Zum Abschied appelliert der OB an die Kommunalpolitiker, Erreichtes nicht kleinzureden, und stellt sich vor die Mitarbeiter.

Leonberg - Es ist ein besonderer Tag. Für den Gastgeber, wie für den Gast von der Zeitung. Fast zehn Jahre haben sie zusammengearbeitet, wenngleich dieser Begriff das naturgemäß nicht immer spannungsfreie Verhältnis zwischen Rathausspitze und Presse unzureichend beschreibt. Dennoch sind sich beide Seiten stets fair begegnet. So ist das letzte offizielle Gespräch mit Bernhard Schuler als Oberbürgermeister mehr als ein normales Interview. Es ist ein Austausch über Mittel und Wege, wie sich eine Stadt in der heutigen Zeit positionieren muss.

 
Herr Oberbürgermeister, Sie waren fast ein Vierteljahrhundert im Amt. Wie fühlen Sie sich kurz vor dem offiziellen Dienstende?
Entspannt, freudig und melancholisch.
Was geht einem durch den Kopf, wenn man weiß, dass man nur noch kurz im Büro ist?
Zunächst möchte man das Büro so hinterlassen, dass der Nachfolger gute Arbeitsbedingungen hat.
Haben Sie schon aufgeräumt?
Ich habe damit angefangen, das ist ein ständiger Prozess. Aber es stehen noch einzelne Besprechungen auf dem Terminplan.
Also Sie haben noch bis zum Ende dienstliche Besprechungen?
Ich bin bis zum Ende im Dienst, ja.
Und was machen Sie am Freitag?
Dann räume ich bei mir daheim auf. Es blieb in letzter Zeit einiges liegen. Einige Unterlagen müssen sortiert werden.
 

Im Chefbüro in der fünften Etage sieht es ordentlich aus. Auf dem Schreibtisch liegen einige Dankesbriefe, in der Ecke stehen Geschenktüten. Papierstapel sind keine da. Bernhard Schuler räumt seit Längerem auf. Bestimmte Sachen hat er aus seinem früheren Büro gar nicht mehr mitgenommen.

Haben Sie vor einem Jahr schon gewusst, dass Sie nicht mehr kandidieren?
Ich habe am 31. Dezember in meine Altjahrabend-Rede hineingeschrieben, dass ich aufhören werde. Damit waren endgültig die Würfel gefallen. Aber natürlich habe ich davor ständig abgewogen, was einerseits für die Stadt und andererseits für mich richtig ist. In der Summe der Abwägungen kam ich zu dem Ergebnis, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist: Die Finanzen der Stadt sind im Verhältnis zu den Rahmenbedingungen geordnet, die Wirtschaft läuft. Wichtige Projekte sind angestoßen, so dass jemand, der neu anfängt, wenn er es geschickt macht, einiges für die Stadt erreichen kann.
Wir sitzen hier in Ihrem Büro im Rathaus-Neubau, den Sie einmal als ungewolltes Kind bezeichnet haben, das Sie dann doch lieb gewonnen haben. Tut es Ihnen leid, nach elf Monaten wieder ausziehen zu müssen?
Das müssen Sie mich in einem Jahr fragen. Es ist mir bewusst, dass die Veränderung eine tiefe Zäsur ist. Für mich war der entscheidende Gesichtspunkt: Ich habe nie viel versprochen. Das hat manche geärgert, aber so bin ich nun mal. Entscheidend ist, dass ich alles umgesetzt habe. Jetzt hätte ich in den Wahlkampf mit der Aussage gehen müssen, dass ich noch einmal acht Jahre mit voller Energie für die Stadt arbeite. Doch diese Überzeugung hatte ich nicht, und dann erzähle ich es auch nicht.