Die Lokale Allianz gibt es seit mittlerweile vier Jahren.

Leonberg - Jacob Fries kennt viele kluge Sätze zum Thema Demenz. „Wir haben das Problem mit der Krankheit, nicht die Menschen, die erkrankt sind.“ Oder: „Wir in der Pflege können gehen. Die Angehörigen müssen bleiben.“ Fries kümmert sich um die Betreuungsgruppen für Demenzkranke bei der Sozialstation Leonberg. Doch sie ist nicht der einzige Anbieter oder Ansprechpartner in der Stadt.

 

Um die Arbeit in diesem Bereich bündeln und besser vernetzen zu können, wurde vor vier Jahren die Allianz für Menschen mit Demenz aus der Taufe gehoben. Darin haben sich die Stadt Leonberg, die Sozialstation, weitere Anbieter von Pflege und Betreuung sowie das Krankenhaus Leonberg und die Vereine Insel und Fish zusammengeschlossen.

Ohne Netzwerk geht es nicht

Nach einem umfangreichen Programm zum Start ist es eher ruhig um das Bündnis geworden. „Am Anfang gab es für das Projekt Bundesmittel, da war es einfacher, eine größere Außenwirkung zu erreichen“, meint Reinhard Ernst, der Geschäftsführer der Sozialstation. „Im Hintergrund wird aber die ganze Zeit weitergearbeitet.“ Das bestätigt auch Regine Bölter. „Vernetzung ist das Wichtigste“, sagt die Geriaterin am Krankenhaus Leonberg.

Jeder habe einen etwas anderen Blickwinkel auf die Erkrankung. „Wir kennen uns mittlerweile alle sehr gut und wissen, was jeder leisten kann“, meint die Spezialistin für Altersmedizin. Dies komme beispielsweise zum Tragen, wenn ein demenzkranker Patient aus einem Pflegeheim ins Krankenhaus komme. Dieser müsse dann ganz anders betreut werden. Und nicht jede Vergesslichkeit ist gleich Demenz. „Es gibt nichts Schlimmeres als eine falsch diagnostizierte Erkrankung oder dass man eine behandelbare Krankheit übersieht“, meint Bölter. Deshalb arbeite man auch eng mit den niedergelassenen Ärzten zusammen.

Doch die Allianz kümmert sich nicht nur um die Erkrankten. „Wir stellen zwar die Diagnose, aber richtig belastend ist die Krankheit vor allem für die Angehörigen“, sagt die Medizinerin. „Seit wir mit der Allianz begonnen haben, ist die Nachfrage von Angehörigen nach Unterstützung gewachsen, weil einfach mehr Menschen jetzt wissen, welche Angebote es gibt“, berichtet Reinhard Ernst von der Sozialstation. Das Modell ist so erfolgreich, dass man in Leonberg etwas Vergleichbares für den Bereich Palliativmedizin auf die Beine stellen will.

„Es tut gut, sich mal nur austauschen zu können“

Dort gibt es mehrere Gesprächsgruppen für pflegende Angehörige, jeweils für Männer, Frauen und Kinder. Die Themen seien jeweils anders. Während die Frauen oft überfordert seien mit der Pflege von Ehemännern oder Eltern, während Ehemänner eher damit kämpfen, den Alltag zu bewältigen. „Es tut gut, sich manchmal einfach nur austauschen zu können“, sagt Jürgen Rein vom sozialen Dienst der Stadt.

Der dritte Arbeitsschwerpunkt der Allianz betrifft die Öffentlichkeit. „Das Thema Demenz wird jetzt ganz anders wahrgenommen“, sagt Jacob Fries. Nicht zuletzt auch, weil immer mehr Erkrankungen bei Prominenten in den vergangenen Jahren bekannt wurden, etwa der frühere US-Präsident Ronald Reagan, Fußballer Gerd Müller oder der Schriftsteller Walter Jens. So wird Demenz auch eines von drei Fachthemen beim Leonberger Seniorentag am Mittwoch, 7. November, im Rathaus sein.

Denn das Thema wird in Zukunft noch weiterer Aufmerksamt bedürfen. Statistisch gesehen leiden rund zwei Prozent der Bevölkerung an einer demenziellen Erkrankung. Herunter gerechnet auf Leonberg sind das derzeit etwa 1000 Menschen. Deren Zahl wird wegen der Überalterung der Gesellschaft aber weiter zunehmen.