Zur Bekämpfung der Immobilienkrise wirbt der frühere Banker Ottmar Pfitzenmaier für kommunale Investitionen.

Leonberg - Die große Wohnungsnot in Leonberg ist allgegenwärtig, aber in erster Linie kein hausgemachtes Problem. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt der langjährige Geschäftsbereichsleiter der Kreissparkasse und SPD-Stadtrat Ottmar Pfitzenmaier, welche Auswirkungen die europäische Geldpolitik auf den heimischen Immobilienmarkt hat und warum die Stadt zwei Millionen Euro für bezahlbaren Wohnraum bereitstellen müsste.

 
Herr Pfitzenmaier, sämtliche Immobilien sind in den vergangenen Jahren in unserer Region deutlich teurer geworden. Was sind die Gründe hierfür ?
2009 hat die Europäische Zentralbank das Zinsniveau drastisch gesenkt und flutet seither den Markt mit Liquidität. Für risikolose Anlagen bekommt der Sparer in Deutschland so gut wie keine Zinsen mehr. Die Mentalität der Deutschen ist aber risikoarm, so dass für viele eine Aktienanlage kaum in Frage kommt. Erstaunlicherweise gelten aber Immobilien landläufig als nahezu risikolose Geldanlage – was keinesfalls den Realitäten entspricht.
Was bedeutet das für die Menschen hier?
Viele Jahre ging man von sinkenden Bevölkerungszahlen aus. Für die Stadt Leonberg hieß dies im besten Fall eine Stagnation der Einwohnerzahl. Doch Leonberg ist binnen weniger Jahre von 45 000 auf 48 000 Einwohner gewachsen und wird in absehbarer Zeit die 50 000er-Grenze überschreiten.
Ist damit dieser derart hohe Siedlungsdruck zu erklären?
Hauptgrund sind die Niederlassung neuer und die Expansion bestehender Weltkonzerne, etwa Bosch oder Thales, die allesamt von der glänzenden Konjunktursituation profitieren. Weitere Aspekte für die Verteuerung von Immobilien sind gesetzliche Vorgaben für Neubauten, die in Teilen über das Ziel hinaus schießen, etwa durch überdachte Fahrradabstellplätze.
Wer ist besonders betroffen?
Es lässt sich nicht streng gegeneinander abgrenzen. Bei Obdachlosen und dauerhaft bleibenden Flüchtlingen muss die Stadt vom Gesetz her für Unterkünfte sorgen. Dafür gibt’s Zuschüsse von Land und Bund.
Gibt es Zuschüsse auch für Wohnungen von Durchschnittsverdienern?
Für diese Menschen, oft Alleinverdiener, Alleinerziehende oder Angehörige sozialer Berufe, etwa Krankenschwestern oder Altenpfleger, gibt es beim Erwerb von Wohneigentum zwar staatliche Förderprogramme. Aber Wohnungen in diesem Preissegment sind Mangelware. Deshalb sind immer mehr junge Leonberger gezwungen, beispielsweise ins „Hinteramt“ abzuwandern, wo die Bauplatzpreise noch einigermaßen erschwinglich sind. Die Differenz bei einem Reihenhaus, etwa zwischen Leonberg und Wimsheim, macht schnell in der jährlichen Darlehensbelastung 5000 bis 6000 Euro aus.