Der Weissacher Bürgermeister will nicht mehr kandidieren. Auf die Zusammenarbeit mit dem Rat blicken die Fraktionen durchaus divers.

In Weissach hat es fast Tradition: Seit 25 Jahren hat es keinen Bürgermeister für mehr als eine Amtszeit in der Gemeinde gehalten. Nun ist klar: Auch der amtierende Rathauschef Daniel Töpfer (CDU) setzt diese Serie fort. Bei der Wahl im Juli will er nicht mehr kandidieren. „Für mich wird es der letzte Haushalt für die Gemeinde sein“, verkündete er jetzt im Gemeinderat während seiner Haushaltsrede. Als „Perpetuum mobile“ bezeichnete er das Phänomen des immer wechselnden Bürgermeisters. „Weissach würde es guttun, wenn sich der historische, gordische Knoten löst.“ Töpfer, der bei der OB-Wahl in Esslingen im vergangenen Sommer nur knapp gescheitert war, will in Weissach aber nicht mehr zum Schwert greifen.

 

Freie Wähler bedauern Töpfers Entscheidung

Aktuell sei es noch der falsche Zeitpunkt, um zu reflektieren, so Töpfer im Rat, reklamierte aber für sich, dass er die Ziele, die er bei Amtsantritt für Weissach hatte, auch erreicht habe. Geschlossen hinter dem CDU-Politiker stand dabei besonders die Fraktion der Freien Wähler. „Uns ist es wichtig, zu sagen, dass wir Ihre Entscheidung bedauern“, sagte der Fraktionschef Detlef Bausch. „Vielleicht sind Sie manchen gestandenen Leuten hier eine Spur zu selbstbewusst aufgetreten.“ Auch sein Fraktionskollege Frank Bauer schloss sich an. „Was der Mann bewegt hat, haben vier Bürgermeister davor nicht geschafft.“ In den vergangenen Jahren sei der Verwaltung viel Misstrauen aus den Reihen des Gemeinderats entgegengebracht worden, was die gute Zusammenarbeit zerstört habe, meinte Bauer. Der Freie Wähler spielte damit offenbar auf die Grünen und die Unabhängige Liste an, die der Verwaltung insbesondere im Zuge der Greensill-Pleite immer wieder Druck gemacht hatten.

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Fehlendes Vertrauen und eine mangelnde Zusammenarbeit wurden in dieser denkwürdigen Sitzung häufig kritisiert – und das nicht nur von Seiten einiger Gemeinderäte, sondern auch von der Verwaltung. Kämmerin Karin Richter, die als Töpfers Vertraute gilt und zum 1. Juli aufhört, hatte ihre Ansprache krankheitsbedingt per Sprachnachricht eingesendet und in dieser scharfe Kritik gegenüber Gemeinderat, Presse und Öffentlichkeit geübt. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren habe viele Risse bekommen, etwa, weil immer wieder Details aus nichtöffentlichen Sitzungen nach außen getragen worden seien. Auch den Umgang mit den Verwaltungsmitgliedern bei der Greensill-Pleite prangerte sie an. Nicht nur bei der öffentlichen Sitzung zu Greensill im Frühjahr 2021 hatte sich die Verwaltung herber öffentlicher Kritik stellen müssen.

Der Gemeinderat ist gespaltet

Dank an den Bürgermeister gab es unterdes auch von Andreas Pröllochs, Fraktionschef der Bürgerliste und stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde. „Sie haben sich mit großem Engagement vielen Themen angenommen“, sagte er in der Sitzung, fand aber auch kritische Worte. Aus einem großen Teil des Gemeinderats verspüre er den Wunsch nach einem Wechsel.

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Einen Neuanfang wünscht sich etwa Karin Häcker (Bürgerliste). Die Verwaltung habe zu Beginn von Töpfers Amtszeit regelmäßig über jeden Schritt informiert. Das sei aber immer weniger geworden. „Wir haben weniger verstanden, was auf dem Rathaus passiert.“ Auch den Gemeinderat habe es über die Jahre entzweit. Tatsächlich: Seit im Jahr 2019 die Grünen Teil des Gemeinderats wurden und deutlich eine Linie mit der UL fahren, ist das Erreichen eines einstimmigen Beschlusses zunehmend schwieriger geworden.

Kritik weiterhin von Grünen und UL

Dass ein vertrauensvolles Miteinander in den vergangenen Jahren nur in sehr eingeschränktem Maße möglich gewesen sei, hatte die Grünen-Fraktionschefin Petra Herter gegenüber unserer Zeitung vor wenigen Wochen beklagt. In einer Pressemitteilung hatten sich die Grünen und die UL bereits gegen eine erneute Kandidatur von Daniel Töpfer ausgesprochen. Dass besonders zum Höhepunkt des Greensill-Skandals der Eindruck entstanden sei, dass „Dinge vertuscht und nicht richtig dargestellt“ worden wären, kritisierte Grünen-Rat Pierre Michael. In der jüngsten Sitzung äußerten die Grünen und die UL sich zur Nichtkandidatur Töpfers aber nicht mehr.

Und Daniel Töpfer selbst? Der betont, dass er von Herzen gerne Bürgermeister in Weissach sei – aber auch ein Freund von Veränderung. Ab Herbst möchte er sich nun neuen Herausforderungen stellen. Was genau er dann vorhat, hat er bisher aber noch nicht verkündet.