Die Schulen entwickeln ihre eigenen Strategien, wie sie die Schülerinnen und Schüler zum jetzigen Zeitpunkt mit Corona-Schnelltests vor dem Virus schützen können.

Altkreis - Ihr ganz persönliches Motto lautet: „Man muss versuchen, immer gelassen und flexibel zu bleiben.“ Enorm wichtig sei zudem die stetige Rücksprache mit den Kollegen und natürlich mit den Eltern. Anders hätte Karin Karcheter, die Rektorin der Weissacher Ferdinand-Porsche-Gemeinschaftsschule, das vergangene Corona-Jahr mit den sich stets wechselnden Verordnungen und Beschlüssen gar nicht meistern können. Und es ist noch lange nicht vorbei.

 

Aktuelle Herausforderung: die Corona-Schnelltests. Als Bund und Länder noch in ihrer Konferenz diskutierten, dass zwei Testungen pro Woche für Schüler und Lehrkräfte anzustreben seien, sind zahlreiche Schulen der Politik bereits mindestens einen Schritt voraus. Beispielsweise in Weissach. Dort finden seit der vergangenen Woche die regelmäßigen Tests statt.

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Immer dienstags und freitags in der ersten Schulstunde. Karin Karcheter ist in diesem Fall froh, „dass es von übergeordneter Stelle keine Verordnung gibt, wie die Schulen diese Tests zu organisieren haben. Das wäre wieder mit zu viel Bürokratie verbunden gewesen“.

So schickte sie kurzerhand selbst einige Lehrerinnen und Lehrer zur Schulung ins Testzentrum nach Leonberg. Auch interessierte Eltern wurden hier mit einbezogen, damit sie dann vor Ort helfen können. Die Tests selbst bekommt die Schule von einer Apotheke in Leonberg geliefert. „Diese Schnelltests sind so einfach, das bekommen auch die Erstklässler mit Anleitung sehr gut hin“, sagt die Rektorin.

Das ganze Prozedere findet also zweimal wöchentlich im Klassenverbund statt. Mit im Zimmer ist eine Lehrkraft und bei den Grundschulkindern auch zwei Eltern. Kritik, die Kinder würden die erste Schulstunde verpassen, weist Karcheter mit deutlichen Worten zurück. „Sie lernen in dieser Stunde sehr viel, vor allem zuzuhören und sich selbst zu testen.“

In der Weissacher Gemeinschaftsschule wird im Klassenverbund getestet. Foto: Jürgen Bach

Karin Karcheter will anderen Schulen unbedingt Mut machen, ebenfalls regelmäßig zu testen. „Das ist so einfach und keineswegs schmerzhaft, unser Ziel ist es, die Schule möglichst lange offen zu halten. Den Kindern tut es gut, hier zu sein.“ 80 Prozent der Kinder – gut 300 sind derzeit präsent, unter anderem im Wechselunterricht – lassen sich regelmäßig testen. „Damit bin ich schon ganz zufrieden, zwingen können wir niemanden und ich frage auch nicht nach den Gründen, denn das ist ja alles freiwillig.“ Die Weissacher Rektorin wünscht sich in der momentanen Zeit weniger bürokratische Hürden und allgemein mehr Tatkraft, Dinge einfach mal anzupacken anstatt erst einmal zu fragen, ob das mit dem Datenschutz einher gehen würde. „Wir dürfen uns derzeit nicht mit normalen Zeiten messen und wir müssen lernen, mit dem Virus umzugehen, denn Corona wird uns noch lange begleiten.“

Der Schnelltest sei nur eine Momentaufnahme. „Wenn alle negativ sind, gibt uns das ein gutes Gefühl, trotzdem dürfen wir keinesfalls unvorsichtig sein“, sagt Karcheter, die auch mit den Schulen in Flacht und Rutesheim gut vernetzt ist. „Wir in Weissach sind schon ein bisschen wie auf einer Insel, wir haben genügend Räumlichkeiten, viele Lehrer sind schon geimpft und wir haben kaum krankheitsbedingte Ausfälle.“

Weil der Stadt ist Vorreiter

Weil der Stadt ist in Sachen Schnelltests ein Vorreiter. Dort wird bereits seit Anfang März in den Schulen getestet. Ein großer Unterstützer und Förderer ist der Arzt Thomas Kirchner, der sich dem Thema angenommen hat. Die Testkits selbst erhielt die Stadt aus der Landesnotreserve – die Menge reicht zunächst bis zu den Osterferien. „Dann sollen wir andere bekommen“, sagt Tanja Kübler vom städtischen Amt für Jugend und Soziales.

