Sanktionen gibt es bislang noch nicht
In Baden-Württemberg habe es bisher keine „größeren Fälle“ gegeben, in denen sich Mandatsträger oder andere Personen, die in der Öffentlichkeit stünden, einen Impftermin erschlichen hätten, erklärt Pascal Murrmann, der Sprecher des Sozialministeriums. Eine rechtliche Grundlage, um Sanktionen gegen Personen zu verhängen, die entgegen der Impfreihenfolge schon geimpft wurden, gibt es derzeit nicht. Eine entsprechende Änderung des Infektionsschutzgesetzes soll aber mit dem Bundestag geprüft werden. Eine Chance zum Abstauben eines Pieks mit dem Serum gibt es, wenn in den Kreiszentren abends noch Impfstoff übrig ist. Denn der darf, so die Anweisung aus dem Ministerium für Soziales und Integration, nicht weggeworfen werden. „Der Impfstoff ist ein knappes und aufgrund der Kühlkette komplexes Gut.“
Im Kreisimpfzentrum des Landkreises Böblingen wird daher versucht, nur so viele Fläschchen zu öffnen, wie es der Impfmenge für die einbestellten Personen entspricht. Wenn es am Ende des Tages nicht aufgeht, also noch geöffnete Fläschchen da sind, weil jemand nicht zu seinem Termin erschienen ist, liegt der Fokus auf der Zweitimpfung von Personen, die bereits vor Ort sind oder in der Nähe wohnen und die sich bereit erklärt haben, dass man sie kurzfristig für einen Termin anrufen und herbestellen kann. „Selbstverständlich in der richtigen Altersgruppe beziehungsweise mit Impfberechtigung“, betont Sabine Hotz, die Sprecherin des Kreises Böblingen. Der Fokus auf den Zweitimpfungen hat den Grund, dass die Betreffenden ohnehin schon einen Termin haben oder benötigen und insofern nicht bevorzugt werden. „Geschlossene Fläschchen bleiben im Kühlschrank und werden an den nächsten Tagen verwendet. Der Astrazeneca-Impfstoff ist bis zu einem halben Jahr haltbar und damit sehr langlebig.“
Anfragen auf vorzeitige Impfungen
Trotzdem kommen auch beim KIZ im Kreis Böblingen öfter mal Anfragen für vorzeitige Impfungen an. „Aber wir folgen in unserem Kreisimpfzentrum von Beginn an klar den jeweiligen Vorgaben, wer impfberechtigt ist“, so Hotz. „Auch in der Arbeit der mobilen Teams haben wir davon noch keine Ausnahmen gemacht.“ Die gibt es auch nicht für Mitarbeiter des Landratsamts oder den Landrat selbst.
„Wenn ich an der Reihe bin, werde ich mich natürlich sofort impfen lassen“, sagt der Böblinger Landrat Roland Bernhard. „Und auch mit jedem Impfstoff, der dann bereitsteht.“ Für Impfdrängler hat er nichts übrig. „Solch ein Verhalten lehne ich rundweg ab. Gerade in dieser Phase, in der der Impfstoff knapp ist, muss es fair zugehen. Und die Impfreihenfolge, die der Bund in Abstimmung mit der Impfkommission festgelegt hat, hat ja ihren Sinn.“
Bürgermeister haben kein Verständnis
Ähnlich sehen es der Bürgermeister von Wimsheim, Mario Weisbrich, und der Bürgermeister von Hemmingen, Thomas Schäfer, die für Impfdrängler kein Verständnis haben. „Wir haben eine Verordnung, nach der Bürgermeister in die Kategorie drei fallen, und daran sollte man sich halten“, findet Schäfer. Dass bei der Verordnung auch mal nachjustiert werde, zum Beispiel Erzieherinnen höhergestuft würden, sei durchaus sinnvoll. Solange dies aber nicht für ihn gelte, warte er. „Wir sind Recht und Gesetz unterworfen. Selbst wenn irgendwo abends mal Impfstoff übrig bleibt, gibt es immer noch genügend andere Menschen, die ihn dringend benötigen.“ Beide Bürgermeister wollen sich erst impfen lassen, wenn sie tatsächlich an der Reihe sind.
Skepsis gegenüber dem Impfen kann Mario Weisbrich in seiner Gemeinde nicht feststellen. „In meinem Umfeld habe ich nur sehr wenige Rückmeldungen bekommen, in denen Vorbehalte gegen eine Impfung geäußert werden, eher im Gegenteil.“ Stattdessen habe er aus der aktuell impfberechtigten Personengruppe schon mehrere Rückmeldungen erhalten, „dass die Termine sowohl online als auch telefonisch nur sehr schwer zu bekommen sind. Besser hat es aktuell beim Personal der Kita und Schule und der Verfügbarkeit von Astrazeneca geklappt.“