Wenn, wie in der vergangenen Woche, gleichzeitig Corona-Infektionen in Schulen und Kindergärten auftreten, geraten die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes an ihre Grenzen. In Leonberg, Höfingen und Flacht haben die Infizierten wohl niemanden angesteckt.

Leonberg/Weissach - Die Mitarbeiter in den Kindergärten in Höfingen und Flacht, die in der vergangenen Woche positiv auf das Coronavirus getestet wurden, haben wohl niemanden angesteckt. Zumindest nicht in den betroffenen Einrichtungen. Das teilt das Landratsamt Böblingen auf Nachfrage unserer Zeitung mit. Das Gleiche gilt für die Leonberger Schellingschule, wo zwei Kinder der Nachmittagsbetreuung positiv getestet worden waren. „Bisher sind uns keine weiteren Fälle bekannt“, sagt Pressesprecherin Simone Hotz. Im Falle der Schellingschule seien einige Tests beim Hausarzt erfolgt, ein Teil im Testzentrum.

 

Bei einem Fall wird die ganze Gruppe geschlossen

Simone Hotz verweist aber darauf, dass dies nichts an den jeweiligen Maßnahmen ändert: Der Kindergarten Regenbogen in Höfingen bleibt geschlossen und öffnet erst am kommenden Montag wieder. An der Schellingschule findet für insgesamt 14 Tage keine Nachmittagsbetreuung statt. Und alle Kinder und Kollegen, die als Kontaktperson 1 gelten, müssen 14 Tage in Quarantäne verbringen, auch wenn der Corona-Test negativ ausgefallen ist. Das sei das übliche Vorgehen, das der Bund und die Länder beschlossen haben. „Die betroffene Gruppe oder Klasse wird ‚geschlossen’, und grundsätzlich werden alle Kinder als Kontaktpersonen getestet, gegebenenfalls natürlich auch die Erzieherinnen und Lehrer und Lehrerinnen“, erklärt die Sprecherin des Landratsamtes.

Nur im Fall von Flacht, wo ein junger Mann im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) positiv getestet worden war, läuft der Betrieb eingeschränkt weiter. Nur Kinder, die in der Woche vor dem positiven Test keinen Kontakt zum FSJler hatten, dürfen in die Villa Kunterbunt kommen. Derzeit befinden sich noch 25 Kinder in Quarantäne.

200 bis 350 Kontaktpersonen anrufen

Wenn solche Corona-Fälle innerhalb einer größeren geschlossenen Gruppe auftreten, bedeutet das für die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes, die mit der Kontaktverfolgung betraut sind, eine Menge Arbeit. Und die hatte sich in der vergangenen Woche dann gleich noch verdreifacht. Wie viele Einzelpersonen und Familien informiert werden mussten, dazu konnte das Landratsamt keine genaue Zahl nennen. „Die Zahl liegt so zwischen 200 und 350. Tatsächlich ist die Arbeitsbelastung durch das Kontaktpersonenmanagement sehr hoch. Es muss ja auch nachverfolgt werden, wer Kontaktperson 1 oder auch sonst Kontaktperson ist“, erklärt die Pressesprecherin.

In Flacht war der positive Corona-Fall am Dienstagabend bekannt geworden, der Kindergarten blieb am Mittwoch ganz zu. Einige Eltern wurden aber erst am Freitagmorgen vom Gesundheitsamt kontaktiert. „Das ist halt sehr zeitaufwendig“, sagt Simone Hotz. Und nicht immer erreiche man diejenigen sofort. Insgesamt sind derzeit sechs Mitarbeiter mit der Kontaktpersonenverfolgung befasst, jeweils zwei oder drei pro Fall.

Eine Odyssee bis zum Test

Es ist aber nicht die einzige Stelle mit hoher, Corona-bedingter Arbeitsbelastung. Auch die spezielle Hotline des Gesundheitsamtes ist stark frequentiert. „Montags kommen um die 1000 Anrufe rein, an den anderen Tagen sind es 400 bis 600“, berichtet die Sprecherin des Landratsamtes. Allerdings könne man nur 200 tatsächlich beantworten. In der Regel versuchten die Anrufer aber mehrfach ihr Glück, bis sie am Ende durchkommen.

Zahl der Tests geht zurück

Zuletzt waren es vor allem Reiserückkehrer, die angerufen haben. Das habe mittlerweile nachgelassen. „Jetzt sind es tatsächlich mehr Schulen und Lehrer, die anrufen“, sagt Hotz. Das liege wohl teilweise auch daran, dass die kostenlosen Tests für Rückkehrer aus Nicht-Risikogebieten ausgelaufen sind. So wurden in der letzten Ferienwoche 448 Tests in den beiden Testzentren des Landkreises in Sindelfingen und Herrenbergvorgenommen. In der ersten Schulwoche waren es noch 547, in der vergangenen Woche dann noch 380. „Die Testzentren des Landkreises sollen überwiegend den Testungen der K1-Kontaktpersonen vorbehalten bleiben. Für Reiserückkehrer gibt es andere Möglichkeiten, etwa am Flughafen und am Hauptbahnhof in Stuttgart“, erklärt Hotz.

Mit der Hotline hat auch Michael Martini seine Erfahrung gemacht – aber keine Guten. Die Familie aus Leonberg war in Frankreich im Urlaub, als ihre Ferienregion zum Risikogebiet erklärt wurde. Zurück daheim wollten sich die Martinis testen lassen – und erlebten eine kleine Odyssee. Der Hausarzt hatte Urlaub. Das Ordnungsamt fühlte sich nicht zuständig. Die Corona-Hotline des Gesundheitsamtes war nicht erreichbar, da überlastet. „Auch auf den Internetseiten der Stadt Leonberg und des Landkreises habe ich keine Informationen gefunden, die uns weitergebracht haben“, sagt Michael Martini.

Nach dem Urlaub zum Test?

Er versuchte sein Glück sogar beim Landesgesundheitsamt. Letztlich Erfolg brachte eine E-Mail ans Böblinger Gesundheitsamt. „Innerhalb von 30 Minuten hatte ich die Information, dass wir uns als Reiserückkehrer am Flughafen und Bahnhof testen lassen können“, berichtet er. Das habe wunderbar funktioniert, ging schnell und nach anderthalb Tagen war das negative Ergebnis da. Auf Nachfrage verweist das Landratsamt auf umfangreiche Informationen, auch für Reiserückkehrer, auf der Internetseite. Zudem informiere man über Veränderungen regelmäßig über die Medien.

„In so einer Situation steht man schon unter Druck. Ist man infiziert oder nicht? Kann meine Tochter zur Schule gehen? Man will ja auch das tun, was von einem erwartet wird“, schildert er. So seien Reiserückkehrer aus Risikogebieten eigentlich verpflichtet, sich bei ihrem örtlichen Ordnungsamt zu melden und sich selbstständig in Quarantäne zu begeben. „Es wäre doch einfach, eine E-Mail-Adresse einzurichten. Da schreibt man hin: Wir sind die und die, wir waren dort und dort und sind jetzt in Quarantäne“, schlägt Michael Martini vor.