Nur noch an diesem Dienstag darf der klassische Einzelhandel öffnen. Das beschert vielen Geschäften zwar zuvor recht gute Umsätze. Die reichen aber nicht im Ansatz aus.

Altkreis - So mancher Kunde, der am Montag im Leo-Center unterwegs ist, könnte meinen, das große Fest ist schon vorbei. Denn Schokoladen-Nikoläuse, Lebkuchen-Herzen oder andere Naschereien sind bereits reduziert. Das ist sonst erst nach Weihnachten der Fall.

 

Doch ein Nach-Weihnachtsgeschäft wird es in diesem Jahr nicht geben. Nur noch an diesem Dienstag hat der Einzelhandel auf, dann beginnt die Corona-Zwangspause – direkt in der für die Geschäfte elementare Phase anderthalb Wochen vor Heiligabend. Diese Tage sind in der Regel die umsatzstärksten.

In der Tat ist das Leo-Center am Montag gut gefüllt. Gefühlt ist der 23. Dezember: Noch knapp zwei Tage, dann ist Schluss. Wer nicht alle Geschenke zusammen hat, das sind viele, muss sich sputen.

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Oder er setzt auf das Serviceangebot des Fachhandels. „Wir liefern unsere Ware bis zum 23. Dezember unmittelbar vor die Haustür“, sagt Marc Schmidt, der gerade eine schicke Weste in einem Geschenkpaket platziert. Der Junior-Chef des Leonberger Herrenausstatters Wibbel hatte zwar erwartet, dass das Weihnachtsgeschäft nicht bis Heiligabend läuft. „Aber dass wir bis zum vierten Adventssonntag öffnen dürfen, das hatte ich schon gedacht.“ So hoffen er und sein Vater Wolfgang, dass kurzentschlossene Kunden per Anruf ihre Bestellung aufgeben oder auf der Homepage Gutscheine ordern.

Wolfgang (l.) und Marc Schmidt vom Herrenausstatter Wibbel bereiten Päckchen vor.  Foto: Simon Granville

Wenn am Mittwoch die Ladentüren zu bleiben, hört für den Familienbetrieb die Arbeit nicht auf: „Unsere Schneiderei arbeitet auf Hochtouren“, berichtet der Seniorchef. „Wir müssen bis Weihnachten noch ganz viele Änderungsaufträge abarbeiten.“ Für die Abholer wird dann ein Übergabetermin vereinbart.

Einen Umsatzverlust von 30 bis 50 Prozent erwarten die Schmidts. „Die Menschen sind so verunsichert, dass viele gar nicht mehr vor die Tür gehen“, sagt Wolfgang Schmidt. Ihre 14 Mitarbeiter müssen sie in Kurzarbeit schicken.

Dies steht auch dem Team des Fachgeschäfts für Wohnkultur Ziegler bevor. Zwar waren die Verkaufsräume in der Leonberger Altstadt am Samstag und am Montag gut gefüllt. Doch Geschäftsführer Joachim Heller weiß, dass viele Kunden gerade die schönen Dinge erst auf den letzten Drücker kaufen. Zur politisch verordneten Zwangsschließung will sich Heller erst einmal nicht äußern, doch sein Gesichtsausdruck spricht Bände.

Werner Dengel macht aus seinem Herzen keine Mördergrube. „Das ist ein Fehler, dass wir wieder schließen müssen“, sagt der Eigentümer der Buchhandlung one. 15 bis 20 Prozent seines Umsatzes mache er mit dem Weihnachtsgeschäft, sagt der Geschäftsmann mit Läden in Gerlingen und Rutesheim. „Das ist existenziell, ohne das können wir nicht überleben“ sagt er. Der zweite Lockdown „kommt einem Berufsverbot gleich“.

„Wir halten uns seit acht Monaten an die Regeln“, sagt er. Und nun das. „Das ist doch nur Hilflosigkeit“, sagt er über die Politik. In seinem Laden in Rutesheim könnten die Kunden zur einen Tür rein, zur anderen raus. Die Menschen hielten sich diszipliniert daran.

Am Montagmorgen stand bei Dengel das Telefon nicht still. „Wir haben bis zum 24. Dezember normale Öffnungszeiten“ sagt er. Die Bücher würden weiterhin ausgegeben. Der Unterschied sei lediglich, dass von Mittwoch an niemand den Laden betreten darf. Genau darin liegt für Dengel allerdings auch ein Problem. Das Weihnachtsgeschäft sei geprägt von „rumlaufen, sehen und finden“ – das falle nun weg zu einer Zeit, in der die Bestellung etwa neuer Kalender längst geliefert sei.

„Wir sind nicht ganz systemirrelevant“

Werner Kämpf hat auch nur bedingt Verständnis für den beschlossenen Lockdown. Der Seniorchef von Mode und Schuh Kämpf in Ditzingen mit einer Filiale in Münchingen ist sprachlos. Man müsse etwas unternehmen, um die Infektionszahlen zu reduzieren: „Aber sind Jacken und Schuhe wirklich vom täglichen Bedarf abzukoppeln?“ Zugegeben, viele hätten einen vollen Schrank. „Aber wir sind doch nicht ganz systemirrelevant.“ Zumal sich die Kunden auf 1300 Quadratmeter Fläche aus dem Weg gehen könnten. Die Frühjahrsmode hat er längst bestellt.