Die Bogenschützen der SGi Ditzingen stehen bei den Finals in Berlin dreimal ganz oben auf dem Treppchen.

Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin! Diese immer wieder lautstark intonierte Zeile gehörte bislang den Fußballfans, wenn sie ihre Lieblinge förmlich ins Pokalfinale schreien wollen oder von den Mannschaften selbst, die es dann tatsächlich auch geschafft haben. Es wäre kaum verwunderlich, wenn in Zukunft auch in Ditzingen solche Klänge ertönen. Denn die gerade erst beendete Reise in die Hauptstadt brachte der Schützengilde Ditzingen einen der größten Erfolge in ihrer Vereinsgeschichte.

 

Zwei Mixed-Teams holen Gold

Die Bogenschützen waren bei den sogenannten Finals – an vier Tagen wurden in 14 Disziplinen über 120 Deutsche Meistertitel vergeben – nicht nur quantitativ stark vertreten, sondern auch qualitativ: Sie traten mit drei Titeln die Heimreise an. Abigail Meyer und Jan Hoffmann triumphierten als Mixed-Team mit dem Compound-Bogen, Mia Bauer und Paul Schäuffele setzten sich ebenfalls im Mixed gegen die Konkurrenz bei den Schülern A durch. Udo Weyhersmüller startete gleich für zwei Clubs. Mit dem Ditzinger Recurve-Team landete er auf Rang elf. In der Master-Klasse für Schützen ab 50 Jahre, trat er für den Bogensportclub Schömberg an und trug im Finale gegen TSV Jahn Freising zum Gewinn des Titels bei.

Antje Hoffmann, Trainerin, Oberschützenmeisterin des Vereins und Ehefrau des Deutschen Meisters in Personalunion, hatte zwar insgeheim auf ein gutes Abschneiden des Compound-Duos gehofft, aber in „keinster Weise“ damit gerechnet, dass am Ende Goldmedaillen herausspringen. „Das macht uns unheimlich stolz und ist Ansporn. Jetzt wollen wir auch im Einzel zeigen, was wir können“, sagte Antje Hoffmann nach der Rückkehr aus Berlin.

Ditzinger Bogenschützen seit Jahren erfolgreich

Bei den Finals haben die Bogenschützen ausschließlich die Mannschaftswettbewerbe ausgetragen, eine Qualifikation war hierfür nicht gefordert. Also ergriffen die Ditzinger die Chance und meldeten frühzeitig ihre Teams. Die Erfolge sind kein Zufallsprodukt. Die Schützengilde hat sich seit vielen Jahren einen Namen im Bogensport gemacht. Bereits Ende der 1990er Jahre waren die Bogenschützen in der Bundesliga unterwegs, hatten in ihren Reihen unter anderem mit Stefan Grimm einen Europameister seiner Altersklasse oder mit Michael Kohl, der auch in Berlin am Start war, ein Mitglied des Nationalkaders.

Diese Erfolge wurden mit dem olympischen Recurvebogen erzielt. Mittlerweile entwickelt sich aber auch die Compound-Sparte. Jan Hoffmann, der 1977 in Leipzig mit dem Bogensport begonnen hat, 1991 nach Renningen kam und sich den Ditzingern anschloss, ist 1996 auf Compound umgestiegen. 2019 ist er Deutscher Vizemeister geworden, nun stand er erstmals ganz oben auf dem Treppchen. Seine 19-jährige Partnerin hat er kennengelernt, als sie sechs Jahre alt war. „Mit einer übergroßen Schirmmütze“, erinnert sich Hoffmann schmunzelnd. Wegen Rückenproblemen ist auch sie umgestiegen.

Herzschlagfinale im letzten Durchgang

Das Timing und die Strategie im Wettkampf müssen stimmen. Weil sie die beste Qualifikationsringzahl hatten, durften die Ditzinger im Finale gegen das Vater-Tochter Team Matthias Raab/Katharina Raab (Oberallgäuer Gauschützen) jeweils vorlegen und setzten den Konkurrenten unter Druck. Als sowohl Meyer und Hoffmann eine Zehn vorlegten, Matthias Raab dagegen hielt, war Katharina Raab gefordert, ebenfalls eine Zehn zu schießen, um das Stechen zu erzwingen. Doch ihr Pfeil rauschte um Zentimeter vorbei, die Ditzinger rissen nach dem 151:150 jubelnd die Arme hoch.

Bei den Schülern A mit dem Recurvebogen die gleiche Situation. Doch hier hielt Paul Schäuffele der Nervenbelastung stand. Sein letzter Pfeil musste die 40-Meter-Distanz in der Zehn beenden – und tat das auch. „Mein Herz hat sehr hoch gepocht, und die Erleichterung ist jetzt sehr groß“, sagte der 13-Jährige nach dem Wettkampf. Die gleichaltrige Mia Bauer: „Der Sieg hier ist krass.“

Olympisch und nicht-Olympisch

Compound
 Der Begriff Compoundbogen bezeichnet einen Bogen mit einem speziellen Konstruktionsprinzip. Auffälligstes Merkmal sind kleine nockenähnliche exzentrische „Kurvenscheiben“ beziehungsweise Rollen (Cams) an den Bogenenden, einem Flaschenzug ähnelnd. Mit steigendem Auszug nimmt die Kraft zunächst stetig zu (wie auch bei anderen Bogen), um dann aber beim Überschreiten des sogenannten Gipfel-Zuggewichtes schlagartig abzunehmen. Der Bogenschütze hält bei voll ausgezogenem Bogen nur noch einen Bruchteil des Gipfelzuggewichtes auf der Hand. Die Zugreduzierung beträgt zwischen 65 und 85 Prozent. Durch seine Konstruktion kann ein Compoundbogen bei gleicher oder sogar größerer Auszugslänge erheblich kürzer gebaut werden und ist entweder leichter zu ziehen oder kann mit sehr viel höherem Zuggewicht bei gleichem Kraftaufwand gezogen werden.

Recurve
 Der Recurvebogen ist der einzig zugelassene Bogen bei Olympischen Spielen. Das Herzstück des Bogens ist das Mittelstück, an dem oben und unten jeweils ein Wurfarm befestigt ist. Die Sehne macht den „einfachen“ Bogen komplett. Zu den weiteren Bestandteilen gehören die Pfeilauflage, ein Visier, die Stabilisatoren und ein Button, der den Pfeil während des Abschusses stabilisiert. Die Sehne wird mit drei Fingern gezogen.