Thomas Kirchner und Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes arbeiten eng mit den Schulleitern zusammen. Die ersten Tests wurden in der Peter-Härtling-Schule vorgenommen, die anderen Bildungseinrichtungen folgten. Beste Erfahrungen mit den Schnelltests macht Schulleiter Rolf Bayer vom Johannes-Kepler-Gymnasium. „Mein Wunsch wäre es, dass wir möglichst zeitnah wieder voll unterrichten. Und das wäre möglich, wenn jeder jeden Morgen einen Test machen könnte, diesen Aufwand haben die Schüler einfach verdient.“ Das JKG hat eine nicht ganz hundertprozentige Testquote. Wenige Prozente fehlen, was Bayer akzeptieren muss, da die Tests auf freiwilliger Basis stattfinden. „Eine Anordnung dürfte ich nicht aussprechen, das wäre Sache des Regierungspräsidiums.“

Ein positiver Fall am JKG

Während der Testphase seit Anfang März gab es im JKG bislang einen einzigen positiven Fall. Der Schüler war infiziert, zeigte aber keine Symptome, wurde sofort nach Hause geschickt und musste nach Anordnung des Gesundheitsamtes in zweiwöchige Quarantäne. „Obwohl es ein Mutant war, hat sich kein anderes Kind angesteckt, weil unsere Hygienemaßnahmen mit Abstand halten, Maske tragen und viel lüften sehr wirksam sind“, sagt der Schulleiter. Zum Testen selbst gehen die Schüler an die frische Luft.

Bei allen Diskussionen um das Corona-Virus Sars-CoV-2 oder die dadurch ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 versucht Rolf Bayer als Naturwissenschaftler sachlich zu bleiben. „Ich nehme die Sache sehr ernst, versuche Emotionen rauszunehmen. Angst ist ein schlechter Berater. Wir müssen da mit Verstand, Vernunft und Vorsicht rangehen, dann können wir die Übertragung auf ein Minimum reduzieren“, sagt Bayer.

So wird in Höfingen getestet

In der Grundschule in Höfingen sind alle Beteiligten froh, dass sie in dieser Woche die erste Testphase mit allen zehn Klassen auf die Beine gestellt haben. „Wir markierten damit für uns einen kleinen Wendepunkt in der Pandemie“, sagt der Elternbeiratsvorsitzende Philipp Geiger, dessen Tochter die erste Klasse besucht. Wichtig sei das Gefühl gewesen, endlich selbst anpacken zu können. In den vergangenen Monaten sei jeder zur Passivität verdammt gewesen. „Vieles wurde über Gebote oder Verbote geregelt, jetzt sind wir endlich wieder in einer handelnden Position, das gibt ein gutes Gefühl“, sagt Geiger.

Mit der fachlichen Hilfe einer Ärztin und einer ausgebildeten Krankenschwester sowie weiteren Helfern wurden die Kinder in kleinen Gruppen nacheinander in einem eigens bereitgestellten Raum getestet. Dazwischen wurde fleißig desinfiziert und gelüftet. Nach gut 15 Minuten standen die jeweiligen Ergebnisse fest. Und die waren bei allen 226 Kindern, 17 Lehrkräften und drei Pfarrern negativ. „Auch für einen positiven Test wären wir vorbereitet gewesen und hätten gewusst, was zu tun ist“, sagt Geiger.

Nicht alle Kinder der Grundschule wurden getestet. „Aber wir lassen nicht locker, die Eltern weiter zu informieren“, sagt der Elternbeiratsvorsitzende. Die Tests zweimal pro Woche würden nur funktionieren, weil sich viele helfende Hände gefunden hätten. Philipp Geiger hat sich mal die Mühe gemacht, die Arbeitszeit der ersten Phase auszurechnen – er kam auf insgesamt 53,5 Stunden.