Testen und impfen: Wo große Unternehmen bessere Möglichkeiten haben, müssen sich kleine und mittelständische Firmen oft mit viel Aufwand selbst organisieren.

Weil der Stadt - Ein Piks, und schon kann Ricarda Stäbler, die Geschäftsführerin des Weiler Bauunternehmens Gottlob Stäbler, wieder zurück an ihren Schreibtisch – denn das temporäre Impfzentrum, bei dem sie sich die Boosterimpfung abgeholt hat, ist direkt auf dem Firmengelände. Vom Einfahrtstor führen bedruckte Schilder zu der kleinen Impfzentrale, vorbei an Maschinen und hochgestapelten Baumaterialien. Geimpft wird in einem kleinen Raum. Stühle, die in einem weiten Kreis in der Lagerhalle nebenan aufgestellt sind, bilden den Warteraum, in dem frisch Geimpfte die obligatorischen 15 Minuten warten müssen.

 

Wenige Stunden später ist hiervon schon keine Spur mehr zu sehen. Die Impfaktion hat das Unternehmen Stäbler in Kooperation mit der Weiler Arztpraxis Friese nur für diesen einen Tag organisiert.

Mittelstand zieht den Kürzeren

Solche Impfmöglichkeiten für Mitarbeiter bieten in der Coronapandemie viele Unternehmen an – im Gegensatz zu großen Konzernen fehlt es kleinen und mittelständischen Firmen dabei aber oft an einer Lobby, einem eigenen Betriebsarzt, der Infrastruktur und finanziellen Mitteln.

„Mal wieder zieht der Mittelstand den Kürzeren“, dachte sich auch Ricarda Stäbler, als sie im Frühjahr und Sommer immer wieder von solchen internen Impfaktionen durch die Betriebsärzte in der Zeitung las. „Ich habe dann einfach mal einigen Ärzten aus der Gegend eine Mail geschrieben“, berichtet Ricarda Stäbler. Drei meldeten sich zurück, unter anderem eine Praxis aus Weil der Stadt. Bald stand der erste Termin: Im Sommer impfte die Hals-Nasen-Ohren-Ärztin Natascha Friese die Mitarbeiter der Firma.

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Jetzt, bei der zweiten Runde, wurde das Angebot ausgeweitet: Nicht nur ein Großteil der 55 Mitarbeiter von Stäbler lässt sich beim Termin für die Boosterimpfung von Natascha Friese piksen, insgesamt 160 Dosen werden bei der Impfaktion verteilt. „Die Bereitschaft war von Anfang an groß“, berichtet die Geschäftsführerin. Nur zwei Mitarbeiter seien gar nicht geimpft. Dass es auch Termine für Externe gab, sprach sich per Mund-zu-Mund-Propaganda herum – trotzdem waren alle Zeitfenster schnell ausgebucht. Ein Teil der Termine ging auch an andere kleine Firmen in der Nähe, etwa an Nussbaum Medien, die ebenfalls einige Leute zum Impfen zu Stäbler schickten.

Impfen sei gerade in der Baubranche wichtig

Wie viele Unternehmer habe man sich im Verlauf der Coronapandemie auf weiter Flur alleine gelassen gefühlt, sagt Ricarda Stäbler. Mit der Stadtverwaltung sei man nach wie vor regelmäßig in Kontakt, aber auch die Mitarbeiter dort seien häufig von neuen Verordnungen überrascht worden. „Mit viel Mühe und Aufwand“ müssen mittelständische Unternehmen deshalb selbst Angebote schaffen, so die Geschäftsführerin.

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Dabei sei es gerade in der Baubranche so wichtig, die Impfquote zu fördern. „Wir arbeiten viel mit Subunternehmern aus dem EU-Ausland zusammen.“ Und diese wohnen nicht nur teilweise in einem firmeneigenen Wohnheim auf dem Stäbler-Gelände, sondern sind auch viel in Grenzgebieten unterwegs. „Für die ist eine Impfung sehr wichtig“, sagt Ricarda Stäbler. Deshalb habe man auch ihnen bereits im Sommer entweder eine Impfung vor Ort angeboten oder alternativ bei der teilweise komplizierten Vermittlung der Termine in Impfzentren geholfen.

Stäbler will eigene Schnellteststelle für alle öffnen

Dass für die kleinen und mittelständischen Unternehmen im Kampf gegen die Pandemie ein starkes Netzwerk vor Ort sehr hilfreich sein kann, zeigt die Organisation von Stäbler allemal – angefangen mit der öffentlichen Impfaktion für Externe. Aber auch das interne Testangebot, dass es auf dem Gelände der Weiler der Städter Firma gibt, will man künftig für andere öffnen. „Wir sind mit der Stadtverwaltung in Kontakt“, sagt die Geschäftsführerin. Damit hofft sie, eine Lücke in der Testversorgung zu decken: „Morgens vor der Arbeit haben einfach wenige Teststellen offen.“

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Mehr impfen, das würde auch die Ärztin Natascha Friese gerne. Sie ist dieser Tage viel unterwegs, nicht nur bei der Firma Stäbler, sondern etwa auch bei der jüngsten Impfaktion der Keplerstadt. Diese sei aber nur möglich gewesen, weil die Stadt den Impfstoff über eine Apotheke habe bestellen können. Eine Impfaktion in der eigenen Praxis habe sie absagen müssen. „Ich kann gar nicht oft genug sagen: Es liegt nicht an den Ärzten, sondern am fehlenden Impfstoff.“ Die Nachfrage sei umso größer. Inzwischen hat sich die Praxis Friese eine eigene Telefonnummer für die Vergabe von Impfterminen zugelegt. „Das können wir auch mal ausmachen, wenn die Termine weg sind.“

Eigene Impfaktion für Volksbank-Mitarbeiter

Selbst organisiert werden unterdes auch anderswo im Altkreis Impfaktionen: Kürzlich etwa bei der Volksbank Leonberg-Strohgäu, die sich auf die Suche nach einem mobilen Impfteam gemacht hatte und so an einem Nachmittag rund 75 Mitarbeiter und mehr als 50 Familienangehörige impfen lassen konnte. Angesichts der hohen Impfquote in der Bank sei es wichtig gewesen, eine rasche Boosterimpfung zu ermöglichen, sagt die Personalmanagerin Sabine Willmann. „Die Resonanz war hervorragend. Jede Impfung zählt.“