerstraße, worin seit 36 Jahren laut Musik gehört und wild gefeiert wird, und er ist offenbar fest gewillt, der Geschichte ein Ende zu setzen. Allen Appellen zum Trotz hat Maier nach Informationen unserer Zeitung Ende der vergangenen Woche am Landgericht schriftlich hinterlegt, dass die Diskothek bis Ende Dezember geräumt werden müsse.

Die Rofa-Macher versuchen seit Monaten einen Gesprächstermin zu bekommen

Zuvor schon hatte einer seiner Anwälte den Rofa-Chefs unmissverständlich erklärt, dass der Mietvertrag nicht verlängert werde. Warum Maier sich nun zusätzlich ans Gericht wendet, ist unklar. Sinnvoll ist solch ein Schritt eigentlich nur, wenn ein Vermieter befürchten muss, dass ein Mieter sich juristisch wehren könnte. Das aber ist nicht der Fall. „Wir haben gar nicht vor, Prozesse zu führen – wir wollen mit Max Maier reden, das ist alles“, sagt Johannes Rossbacher, einer von drei Rofa-Geschäftsführern. Zumal die Chancen, eine Vertragsverlängerung zu erzwingen, gen Null tendieren. Das weiß Rossbacher: „Wenn Max Maier uns nicht mehr will, dann will er nicht. Wir wüssten nur gerne: warum?“ Es habe in der Vergangenheit nie Konflikte gegeben, keinen Streit. Vor diesem Hintergrund sei das Schweigen des Vermieters „einfach traurig und schwach“.

Max Maier ist ein bekannter Mann in Ludwigsburg. Mit vielen Millionen Euro hat er in der Weststadt, in der auch die Rofa steht, Industriehallen aufgekauft und aufwendig umgebaut, um sie an Firmen wie Porsche und Bosch zu vermieten. Der Unternehmer verfügt über enge Kontakte ins Rathaus. Doch auch Spec ist es bis zum Dienstagnachmittag nicht gelungen, mehr darüber zu erfahren, warum die Rockfabrik weichen soll. Für 16 Uhr hatte der OB, der mitten im Wahlkampf steckt, deswegen ein Telefonat mit Maier vereinbart.

Doch das Gespräch fand erst am Abend statt, weil Maier den Termin kurzfristig verschieben ließ. Danach erklärte Spec, es habe einen ersten Kontakt mit Max Maier gegeben, wobei es um das Thema Rockfabrik gegangen sei. Spec erklärte sich dazu bereit, zwischen den Parteien, dem Mieter und dem Vermieter, zu vermitteln. „Die Rockfabrik hat einen großen Stellenwert und ist eine wichtige Institution für Ludwigsburg.“ Er wisse bis jetzt nicht, warum der Vertrag nicht verlängert werde.

Spec reiht sich damit ein in die lange Liste der Ratlosen. Die Rofa-Macher versuchen seit vielen Monaten, einen Gesprächstermin bei ihrem Vermieter zu bekommen. Auch Anfragen von Medien lässt Maier ins Leere laufen. Man sehe von einer Stellungnahme zu dem Thema ab, lässt er über eine Sprecherin ausrichten.

Gibt es ein Müllproblem vor der Diskothek?

Vor dem Hintergrund ist kaum verwunderlich, dass im Internet allerlei Gerüchte kursieren, warum Maier so gnadenlos auftritt. Am 19. Juni wurde die Petition „Rettet die Rockfabrik“ gestartet, 25 157 Menschen hatten innerhalb einer Woche unterschrieben, eine ungeheure Zahl, die stündlich wächst. „Gerade in der heutigen Zeit, wo Fremdenhass immer größer zu werden scheint, ist es umso wichtiger, dass eine solche Kultstätte, die für Toleranz und Vielfalt steht, unbedingt erhalten wird“, schreibt ein Unterzeichner.

Ein anderer: „Die Rockfabrik ist eine sogar über die Landesgrenzen hinaus bekannte Konzertlocation, die regelmäßig Hunderte Musikfans nach Ludwigsburg lockt und dort auch den Einzelhandel und die Hotellerie stärkt.“ Oder: „Die Rockfabrik hat mein Leben grundlegend geprägt.“ Zwischen das Lob mischen sich indes auch kritische Stimmen. Öfter ist zu lesen, die Rofa-Besucher seien selbst Schuld an der drohenden Schließung, weil sie für ein erhebliches Müllproblem im Umfeld der Disko verantwortlich seien. Bei Trinkgelagen, etwa im benachbarten Kaufland-Parkhaus, würden die Rockfans regelmäßig große Mengen Abfall zurücklassen. Auch von Urinlachen und Lärmbelästigung ist die Rede. Das sei, mutmaßen die Kritiker, der Grund, warum Max Maier die Reißleine ziehe.

Fans starten Schmutzkampagne im Netz

Rossbacher kennt die Spekulationen und weiß um die Schwierigkeiten. Es sei zutreffend, „dass viele Leute sich im Kaufland mit Getränken eindecken und auf dem Parkdeck Partys feiern“, räumt er ein. Das sei ein Problem, aber nicht allein eines der Rofa: „Viele von denen kommen gar nicht zu uns, sondern bleiben die ganze Nacht draußen und trinken – obwohl wir gar nichts mit denen zu tun haben, räumen wir jedes Mal ihren Dreck weg.“ Die Situation sei ähnlich wie an anderen Treffpunkten von Jugendlichen, etwa auf der Bärenwiese oder dem Akademiehof. Wenn der Vermieter deswegen verärgert sei, sei das natürlich nachvollziehbar. „Aber darüber könnte man ja sprechen, um eine Lösung zu finden. Solange er schweigt, wissen wir aber gar nicht, was seine Beweggründe sind.“

Auch für Max Maier hat die Angelegenheit längst ungute Nebenwirkungen. Einige Fans der Rofa haben aus Wut im Internet eine Schmutzkampagne gestartet, sie überziehen Maier mit Beleidigungen und seine Firmen mit negativen Bewertungen. Die Rofa-Verantwortlichen haben mehrfach zur Mäßigung aufgerufen. „Wir wollen keine Beschimpfungen, das ist nicht unser Stil“, betont Rossbacher. Aber offenbar hat die Aktion inzwischen eine Eigendynamik entwickelt, die sich nicht mehr vollständig aufhalten lässt.

Bands solidarisieren sich

Wesentlich zielführender sind die zahllosen Solidaritätsbekundungen, mit denen die Rockfabrik gerade geflutet wird. Musiker weit über die Grenzen Ludwigsburgs und Baden-Württembergs hinaus haben ihre Fans dazu aufgerufen, die Petition zu unterschreiben. In erster Linie handelt es sich um Bands aus der Metal- und Hard-rockszene – wenig verwunderlich, weil die Rofa sich im Verlauf der Jahre zwar neuen Musikstilen geöffnet, ihre Wurzeln aber eindeutig in der harten Rockmusik hat. Ralf Scheepers, Sänger von Primal Fear, solidarisiert sich genauso wie die Thrash-Legenden Destruction. Daneben kommt Unterstützung aus anderen Bereichen der Branche. Zwei der führenden Magazine, Deaf Forever und Rock Hard, haben ihre Neutralität über Bord geworfen und dafür geworben, die Petition zu unterschreiben. Auch Nuclear Blast, das größte Metal-Plattenlabel der Welt, beteiligt sich an dem Appell.

In unserer Bildergalerie zeigen wir eine Auswahl der Bands, die dazu aufgerufen haben, die Petition zum Erhalt der Rockfabrik zu unterschreiben.